27

7.6K 271 11
                                    

Elena

Er küsst mich verboten sinnlich. Seine Zunge trifft meine, die Hand an meinem Hinterkopf drückt mich enger an sich, während mein Becken an seines gedrückt wird. Ich spüre deutlich, was ich in ihm auslöse. Sein Körper reagiert auf meinen wie ich auf ihn. Als wären wir füreinander geschaffen. Seine weichen Lippen lassen kein einziges Mal von meinen ab, während er mich enger presst. Er schmeckt nach Wodka und riecht nach sündhaft teurem Parfüm. Sein Hemd, in dessen Stoff sich meine Finger gierig graben, fühlt sich verdammt teuer an. Und doch schert ihn nicht, dass ich vermutlich gleich einen Knopf abreise. Er vertieft den Kuss langsam, schlingt seine Arme fest um meine Taille. Ich keuche schnappend nach Luft auf. Er schmunzelt, senkt seine Lippen gleich wieder auf die meine. Unsere Zungen tanzen. Meine Hände wandern über seinen Oberkörper, über die Schultern in sein Haar. Ich will mehr, so viel mehr ...
»Du-« Er drückt seine Lippen erneut auf meine, »-machst mich fertig.« Mit zusammengekniffenen Augen lässt er ab.
Schnell atmend schaue ich auf. Der Mond erhellt die rechte Seite seines Gesichts, welche zum Wasser gekehrt ist. Ein kleines belustigtes »Mhm«, entflieht mir. Er schlägt die Augen auf. Sie leuchten wie zwei schwarze Edelsteine oder wie rabenschwarze Kohle. Wie ein dunkler Raum, dessen Ende man nicht sehen kann.
»So gerne ich dies hier fortführen würde«, spricht er und deutet auf uns beide, »wir müssen zurück zum Fest.« Miro streicht sich seine Haare glatt, schluckt dabei. In meinen Fingern beginnt es zu kribbeln, so wie in meiner Mitte. Schnell verschränke ich sie ineinander, nicke knapp. Ich finde keine Worte.
»Dein Lippenstift...«, murmelt er aber, reicht mir ein Stofftaschentuch. Dankend nehme ich es entgegen, wische mir den roten verschmierten Stift von den Lippen. Peinlich.
Der große Russe strafft die Schultern, versucht wahrscheinlich, die Erregung abzuschütteln. »Du hast da auch was«, lasse ich ihn wissen, mache wieder einen Schritt auf ihn zu. Er sieht zu wie ich die Hand zu seinem Gesicht hebe, ihm die rote Farbe von den Lippen wische. Dabei spüre ich seine druckausübenden Hände wieder an meiner Taille, sehe seine schnell hebend und senkende Brust. »Danke«, wispert er mit hauchend entgegen, was fast im Wind untergeht. Nickend schiebe ich ihm das Stofftaschentuch in die Jacketttasche, lege meine Hände an seinen Anzug, um die zwei Falten, die ich versucht habe, glatt zu streichen. Die Augen nimmt er kein einziges Mal von mir. Zwischen uns hat sich etwas verändert, binnen weniger Minuten. Seit ich seine Lippen zum ersten Mal auf meinen gespürt habe, klopft mein Herz merkwürdig in meiner Brust. Und der Blick in seinen Augen, trieft nur so vor Gier.
»Lass uns wieder zu den anderen gehen. Wir sollten etwas Tanzen«, schlägt er dann vor. Seine raue Stimme wirft mich kurz aus dem Konzept. Ich lasse meine Hände sinken, trete einen Schritt zurück und lange nach meiner Clutch, aus der ich beim Gehen den Lippenstift ziehe. In dem kleinen klappbaren Spiegel ziehe ich mir die Lippen rot nach, verstaue alles wieder. Danach nehme ich Miro mein halbvolles Glas ab, hake mich bei ihm unter und genieße die restliche Ruhe. Große Bäume an beiden Seiten des Weges lassen kaum Platz für den Nachthimmel. Nur über dem großen See erkennt man tausend Sterne, den Mond und die entfernten Lichter des Palastes. Der Park muss dreifach so groß wie ein Fußballfeld sein. Wenn nicht sogar größer.
Wir kommen an einem hübschen Pavillon vorbei, etlichen Blumenbeeten und Gestecken sowie kleinen Laternen, die die Natur hübsch ausleuchten. Der Nachthimmel ist klar und wunderschön, wie man ihn in London nur selten zu Gesicht bekommt. Ich genieße die Zeit hier sehr.

