𝐧𝐞𝐮𝐧𝐮𝐧𝐝𝐝𝐫𝐞𝐢ß𝐢𝐠/ Liz

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𝐃𝐈𝐄 nächsten Tage vergingen für Liz wie in einem grauen Schleier. Vermutlich, weil sie versuchte, alles so gut wie nur möglich auszublenden und nichts an sich ran zu lassen. Die Beerdigung ihrer Grandma fand nur drei Tage nach Weihnachten statt. Liz bekam kaum etwas mit. Als hätte sie sich einen mit Watte gefüllten Helm aufgesetzt, hörte sie nur die Hälfte von den Worten der Leute, die ihr ihr Mitgefühl aussprachen. Sie nickte nur und starrte ins Leere. Als der Sarg in den Boden gelassen wurde, konnte sie nur zusehen und wünschte sich, selbst begraben zu werden. Nie mehr an die Oberfläche kommen zu müssen. Für immer abgeschnitten von der Welt zu sein.

Sirius schien nicht zu wissen, wie er mit ihr umgehen sollte. Nicht nur wegen der Beerdigung, sondern vermutlich auch wegen dem Vorfall am Weihnachtsabend. Sie konnten sich seitdem nicht mehr in die Augen sehen. Eigentlich hatte Liz gehofft, so viel getrunken zu haben, dass sie sich nicht mehr an ihre peinliche Aktion erinnerte, doch vergeblich. Sie erinnerte sich an jedes einzelne Detail und es trieb ihr jedesmal die Schamröte ins Gesicht, wenn Sirius sie auch nur ansprach.

Noch immer fragte sie sich, was nur mit ihr los gewesen war. Was hatte sie sich nur gedacht? Das war doch nicht sie selbst gewesen. Es war eine vollkommen andere Version von ihr gewesen. Eine selbstbewusste, ungehemmte Version, die mehr gewollt hatte, als einen Kuss auf die Stirn. Ein unangenehmes Ziehen durchfuhr ihren Unterleib, wenn sie daran dachte und es schüttelte sie vor Scham.
Peinlicheres hätte ihr ja nicht passieren können. Dabei hatte sie doch einfach nur Ablenkung gewollt, nichts als ein bisschen Spaß mit Freunden und Alkohol. Ja, nun, der Alkohol hatte sie wohl in dieses Schlamassel gebracht. Ich werde nie wieder auch nur einen Tropfen trinken, dachte sie sich, nie wieder.

Die restlichen Tage der Ferien vergingen schnell. Sirius und Liz sprachen den Vorfall nicht an, worüber beide irgendwie erleichtert waren, und taten so, als wäre nie etwas geschehen. Das schien bei ihnen langsam zur Gewohnheit zu werden. Es passierte etwas - sie sprachen nicht darüber.
Liz betete nur dafür, dass er sich im Gegensatz zu ihr vielleicht gar nicht mehr daran erinnerte. Ein Blackout hatte. Wieviel hatte er getrunken? Vermutlich mehr als sie - allerdings vertrug er auch mehr.

Doch was noch peinlicher war, als die Tatsache, dass Liz sich völlig hatte gehen lassen und für alles bereit gewesen wäre, war die Tatsache, dass Sirius es nicht gewollt hatte. Auch wenn sie froh war, dass nichts passiert war, war sie schon etwas verletzt, dass Sirius sie so abgewiesen hatte. War er nicht derjenige gewesen, der all das zwischen ihnen angefangen hatte? Er war derjenige gewesen, der sie geküsst hatte und ihr gesagt hatte, dass er den Kuss nicht vergessen wollte.
Warum also wies er sie ab?
Weil sie getrunken hatte?
Weil er sie nicht mehr attraktiv fand?
War das alles für ihn nur eine kurze Schwärmerei gewesen?
War sie ihm zu langweilig geworden?

Liz versuchte alles, um nicht an diese Nacht zu denken, doch dennoch zerbrach sie sich fast pausenlos den Kopf darüber. Das Buch in ihrer Hand zitterte. Sie konnte sich nichtmal auf das Lesen konzentrieren. Ihr Augen huschten über eine Zeile nach der anderen, doch sie erinnerte sich an kein Wort. Sie seufzte und ließ es sinken, lehnte den Kopf zurück und warf einen Blick aus dem Fenster, hinter dem schneebedeckte Hügel vorbeisausten.

„Alles in Ordnung?"

Lily legte ihr eigenes Buch beiseite und blickte Liz forschend an. Liz war aufgefallen, dass Lily müder wirkte, als üblich. Die sonst makellose Haut war von dunklen Augenringen und einer Sorgenfalte zwischen ihren Augenbrauen ersetzt worden. Außerdem war sie noch blasser, fast schon bleich und ihre Lippen waren trocken und spröde, als würde sie pausenlos darauf herumkauen. Ihr sonst glänzendes glattes Haar war matt und kraftlos und in einen unordentlichen Zopf gestopft worden.
Sie selbst sah wohl nicht besser aus.

