"Ist dir kalt"

50 4 0
                                    

~You broke me first~

Die nächsten Wochen über verlief es nicht anders. Ich wurde von Tag zu Tag kälter. Emotionsloser. Mir ging es gut. Nun ja, zumindest solange ich Averte Affectus intus hatte. Freunde? Nun ja, Snape hatte recht. Ich hatte keine Freunde. Nicht mehr. Die letzte hatte ich vergrault. Es war mir recht. Ich fand es gut. Keine unnötigen Höflichkeiten. Keine falschen, vorgetäuscht netten Gespräche mehr. Um ehrlich zu sein, wurde ich immer fremder in der Schule. Zur Außenseiterin. Niemand redete mehr mit mir. Noch nicht einmal die Lehrer. Der Einzige, der ab und zu versuchte, an mich heranzukommen, war Harry. Denkst du wirklich, ich fiel ihm deshalb dankbar um den Hals? Nein. Ehrlich gesagt nervte es mich eher. Was ich den ganzen Tag machte? Nun ja... nichts. Ich fühlte mich leer. Dieses Loch in meiner Brust wurde von Tag zu Tag tiefer. Größer.
Ich saß am Ufer des schwarzen Sees. Gedankenverloren starrte ich auf das pechschwarze Wasser. Es war mittlerweile Winter. Heilig Abend. Die meisten Schüler fuhren über die Ferien nach Hause. Zum Fest der Liebe. Ein stechender Stich durchzog meine Brust. Aha. Die Wirkung von Averte Affectus schien nachzulassen. Ich griff in meine Jackentasche und nahm die metallische Flasche heraus. Wieso war sie so leicht? Meine Augen weiteten sich. Schnell öffnete ich die Flasche. Nein. Nein. Nein. Nein. Nein. Nichts. Kein einziger Tropfen war mehr da. Wo war der Trank hingekommen? "Ist dir kalt?"

Harrys Pov:
Verwirrt folgte sie Snape aus dem Raum. Kurzerhand fasste ich einen Entschluss. Ich schlüpfte von meinem Stuhl und folgte ihnen leise. Im Gehen zog ich den Tarnumhang aus meinem Rucksack. Ich musste einfach wissen, was mit ihr los war. Snape hielt ihr gerade die Tür zu seinem Büro auf, als ich meine Chance ergriff. Schnell schlüpfte ich mit durch. Snape setzte sich auf den Stuhl gegenüber von Y/N. Er betrachtete sie eine Weile. Ich weiß, es war absurd, aber sofort durchzog mich ein schmerzender Stich der Eifersucht. Er sollte sie nicht so anschauen. "Ich habe Grund zur Annahme, dass Sie etwas mit der Sache an Umbridge zu tun haben." Mir stockte der Atem. Wenn Snape davon wusste, dann würde er sie in hohen Bogen aus Hogwarts werfen lassen. Das durfte nicht sein. Lüg!, wies ich sie in Gedanken an. "Meinen Glückwunsch." Am liebsten hätte ich mir mit meiner Handfläche an die Stirn geschlagen. Jetzt hatte sie sich ihr eigenes Grab geschaufelt. Es versetzte mir wieder einen Stich in mein Herz. Wie kalt sie war. Alle Emotionen schien wie aus ihr herausgezogen worden sein. "Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen..." Verwirrt starrte ich zu Snape. Und auch Y/N schien etwas stutzig geworden zu sein. Er faselte irgendetwas von Averte Affectus und dass es seine Schuld war. Dass er ihr helfen wollte. Y/N hingegen blockte vollends ab. Er forderte das Fläschen. Ihr Fläschen. An dem sie hing, seit... und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Seit Cedrics Tod. Was auch immer in ihrer Flasche war- was auch immer dieses Averte Affectus war- er war verantwortlich für ihr Verhalten. Reger Hass auf Snape bildete sich. Wie konnte er nur? Plötzlich sprang sie entsetzt auf. "Machen Sie sich keine Sorgen, mir geht es blendend." Man konnte ihr eindeutig ansehen, dass sie lügte. Ich konnte ihr deutlich ansehen, wie viel Leid und Schmerz sie mit sich herumtrug. Wie gerne würde ich ihr diesen nehmen. Schon war sie an der Tür angekommen.
"Ich habe noch genug andere Freunde." Ja, wie mich! Sie verließ den Raum. Snape schaute ihr frustriert hinterher. "Potter oder was?" Was sollte das bedeuten? Snape vergrub seinen Kopf in seinen Händen. Die fettigen Haare klatschten ihn um den Kopf. Ich stand einfach nur da. Beobachtete ihn. Wusste nicht, was ich tun sollte. Ich schien nachzudenken. Dann, plötzlich, stand er auf und verließ mit schnellen Schritten den Raum. Nachdem ich mir sicher war, dass er weg war, lief auch ich schnurstraks auf die Tür zu. Vorsichtig öffnete ich einen Spalt. Luft ist rein! Schnell schlängelte ich mich durch den Spalt und lief durch die Korridore. Unschlüssig, wohin ich gehen sollte.
Leises Wimmern erweckte meine Aufmerksamkeit. Erschrocken blickte ich mich um. Es kam aus der Mädchentoilette. Dort, wo niemand hin ging, wegen der maulenden Myrte. Ich beschloss dem Wimmern zu folgen. Plötzlich verstummte es. Ich blieb in der selben Sekunde stehen. Keine fünf Sekunden später kam Y/N aus dem Raum. Sie hatte ein wenig gerötete Augen, sah ansonsten aber ganz normal aus. Nun ja, so wie sie seit dem Tod von Cedric eben aussah. Sie schien mich nicht entdeckt zu haben, denn mit entschlossen Schritten lief sie schnurstraks an mir vorbei. Erst da bemerkte ich, dass ich noch immer den Tarnumhang trug. Sobald sie um die Ecke verschwunden war, streifte ich ihn ab und packte ihn zurück in meinen Rucksack. Ich wollte gerade umkehren, als mein Blick an der Tür hängen blieb, durch die gerade Y/N gekommen war. Ich stand da. Unentschlossen. Ich wollte eigentlich nicht in Y/Ns privatem herumstöbern. Andererseits interessierte es mich schon, was sie getan hatte. Tief atmete ich durch, bevor ich schließlich doch die Tür zum Badezimmer der maulenden Myrte aufschob.

Langsam betrat ich den Raum. Ein merkwürdiger Geruch schoss mir direkt in die Nase. Ich lief ein wenig weiter in den Raum. Wo war die maulende Myrte? "Hallo?" Meine Stimme hallte von den Wänden wieder. "Potter." Eine dunkle gehässige Stimme ließ mich zusammenzucken. Schlagartig drehte ich mich um. Snape stand direkt vor mir. "Ich dachte nicht, Sie in einer Mädchentoilette aufzufinden." Mit hochgezogener Augenbraue sah er mich an. "Das gleiche könnte ich von Ihnen sagen, Professor." Snape war eher nicht zum Scherzen aufgelegt. Sein Blick durchdrang mich. Meine Narbe kribbelte ein wenig, doch ich ignorierte es. "Ich brauche Ihre Hilfe, Potter.", unterbrach plötzlich Snape zu meinem Erstaunen die Stille. "Wie bitte?" "Sie haben mich schon verstanden. Ich brauche Ihre Hilfe- mit Y/N." Ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich würde nichts tun, was gegen ihren Willen war. "Keine Sorge, es ist zu ihrem Besten", erklärte Snape mit einem Seitenblick auf meine geballten Fäuste.

Take your choiceWhere stories live. Discover now