Je näher wir dem Schloss kommen, desto unruhiger wird es. Der hell erleuchtete Ballsaal wirft ein helles Licht auf uns, sobald wir ihn betreten. Miro wird unsere Gläser bei einem der Kellner los, die uns über den Weg laufen. Dabei entgeht mir die Gruppe junger Frauen nicht, die neben der Bar aufgeregt tuschelt und uns immer wieder undeutbare Blicke zuwirft.
»Wer sind die da hinten?«, erkundige ich mich neugierig und nicke unauffällig in ihre Richtung. Er folgt meinem Blick und atmet genervt aus. »Meine Cousinen, ignoriere den Lästerhaufen einfach. Sie ziehen über alles und jeden her.«
Damit scheint das Thema, für ihn abgeschlossen. Er lenkt mich Richtung Tanzfläche, kehrt ihnen den Rücken. Doch ich spüre ihre intensiven Blicke auf uns. Sie lassen mich unwohl fühlen. Der gut-aussehende Russe neben mir wirbelt mich gegen sich.
Überrascht schaue ich auf, gehe den ersten Schritt, den er macht wie automatisch mit. Gott bitte lass mich jetzt nichts Dummes tun, bete ich still. Schluckend mache ich den nächsten und nächsten Schritt.
»Schau mich an.«
Miros Stimme holt mich aus den Gedanken. Tief luftholend schaue ich auf. Wir bewegen uns zur Violinenmusik, welche immer schneller wird. Ich schlucke hart, die Luft bleibt mir aus, als er uns dreht. Er muss nicht mal hinabsehen, um den nächsten Schritt zu machen, es scheint, als könne er sie alle auswendig. Unsere Augen treffen sich. Seine gesprenkelten Iriden funkeln düster im Kronleuchterlicht auf mich hinab. Er macht einen Schritt nach vorne, dreht uns zweimal. Wir verschwinden zwischen den anderen Gästen. Ich hole Luft, aber traue mich kein einziges Mal, wegzusehen. Meine gewellten Haare fliegen durch die Luft, ein Lächeln macht sich auf meinen Lippen breit, als Adrenalin durch meine Adern rauscht. Mein Körper fühlt sich leicht, wie eine Feder an, während das ausladende Kleid zu jeder noch so kleinen Bewegung mitschwingt. Ich höre mich selbst leise lachen, sehe, wie auch er zu Schmunzeln beginnt, als er meine Reaktion sieht. Ich fühle mich wie in Trance, wenn ich in seine Augen schaue.
Die Menschen um uns verblassen ausnahmslos. Die sanfte Ballmusik dringt leiser in meine Ohren, rückt in den Hintergrund. Seine Hand auf meinem Rücken ist präsenter denn je. Sie drückt mich enger, liegt trotzdem locker. Unsere Hände verschränkt, unsere Körper eng beieinander. Er verzieht keine Miene mehr. Völlig blind lasse ich mich weiter von ihm über die Tanzfläche führen, mir ist egal, ob jemand in unserem Weg ist. Außerdem habe ich keinen blassen Schimmer, wo genau im Raum wir uns befinden. Ich kann meine Augen nicht von seinen nehmen. Es ist, als würde er mir direkt in die Seele blicken, tief in meine Gedanken eindringen und meine Sinne benebeln. Seine Anziehungskraft ist unglaublich stark, wie ein Magnet. Meine eine Hand krallt sich in sein Jackett. Der Ausdruck in seinen Iriden hat sich schon längst zu purer Gier verändert. Ich kann sehen, wie sehr er die Sache aus dem Park fortsetzen will. Dies macht mich noch nervöser, als ich ohnehin schon bin. Lieber Gott ...
»Wir lange geht der Tanz noch?«, möchte ich wispernd von ihm wissen. Ich kann das ziehen in meinem Unterleib nicht leugnen. Ich will es auch.
Der Dunkelhaarige zieht mich enger und neigt sein Gesicht zu meinen Haaren hinab.
»Er endet jeden Moment. Wenn du noch etwas trinken-«
»Nein«, unterbreche ich ihn sofort, »ich will nichts trinken.«
Meine Stimme klingt heißer. Zum Glück versteht er, setzt einen winzigen Kuss auf meine Wange und macht sich bereit mich ein letztes Mal zu drehen. Die Violine spielt ein letztes Mal kräftig zusammen mit Cello und Klavier auf, dann wird es still und die letzten Töne vermischen sich mit klatschen. Schwer atmend trete ich einen Schritt von Miro zurück. Blinzelnd fällt mir auf, dass wir uns mitten zwischen den anderen Tänzern befinden. Schräg hinter ihm sehe ich seine Mutter klatschen, während sie uns beobachtet. Auch die Augen etlicher Paare liegen auf uns, die sich nicht auf der Tanzfläche befinden. Die Cousinen schenken uns ebenfalls Aufmerksamkeit. Sofort sinken meine Hände von Miro ab. Doch dieses lässt mir keine Zeit mehr, um über alles nachzudenken.
