𝐯𝐢𝐞𝐫𝐳𝐢𝐠 / Sirius

353 22 5
                                    

𝐒𝐈𝐂𝐇 wieder auf den Unterricht zu konzentrieren, fiel ihm schwer, noch ehe er wieder angefangen hatte. Während der Zugfahrt war ihm eingefallen, dass er zwei Aufsätze vergessen hatte und diese jetzt hektisch hinkritzeln musste. Remus half ihm zwar selbstlos dabei und ließ ihn sogar ein paar Passagen seines Aufsatzes umformuliert abschreiben, doch Sirius graute es schon jetzt vor der Bewertung. Das war wirklich nicht gut, schon gar nicht in seinem Abschlussjahr.

Doch wie hätte er sich auch auf die Hausaufgaben konzentrieren können, während das größte Chaos in seinem Kopf herrschte? Die Lehrer mussten endlich mal verstehen, dass die Schüler auch andere Sorgen als ihren bescheuerten Unterricht hatten.
Grund für dieses Tohuwabohu war nicht nur Liz, sondern auch Elle, obwohl er seit Wochen nicht mehr an sie gedacht hatte. Als er jedoch an sie denken musste, als Liz ihn berührt hatte, waren alle unterdrückten Gefühle wieder in ihm aufgestiegen.

Die Frage, wo sie war, was sie tat und wie es ihr ging, wollte ihm nicht aus dem Kopf gehen. Außerdem fühlte es sich jedesmal so an, als würde man ihm einen Holzpflock ins Herz drücken, wenn er an ihre gemeinsame Zeit zurückdachte. Das Gefühl des Vermissens wurde jedoch hin und wieder auch von einer brennenden Wut ersetzt. Verzweifelter Wut, weil sie ihn einfach aus ihrem Leben gestrichen hatte und nie wieder an ihn dachte. Und auch eine Wut auf sich selbst, weil er es nicht geschafft hatte, sie glücklich zu machen.

War es möglich zwei Menschen zu lieben? Tatsächlich auf romantische Weise zu lieben und nicht auf platonische? Andererseits ... was wusste er schon von Liebe?
Das erste Mal, dass er sich hatte gestehen können, dass er sich in jemanden verliebt hatte, war vor einem Jahr gewesen. Doch war verliebt sein dasselbe, wie zu lieben? Wie fühlte es sich an?

„Das müssen wir anders formulieren, Tatze, sonst merkt McGonagall sofort, dass du abgeschrieben hast. Hier, schau mal ... Tatze? Hey, hörst du mir überhaupt zu?"

Remus verzweifelte langsam an Sirius, weil er immer mit den Gedanken woanders war, während sie im Zug zusammen seinen Aufsatz durchgingen. Er musste spüren, dass etwas nicht mit ihm stimmte, doch Sirius sagte kein Wort dazu. Das, was in seinem Kopf los war, musste er mit sich selbst ausmachen.
Auch, als ihm klar wurde, dass das Chaos nicht im Kopf, sondern im Herzen herrschte.

Remus seufzte tief. „Ein bisschen musst du mir schon helfen, ich kann deine Hausaufgaben nicht selbst schreiben."
„Ja ... ja, natürlich, entschuldige", sagte Sirius schnell und fuhr sich über das Gesicht. Er hoffte, dass der Trubel in seinen Gedanken zum Stillstand kommen würde, wenn er sich auf seinen Aufsatz konzentrierte.
Vergeblich.
Als die Zugfahrt endete, hatte er zwar seine Aufgaben vollendet, aber er wusste schon jetzt, dass er die Note nicht ansehen wollte.

Ihm drehte sich der Magen um, wenn er daran dachte, dass er nun vielleicht derjenige war, der entweder einen schlechten Abschluss oder gar keinen Abschluss machte. Er musste sich wirklich ins Zeug legen. Ihm war der Unterricht immer so leicht gefallen, doch damals kämpfte er innerlich auch nicht mit sich selbst.

Was war nur mit dem alten Sirius Black geschehen? Er war immer derjenige gewesen, der ein Herz nach dem anderen hatte zum flattern bringen können - jetzt hatten es sogar zwei Mädchen geschafft, ihm den Kopf zu verdrehen?
Er verfluchte Elle dafür, ihm diese Tür in seine neue Gefühlswelt geöffnet zu haben. Mit ihr hatte alles angefangen.

Seine Laune wurde auch im Laufe der ersten Tage nach den Weihnachtsferien nicht besser, denn jetzt, da sie nicht mehr gezwungen waren im selben Raum miteinander zu leben, distanzierte sich Liz so sehr von ihm, wie noch nie. Sie vermied es, ihm in die Augen zu sehen, setzte sich im Unterricht auf die andere Seite des Raumes und ihre täglichen Gespräche beschränkten sich auf ein „Guten Morgen" von ihm und ein genuscheltes „Morg'n" von ihr.

So auch an diesem bewölkten Freitagmorgen. Liz hatte sich so hingesetzt, dass er nur hin und wieder die Hälfte ihres Gesichts an der Slytherintafel erkennen konnte, wenn sie sich bewegte. Sie schien zu merken, dass er sie beobachtete, denn sie vermied es wissentlich zum Gryffindortisch hinüberzusehen. Gerade wurde sie von einem Erstklässler angesprochen und sie griff nach der Butter, doch zwei laut streitende Schüler rissen jegliche Aufmerksamkeit auf sich.

