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Miro

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Miro

Ihr leises Stöhnen dringt durch den Raum, rückt die dröhnende Musik aus dem Mercury in den Hintergrund. Sanft graben sich ihre Fingerkuppen in meine Haare, drücken mich enger. Das ein oder andere Grinsen huscht über meine Lippen, während ich meine Zunge über ihre Mitte kreisen lasse. Ich spüre wie ihre Beine zittern und ihr Herz pocht, wie ihre Hände mich näher drücken und ihre Laute in der stickigen Luft versiegen. Keuchend beißt sie sich auf die Unterlippe, lehnt mit geschlossenen Augen an der verriegelten Tür, den Kopf in den Nacken geworfen. Ich schaue auf, betrachte ihre vollen Lippen und die Stupsnase, ihre schwarzen Wimpern und die perfekten Augenbrauen. Ich werde nicht leugnen, wie schön ich sie finde und wie sehr sie etwas in meiner Hose regt. Ich will sie so sehr unter mir liegen sehen, mich in sie schieben, aber das wird sie überfordern. Ganz langsam muss ich mich meinem Ziel nähern und mich vortasten. Auch wenn es mich fast umbringt. Noch nie habe ich mir Zeit gelassen, was auch daran liegt, dass die meisten gewillt sind, sofort mit mir in die Kiste zu springen. Aber die Britin ist anders. Elena kann man auf die Palme treiben und verführen. Selten hat mich jemand so gereizt wie sie. Vielleicht noch nie jemand.
Ein augenrollender Orgasmus überrennt sie. »Gott...«, entflieht es ihr nach Luft ringend. Ihre Fingerkuppen graben sich tiefer in meine kurzen Haare, obwohl ich aufgehört habe. Meine Hände gleiten unter ihrem Kleid hervor, welches nun wieder über ihren Oberschenkel fällt. »Soll ich weitermachen?«, möchte ich schief grinsend wissen. Ihre Augen öffnen sich sofort. »Gott nein! Bitte nicht...«, fleht sie angetrunken. Als hielte sie keine zweite Runde aus. Ihre Hände gleiten durch meine Haare, berühren meine Stirn kurz. Es löst etwas Unbekanntes in mir aus, was ich nicht einschätzen kann. Deswegen entziehe ich ihr meine Haare, erhebe mich wieder und lege meine Hände an ihre Seiten. Sie schließt tief durchatmend ihre Augen, lässt den Kopf gegen die Tür sinken und braucht einen Moment. Mit ihren zitternden Fingern streicht sie sich durch die langen Haare, pustet die angehaltene Luft aus. »Ver...dammt«, wispert sie, öffnet ihre Lider langsam.
Ihre Pupillen treffen meine. Die blitzenden Dolche von vorhin sind einem spannungsreichen Gewitter gewichen, welches sich in ihren waldgrünen Iriden gebildet hat. Meine Hände hinterlassen warme Stellen an ihren Seiten, als ich sie hinab bewege, sie sinken lasse bis sie neben mir landen. Ich schiebe sie in meine Hosentasche, nehme den Blick nicht von ihr. Wir beide wissen nicht, was wir sagen sollen. Es kommt nicht oft vor, dass ich keine Worte parat habe. Aber Elenas Gesellschaft hinterlässt ein wohltuendes Kribbeln in meiner Leistengegend. Ich kann nicht anders, als sie anzuschauen.
»Hat es dir gefallen?«
Obwohl ich mir diese Frage selbst beantworten kann, frage ich aus reiner Höflichkeit. Die Britin schluckt leise, blickt verlegen zu Boden. In dem droht sie jede Sekunde zu versinken. Meine Mundwinkel zucken verdächtig auf, als ihre Wangen sich erröten. »Lass uns zurück gehen«, flüstere ich, greife an ihr vorbei zum Türknauf. Mit einer Umdrehung ist sie entriegelt, steht einen Spalt offen.
Elena tritt in meine Richtung, schiebt sich aufgewühlt an ihr vorbei und streicht mit ihren Fingern nervös über ihre Haare. Sie verschwindet im Flur.
Mit wenigen Schritten hole ich wieder auf, hinter uns fällt die Tür ins Schloss. Wir kommen erneut an der Bar vorbei, überqueren die Tanzfläche, die verdammt voll ist. Auf dem Weg zurück merke ich wie still und in sich gekehrt sie wirkt. Dazu taumelt sie ab und zu nach links, sodass ich sie schnell an der Hüfte packen muss, damit sie nicht mit den Schwachköpfen um uns kollidiert. Blitzschnell drücke ich ihren Rücken gegen meinen Brustkorb, komme ihrem Ohr mit meinen Lippen näher.
»Vorsicht!«, warne ich sie, umgreife ihre Mitte fest. Erschrocken holt sie Luft, nickt teilnahmslos und drückt meine Hand weg.
»Tut mir leid«, murmelt sie angetrunken.
Amüsiert kopfschüttelnd folge ich ihr, deute den zwei Türstehern an der Treppe sie passieren zu lassen. Ich folge ihr die Stufen hinauf in den oberen Bereich. Von da an schiebe ich mich wieder neben sie. Wir kommen zusammen an der hintersten Ecke an, die noch leer zu sein scheint. Einige geleerte Gläser stehen auf dem niedrigen Sofatisch - Reste von vorhin. Zwischen den Schnapsflaschen klemmt ein abgerissener, krakelig beschriebener Zettel. Das kann nichts Gutes bedeuten. Mit in Falten gelegter Stirn beuge ich mich hinab, gebe ihn an und halte ihn ins Licht.
»Wir sind weg, ich bringe sie morgen früh ins Hotel...«, lese ich ab. Elena stöhnt genervt auf und rauft sich die Haare. »Na super! Das war sowas von klar! Lynn bringt immer solche Aktionen...«, schimpft sie außer sich. Auf dem Kiefer mahlend zerknülle ich das Blatt in meinen Fingern, stopfe es achtlos in meine rechte Hosentasche. Ich drehe meinen Körper zu ihr.
»Der Idiot ebenfalls. Lass uns gehen, ich werde dich fahren und danach meinem Bruder den Arsch aufreißen!«, beschließe ich zügellos und kehre auf der Stelle um.
»Was? Du musst mich nicht fahren, ich nehme mir ein Taxi, oder laufe das Stück«, wendet ihre liebliche Stimme sofort ein. Ich halte inne, runzle die Stirn und schaue sie ungläubig an.
»Du willst um diese Uhrzeit allein gehen? Damit die Junkies dich wegen ein paar Rubel abstechen und die schmierigen Typen dich vergewaltigen können? Bitte... wenn du das wirklich willst«, sage ich und deute auf die Treppe. Elena beißt sich unsicher auf die Unterlippe, sieht von der Treppe zu mir und wieder zurück. Dann schaut sie mir ratlos in die Augen. Seit wir aus dem Zimmer gekommen sind, ist sie seltsam ruhiger. Ein Seufzen entfährt ihren hinreißenden, prallen Lippen.
»Nein, also kannst du mich fahren?«, piepst sie kaum hörbar. Ob es am Alkohol liegt, dass sie plötzlich so komisch ist? Es ist mir ein Rätsel, denn eigentlich habe ich beobachtet, wie selbstbewusst sie davon wird. Vielleicht liegt es auch an mir.