Die Musik spielt erneut auf, die Tänzer wechseln und er zieht mich quer durch den riesigen Saal.
»Warte nicht so schnell!«, rufe ich über die laute Gesellschaft hinweg. Er dreht sich kurz um, verlangsamt seine großen Schritte etwas. Zielstrebig führt er mich auf die Flügeltüren zu, lenkt mich in den großen Flur hinaus.
»Wohin gehen wir?«
»Weg.«
Miro drückt mich in einen weiteren Flur, eilt mit mir über den Marmorboden. Inzwischen muss ich mein fliegendes Kleid festhalten, damit ich nicht auf den Rock trete.
»Warte doch!«, lache ich und ziehe an seiner Hand. Wir halten vor den großen Fenstern, genau an der Stelle, an der er mir vorhin das Collier überreicht hat. Mit glitzernden Augen sehe ich auf. »Wieso hast du es so eilig?«, frage ich lachend. Zur Antwort legt er seine Hand an meine Wange und küsst mich stürmisch. Jetzt scheine ich zu verstehen.
»Oben gibt es...«, nuschelt er heiser.
»Okay.«
Überrascht schaut er mich an, nickt.
»Dann lass uns gehen, bevor uns jemand sucht«, beschließt er. Wir laufen weiter durch die Halle, zu den Treppen die mit rotem Teppich belegten Stufen hinauf. Stumm geht er voran, zieh mich hinter sich her. Nach einem weiteren langen Flur öffnet er endlich die letzte Tür am Flur. Ein düsterer Raum offenbart sich, als ich ihn betrete. Größer als meine Wohnung, mit exquisiten Ornamenten an den Wänden, die selbst im Mondlicht leuchten. Ein großes Bett gegenüber eines Balkons, dahinter die offene Tür zu einem Badezimmer, dessen Wanne ich halb erkenne.

Stürmisch ergreift er mein Gesicht, drückt seine Lippen wie im Park auf meine. Ein Feuerwerk explodiert in mir, ein leises Seufzen entflieht meinen Lippen. Ich will mehr. Gierig umschlinge ich seinen Hals, stelle mich in den eh schon hohen Schuhen auf Zehenspitzen, um ihm näher zu sein. Seine Hände sind überall auf dem Stoff meines Kleides, suchen sich den Weg zum Reißverschluss.
»Fuck Elena, wo ist der Reißverschluss von dem Ding?«
Verzweifelt tastet er meinen Rücken weiter ab. »An der linken Seite«, hauche ich atemlos, mache mich an seinem Hemd zu schaffen. Im Moment scheint uns beiden egal zu sein, wie viele Menschen dort unten sind, oder wo wir uns befinden. Erneut hat Miro meine Welt in Trance versetzt und ich glaube nicht, dass sich je daran etwas ändern wird.
Mein Kleid fällt zu Boden, sein Hemd folgt. Meine lackierten Nägel fahren über seine definierte Brust, über seine Muskeln bis um seinen Hals. Ich schlinge meine Arme fest um ihn, ziehe ihn hinunter, presse meine Lippen fordernder auf seine. Seine Finger schlängeln sich meine Wirbelsäule hinab, verschaffen mir warme Schauer, die stärker werden, je tiefer er sinkt.
»Ich will dich«, haucht er atemlos. Unsere Münder verschlingen sich, unsere Zungen tanzen wild aneinander, wie wir vorhin im Ballsaal. Während Miro seine Arme um mich schlingt, wandern meine Hände hinab zu seiner Hose. Durch den Stoff spüre ich seine pralle Erektion. Er knurrt leise, als ich seinen Schritt berühre. »Fuck«, entflieht es ihm. Lächelnd beginne ich den schwarzen Gürtel zu öffnen. Er widmet sich meinem Hals, überhäuft ihn mit küssen, die meine Sinne benebeln. Ich verharre kurz und gebe mich ihm voll hin. Er weiß, was er da tut.