„Und bei dir?", stellte Liz die Gegenfrage, ohne zu antworten.
Nun seufzte Lily. „Man sieht es nicht wahr? Man sieht es mir an."
Liz nickte und Lily fuhr sich über das Gesicht. „Naja, Trennungen hinterlassen eben Spuren", murmelte sie, „Aber das ist eine Katastrophe." Sie betrachtete sich in der Spiegelung der breiten Zugfenster. „Ich bin die Schulsprecherin, ich kann doch nicht aussehen, wie eine verheulte Vogelscheuche, himmelherrgott!" Sie öffnete ihren Zopf und eine Welle aus rotem Haar floss über ihr Gesicht. Vergeblich versuchte sie die Mähne glatt zu streichen.
Liz Mundwinkel zuckte. „Lass mich mal", sagte sie sanft, setzte sich neben Lily und kämmte mit den Fingerspitzen durch das rote Haar. Dann begann sie es zu flechten.
„Danke", meinte Lily beschämt.

Liz winkte ab. „Habt ihr nochmal miteinander geredet? Du und James?"
„An Weihnachten haben wir uns das letzte Mal gesehen", sagte Lily und zuckte mit den Schultern, „Er ... naja er hat mir sogar ein Geschenk gemacht."

Liz zog die Augenbrauen in die Höhe und biss sich auf die Unterlippe. Das ließ sie sofort an Sirius denken ... schon wieder. „Tatsächlich?", hakte sie nach, um ihre Gedanken abzulenken, „Versucht er dich damit zurückzugewinnen?"

Nun schlich sich ein zaghaftes Lächeln auf Lily's Lippen. „Vielleicht. Aber es war echt süß. Er hat mir eine Box mit Briefen geschenkt."
„Briefe?"
„Liebesbriefe. All die, die er über die Jahre an mich geschrieben hat, ohne sie abzusenden, einige sogar noch zu der Zeit, als ich ihn absolut nicht ausstehen konnte. Es sind hunderte." Sie grinste. „Er meinte, er kann sie nicht mehr gebrauchen und schenkt sie mir deshalb." Ein Schnauben verließ ihren Mund. „Er gibt es ungern zu, aber innerlich ist er ein kitschiger Romantiker. War er schon immer."

„Das ... ist wirklich süß", kommentierte Liz leise und musste schlucken. Ihre Kehle fühlte sie plötzlich ganz trocken an.
„Geht es dir gut, Liz?", wollte Lily wissen und warf ihr durch die Fensterspiegelung einen besorgten Blick zu. Schnell nickte sie und räusperte sich. „Ja, natürlich. Ich bin nur mit deiner Frisur fertig." Sie rutschte wieder auf ihren eigenen Platz.
„Das sieht toll aus, Dankeschön", lächelte Lily und strich sich vorsichtig über das Haar. „Jetzt sehe ich wenigstens nicht mehr wie eine Vogelscheuche, sondern nur noch verheult aus." Sie lachte und auch Liz schmunzelte.

„Du siehst schön aus, mach dir keine Gedanken", sagte sie und betrachtete die Rothaarige sanft. Sie hatte Lily schon immer hübsch gefunden, doch seit sie sich besser kennengelernt und Freundinnen geworden waren, war sie für Liz sogar noch schöner geworden. Der Charakter strahlte wirklich nach außen. Liz spürte einen kleinen spitzen Stich in der Brust. Niemand würde Lily abweisen. Für niemanden würde sie weniger attraktiv werden, da sie einfach immer gut aussah. Und langweilig würde sie sicher auch niemandem werden, dazu war ihre Persönlichkeit zu aufwirbelnd.
Kein Wunder, dass James ihr einen Heiratsantrag gemacht hat, dachte sie.

Ein bisschen Neid keimt in ihr auf. Würde sie mehr wie Lily sein, hätte Sirius sie vielleicht gar nicht abgewiesen. Ziemlich sicher sogar. Sie wusste, sie dachte wie ein eifersüchtiges Kind, doch sie konnte nichts dagegen tun. Sie war neidisch auf Lily Evans und das konnte sie nicht leugnen.

***

Hey :)

Ich weiß, momentan ist es nicht besonders spannend, doch das wird sich (hoffentlich) bald wieder ändern.
Bei mir ist ziemlich viel los momentan, weshalb meine Lust zum Schreiben und meine Kreativität hinterher hinkt.

Wünsche euch nur das beste und hoffe, dass jeder, der gerade vielleicht ähnlich wie ich nicht die beste Version von sich selbst ist, die schwere Zeit übersteht.

We got this :)

𝐚𝐛𝐨𝐮𝐭 𝐚𝐭𝐭𝐚𝐜𝐡𝐦𝐞𝐧𝐭 & 𝐚𝐧𝐭𝐚𝐠𝐨𝐧𝐢𝐬𝐦 | 𝐑𝐮𝐦𝐭𝐫𝐞𝐢𝐛𝐞𝐫Where stories live. Discover now