„Was soll das? Du bettelst mich wochenlang darum an, mit dir zu reden und wenn ich endlich dazu bereit bin, lässt du mich abblitzen?!" Lily stampfte rot vor Zorn James hinterher, der mit angespannten Kiefer und zusammengezogenen Augenbrauen die Große Halle betrat. Es schien sie nicht zu kümmern, dass sich hunderte Augenpaare, eingeschlossen die vom Lehrertisch, auf sie richteten.

„Ich hab das ganze Drama eben satt!", gab James wütend zurück, ohne sich umzudrehen, während er Richtung Gryffindortafel lief. „Ständig geht es um deine Gefühle und wie es dir geht, und was ist mit mir?"

„Mit dir?! Oh, Junge, ich sag dir, was mit dir ist! Du scheinst es einfach nicht zu kapieren, dass ich Zeit brauche, nachdem du dich vor mir in das größte Arschloch auf Erden verwandelt hast! Du bist auch noch wütend auf mich!" Lily's grüne Augen wurden feucht und sie ballte die Fäuste. Sirius war sich nicht sicher, ob er in ihren Streit vor der ganzen Schule eingreifen sollte. Er befürchtete, es würde gar nichts bringen, denn die beiden schienen nichts um sich herum wahrzunehmen.

Nun wirbelte James jedoch herum und funkelte Lily an. „Soso, ich war natürlich das Arschloch. Wer hat denn gelacht, als ich dir meine Liebe gestanden und dir einen verfluchten Antrag gemacht habe?", spuckte er ihr entgegen und baute sich vor ihr auf, als sie direkt vor ihm zum Stehen kam.
Ein Raunen ging durch die Große Halle und die Schüler wechselten erstaunte Blicke. Selbst die Lehrer sahen wie gebannt zu, einzig und allein Professor McGonagall erhob sich. „Mr Potter, Miss Evans, würden sie ihre privaten Konflikte bitte -"

„Du hast mich völlig überrumpelt!", rief Lily vorwurfsvoll aus und schnappte nach Luft, „Was hast du denn von mir erwartet?!" Sie ignorierte McGonagalls empörtes und gleichzeitig besorgtes Gesicht vollkommen und schien nur James zu sehen. Gegenseitig funkelten sie sich an, zitternd vor Zorn. James Ader am Hals pulsierte, was, wie Sirius wusste, bedeutete, dass er sich beherrschen musste, um nicht auszuflippen.
Doch er schluckte hart und blinzelte kurz. „Ist doch scheißegal, was ich erwartet habe. Offensichtlich willst du nicht und damit ist es vorbei. Vergessen wir's ..." Er drehte sich um und entdeckte seine Freunde, die ihn ansahen und marschierte auf sie zu.
Die zittrige Stimme Lily's ließ ihn jedoch abrupt wieder Halt machen.

„Ich habe nicht Nein gesagt."

In der Halle war es nun totenstill, als James den Kopf hob, sich jedoch noch immer nicht bewegte. Lily trat vorsichtig auf ihn zu und berührte ihm am Arm, damit er sich wieder zu ihr umwandte. „Hast du gehört?", wollte sie wissen, „Ich habe nie gesagt, dass ich dich nicht heiraten will."
Sie schaffte es, dass er sich zu ihr drehte und ihr wieder in die glasigen Augen sah. Doch noch immer schwieg er.
„Du ... du willst?", brachte er schließlich ungläubig hervor.
Lily legte ihm eine Hand auf die Wange und lächelte mit Tränen in den Augen. „Noch nicht jetzt ... aber irgendwann,  ja ... dann will ich es."
„Im Ernst?" James Augen wurden groß und selbst das rabenschwarze Haar schien vor Überraschung noch mehr abzustehen als sonst.
Lily verdrehte die grünen Augen und schnaubte, stieß ihm mit der Faust gegen die Brust, schmunzelte jedoch. „Ja, du Idiot."

So hatte man James Potter noch nie gesehen. Sprachlos und den Tränen nahe, nicht vor Wut, sondern vor Erleichterung und Ungläubigkeit. Sirius konnte die kitschige Szene nicht weiter mit ansehen, legte die Hände um die Lippen wie einen Trichter und brüllte: „Jetzt küsst euch doch endlich, verdammt nochmal!"

Erst jetzt schienen die beiden wahrzunehmen, dass sie von allen Schülern und Lehrer angestarrt wurden und wurden knallrot, doch als sich ein Grinsen auf Lily's Lippen ausbreitete, packte Jame sie an der Hüfte, zog sie ganz dicht an sich ran und küsste sie so innig, dass ein paar Mädchen aufseufzten. Die gesamte Große Halle brach in tosenden Beifall aus und selbst McGonagall wischte sich mit einem karierten Taschentuch die feuchten Augen. Sirius, Remus und Peter jubelten am lautesten und pfiffen begeistert.

Und in diesem Moment, in dem Sirius seinen besten Freund so glücklich wie noch nie sah, vergaß auch er seine Sorgen und legte Remus und Peter breit grinsend seine Arme um die Schultern, während sie ihren einstudierten Freudentanz aufführten.

***

Ich bin zu single für dieses Kapitel, lmao.

𝐚𝐛𝐨𝐮𝐭 𝐚𝐭𝐭𝐚𝐜𝐡𝐦𝐞𝐧𝐭 & 𝐚𝐧𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐬𝐦 | 𝐑𝐮𝐦𝐭𝐫𝐞𝐢𝐛𝐞𝐫Where stories live. Discover now