»Komm schon Lämmchen«, murmelt er mir heiß in die Ohren, geht einen Schritt auf mich zu. So drückt er meine Hand gegen seine Hose. Ich ziehe mit einem Ruck seinen Gürtel aus den Laschen, werfe ihn achtlos zu Boden. Seine Hose folgt. Nackt stehen wir uns im Mondlicht gegenüber. Miros Hände umschließen meine Wangen sanft. Hektisch atmend, schaut er mir in die Augen, lehnt Stirn an Stirn. Wortlos gebe ich ihm zu verstehen, dass es okay ist. Das ich es auch will. Zufrieden senkt er seine Lippen auf meine, lässt sich rückwärts auf das Bett sinken. Ich stehe vor ihm, klettere auf seinen Schoß. Seine Hände ziehen mich an den Hüften enger, drücken mich herunter. Ich schnappe nach Luft, als er in mir ist, mich vollkommen ausfüllt. Mein Rücken bäumt sich ihm entgegen, ich werfe den Kopf in den Nacken.
»Scheiße«, keuche ich zittrig, schlinge meine Arme um seinen Hals. Der große Russe bewegt meine Hüften hin und her. Langsam beginne ich, mich auf und ab zu bewegen, werde schneller und schneller. »Verdammt Baby«, grollt er lüstern, küsst meine Brust entlang hinauf zu meinem Hals. Mir ist warm, in mir breitet sich eine Hitze aus, die ich noch nie zuvor verspürt habe. Ich kralle meine Finger in seine Schulterblätter und stöhne in die dunkle Nacht. Nur der Mond ist unser Zeuge.
»Halt dich fest«, brummt Miro nach wenigen Minuten. Bevor ich reagieren kann, hat er uns schon in die Laken gedrückt und sich über mich gebeugt. Er sieht mir tief in die Augen, bewegt auch keinen Millimeter mehr. In mir schreit alles, das er weitermachen soll. Jede Faser meines Körpers sehnt sich danach, dass er mich nimmt. Stattdessen lässt er mich zappeln, so wie ich ihn im Bentley. Seine dunklen Iriden glänzen im Mondschein. Quälend langsam streifen seine Finger hinab zu meiner Mitte. Keuchend strecke ich ihm mein Becken entgegen, schaue ihn mit flehend an. »Erlös mich«, erbitte ich atemlos, schnappe nach Luft. Seine rauen Fingerkuppen über Druck aus, reiben sanft darüber. Ich werde noch wahnsinnig. Leise lachend, zieht er seine Hand zurück. Er stützt seine Unterarme links und rechts von mir, legt mir die andere Hand an die Stirn. Er zieht sich aus mir, nur um sofort wieder in mich einzudringen. Wohlig seufze ich, es fühlt sich unglaublich an, wenn ich seine Härte in mir spüre. »So ungeduldig...«, flüstert er, streicht mir sanft die Haare aus dem Gesicht. Ich sehe auf, direkt in seine Augen. Umschlinge ihn und ziehe ihn hinab. Unsere erregten, schwitzigen Körper reiben zusammen, unser Gestöhne erfüllt den Raum. Er vergräbt sein Gesicht in meiner Halsbeuge, saugt sanft an meiner Haut. Er ist langsam und einfühlsam, als würde ich ihm wirklich etwas bedeuten. Berauscht von den Gefühlen, die sich in mir breitmachen, schließe ich meine Augen und kralle meine Finger in seine Schultern. Er stößt kräftiger zu, tiefer und tiefer. Ein tiefes Knurren entflieht seiner Kehle, er nuschelt etwas auf Russisch, das ich nicht verstehe.
»Fuck!«, stöhne auch ich, biege meinen Rücken zum Hohlkreuz durch. Ich bin kurz davor zu kommen. Tief ausatmend drücke ich mein Gesicht gegen seine Wange, kratze ihm über den Rücken. Mein Herz was bereits dreifach so schnell wie sonst schlägt, steht kurz vor einem Infarkt. Ich merke, wie der Orgasmus wie ein Tsunami auf mich zurollt, der ungebremst auf mich treffen wird. Keuchend atme ich aus, als er seine Härte wieder in mich drängt. Es ist so weit. Meine Augen rollen sich nach hinten, die Spannung in meinem Körper entweicht, die Welle trägt mich davon. Wie ein Strudel aus Lust und Gefühlen.
»Miro...«
Ich muss mir auf die Lippe beißen, um nicht zu schreien. Seine Bewegungen werden abgehackter und hektischer. Er stößt zu, drückt seine Lippen fest auf meine. Während seine Zunge, die meine findet, stöhnt er genießend.

Saints and SinnersWhere stories live. Discover now