Nickend deute ich ihr mir zu folgen. Ich verabschiede mich von den beiden Männern an der Treppe, biege mit ihr in den Flur zum Hinterausgang, gleich neben der Treppe ein. Die alte Tür ist ein Stück geöffnet, zwischen ihr lehnt ein alter Putzeimer, der Luft in den Laden lassen soll. Obwohl wir Klimaanlagen haben, steigen wir manchmal auf diese, viel praktischere Version um.
Heute ist es kühl, ein Lüftchen weht durch die alte Gasse und den Hinterhof. Mit einem Klick lasse ich den Audi aufleuchten, öffne Elena die Tür und warte, bis sie eingestiegen ist. Dann setze ich mich auf den Fahrersitz und öffne das Tor automatisch.
Während der Motor aufheult und warm läuft, höre ich das Klicken des Anschnallgurtes neben mir. Nervös überschlägt sie ihre nackten Beine, reibt sich die Hände und starrt aus der Windschutzscheibe auf die kahle Hauswand.
»Sorgst du dich um deine Freundin?«, erkundige ich mich neugierig. Es interessiert mich ausnahmsweise wirklich. Sie schüttelt den Kopf, aber ihre Körpersprache sagt etwas anderes.
»Es ist nur... ich mag es nicht, wenn sie mich so spät allein lässt. Wir sind hier fremd und die Tatsache jagt mir ein mulmiges Gefühl ein«, gibt sie zu. Ich lenke den Audi durch die dunkle Gasse, hinaus auf die befahrene Hauptstraße. »Musst du nicht. Lew wird sie nachhause bringen, sobald sie mit meinem Bruder fertig ist«, erkläre ich. Das Lämmchen legt die Stirn erneut kraus. Sie sollte das lassen, das gibt Falten.
»Lew?«
»Ja, er ist einer unserer Beschäftigten.«
»Habt ihr viele... Beschäftigte?«
»Einige. Aber das tut nichts zur Sache«, sage ich konzentriert, halte das Lenkrad fest in meinen Händen. Ich hoffe, dass sie nichts Näheres wissen will. Es gefällt mir nicht wie neugierig sie wird. »Oh okay. Seid ihr reich?«
Diese Frage trifft mich unvorbereitet und lässt mich lauthals lachen. Ob wir was sind? Reich? Sie sitzt in einem zweihunderttausend Euro Auto, was noch viel mehr in Rubel sind. Das Armband um ihr Handgelenk, welches mein Geschenk an sie war, kostet mindestens das dreifache. Und die Einrichtung des Klubs noch mehr.
Ihre Augen mustern nicht sichtlich verwirrt. Ich brauche ein paar Minuten, um mich wieder einzukriegen, räuspere mich und sehe sie kurz beim Fahren an. »Dieses Wort verwende ich nicht gerne. Sagen wir einfach, dass ich wohlhabend bin«, umschreibe ich. Elena wendet ihr Gesicht ab. »Cool«, quittiert sie meine Worte.
Cool?
Mensch, sie macht mich wirklich baff. Sie ist die Erste mit dieser Antwort. Normalerweise würden sich nun die ersten Weiber an meinen Hals werfen. Aber sie ... ich finde keine Worte. Etwas steckt in ihr, was mich nicht loslassen will. Ihr Geruch, ihr Lächeln, ihre Augen - das alles zieht mich an wie das Licht die Motte. Ein beängstigendes Gefühl.

Ich parke den Wagen vorm Eingang des hohen Hotels. Die barocke Fassade ist hell von Scheinwerfern erleuchtet, der Name des Hotels mit Neonfarbe hingelegt. »Danke fürs fahren... Miro. Und richte Lynn falls du sie siehst, aus, dass ich mir Sorgen um sie mache«, bittet sie mich. Ihre schmalen, weichen Hände, die vor einer Stunde noch in meinen Haaren verfangen waren, tasten nun nach dem Öffner der Tür, die sanft aufgleitet. Der warme Sommerwind drängt sich in das Auto, verschafft meiner hübschen Mitfahrerin Gänsehaut auf ihren Beinen. Der Mond steht hoch am Himmel und erleuchtet ihr Gesicht. Für einen Moment antworte ich nicht. Ich präge mir ihre Gesichtszüge ein, vernehme erneut den blumigen Duft ihrer Haut, lasse meine Augen an ihrem Körper hinabwandern. Erst ihr Bein auf dem Asphalt holt mich in die Realität zurück. Verdammt was stimmt nicht mit mir?
»Warte...«, halte ich sie auf, als sie aussteigen will. Ich strecke den Arm aus, hasche auf dem Rücksitz nach dem Telefon, welches ich besorgt habe, und reiche es ihr. »Nimm es. Meine Nummer ist eingespeichert, für den Fall, dass du meine Gesellschaft wünschst«, bitte ich. Mit großen Augen blickt sie hinab und drückt meine Hand sanft weg. »Das ist zu viel Miro, das kann ich nicht annehmen«, lehnt sie ab. Ich bleibe eisern, mahle auf meinem Unterkiefer. »Es ist ein Geschenk. Es ist nicht prickelnd als Touristin in einem fremden Land ohne Handy. Wenn du es mir vor deiner Abreise wiedergeben willst, dann tue das. Aber behalte es die nächste Woche«, meine ich. Mein Vorschlag hört sich anscheinend gut an, denn sie nimmt es mir sanft aus den Händen. Ihre Fingerkuppen berühren meine Hand für den Bruchteil einer Sekunde, jagen Blitze durch meine Muskeln. Auch sie scheint es gespürt zu haben, denn ihre runden hübschen Augen schauen mich undeutbar an.
»Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll...«, gesteht sie.
»Geh mit mir aus, das reicht mir schon. Schreib mir, wann du Zeit hast, auf was du Lust hast«, stelle ich meine Forderung. Ein kleines, nüchternes Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen.
»In Ordnung, dann gute Nacht... und danke!«
Sie steigt aus, streicht sich ihr Kleid glatt und wirft die Tür zu. Ein letztes Lächeln wirft sie mir zu, dann dreht sie sich um. Schnell lasse ich das Fenster hinunter fahren, bevor sie im Hotel verschwindet. »Lämmchen!«, rufe ich ihr hinterher. Verwirrt dreht sie sich um und versucht, den dummen Spitznamen zu verdrängen, den ich ihr gegeben habe. Dabei passt er zu ihr. Ein Lamm ist genau wie sie - unschuldig und süß.
»Trag Schön das Armband, Elena. Es steht dir«, zwinkere ich, drücke aufs Gas, während sie empört nach Luft schnappt und gerade erst bemerkt, dass sie es noch trägt. Siegessicher rausche ich durch die sommerlich milde Nacht davon und mahle mir bereits aus, was mich zuhause erwarten wird.

Saints and SinnersWhere stories live. Discover now