Kapitel 32

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"Loki?", fragt Maria den Mann, mit dem sie immer noch Arm in Arm dasteht, irgendwann, von dem daraufhin nur ein leises Brummen zu hören ist, was wohl bedeuten soll, dass er ihr zuhört.
"Darf ich dich jetzt was zu deiner Vergangenheit fragen?", spricht sie dann das aus, was ihr schon seit Minuten auf der Zunge brennt.
Der Schwarzhaarige spannt seinen Körper bei dieser Frage kaum merklich an, da er anscheinend gehofft hat, diese Frage aus irgend einem Grund nicht mehr gestellt zu bekommen.
"Ich kann das, was du mir sagst auch erst mal für mich behalten und den Anderen nichts davon erzählen, wenn du das nicht willst", fügt die Frau dann schnell hinzu, in der Hoffnung so auf Zustimmung zu stoßen.
Loki scheint noch einen Moment über seine Antwort nachzudenken, doch nickt dann schließlich.
"In Ordnung, aber ich werde dir vermutlich nicht viel mehr beantworten können als das, was du sowieso schon gesehen hast", sagt er dann mit leiser Stimme und löst sich von der Psychologin, welcher seine Nähe augenblicklich, aus einem ihr unerklärlichem Grund zu fehlen beginnt, sie dieses komische Gefühl aber verdrängt um sich wieder auf das zu konzentrieren, für das sie eigentlich hier ist.
Bei dem Halbgott hat sie ohnehin schon viel öfter unprofessionell gehandelt, als gut gewesen wäre und sie sollte sich zumindest jetzt einmal ein wenig zusammenreißen.
Loki lässt sich wieder auf seine Liege fallen, während Maria auf dem Stuhl davor platznimmt und erneut nach ihrem Notizbuch greift.
"Wie hast du das eigentlich gemacht?", ist das Erste, was die Frau dann wissen möchte.
"Wie habe ich was gemacht?", fragt der Schwarzhaarige, da er nicht ganz zu verstehen scheint, worauf sie hinauswill.
"Naja, das mit den Bildern in meinem Kopf. Und dass sich das alles so real angefühlt hat, obwohl ich nichts davon jemals erlebt habe", erklärt diese.
"Ich hab dir Zugang zu meinen Gedanken gewährt und du hast direkt in meinen Kopf gesehen. Meine Mutter ist bei Hexen aufgewachsen und brachte mir die Kunst des Zauberns bei", erzählt der Mann und muss bei seinem letzten Satz schmunzeln. Gleichzeitig werden seine Augen jedoch traurig und er schluckt hörbar schwer.
"Vermisst du sie? Deine Mutter?", fragt Maria vorsichtig, darauf gefasst möglicherweise schon zu weit zu gehen.
Doch Loki scheint jetzt wirklich endgültig über seinen Schatten gesprungen zu sein und ihr zu vertrauen, da er nach kurzem Zögern wieder beginnt zu sprechen.
"Ja, um ehrlich zu sein, ziemlich sogar. Sie ist die einzige Person in meinem Leben von der ich je wirklich Liebe erfahren habe und die mich Thor in nichts nachgestellt hat. Der einzige Grund, warum ich je wieder zurückkehren oder einen Aufenthalt in Asgards Kerker aushalten würde.
Ich vermisse sie schrecklich und würde so viel dafür geben sie endlich wiederzusehen."
Zum Ende hin wird die Stimme des jungen Gottes immer leiser und er sieht nach unten um so die Tränen in seinen Augen zu verstecken, die sich bei dem Gedanken an seine Mutter unweigerlich dort gebildet haben.
Maria legt ihm tröstend eine Hand auf den Arm.
"Ich bin mir sicher, du wirst sie wiedersehen. Vielleicht kann sie deinen Vater ja umstimmen und die Strafe, die dich erwartet mildern", versucht sie ihn dann aufzumuntern, doch scheint genau das Gegenteil zu bewirken.
Der Schwarzhaarige schnaubt verächtlich und sieht wieder auf, die Trauer aus seinem Blick wie weggeblasen.
"Odin ist gewiss die letzte Person, die sich von irgendjemandem umstimmen lässt, wenn er von etwas überzeugt ist. Und mich mein Leben lang einzusperren, oder was bei den Göttern er sonst mit mir vorhat, wird ihm größtes Vergnügen bereiten", murmelt er dann mit einer solchen Abscheu in der Stimme, dass der Herrscher Asgards der Psychologin gleich viel unfreundlicher vorkommt.
"Bist du dir sicher, dass er dich so hart bestrafen wird? Du bist immerhin in gewisser Weise sein Sohn", fragt Maria und kann sich wirklich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Loki solch ein dunkles Schicksal erwartet sobald er in seine Heimat zurückkehrt.
Wieder schnaubt dieser und schüttelt den Kopf.
"Weniger ein Sohn als ein Relikt. Ein nützliches Werkzeug, welches nur auf seine Verwendung wartet. Ich bedeute ihm nichts. Das habe ich nie."
Am liebsten würde die Frau weiterhin an ihrer Meinung festhalten und versuchen den Halbgott davon zu überzeugen, dass seine Strafe mit Sicherheit nicht so hart ausfallen wird wie er es sich vorstellt, doch sie merkt, dass langsam die Wut beginnt in ihm hochzukochen und sie genau aus diesem Grund darauf verzichten sollte auch noch mit ihm zu diskutieren und die Wut des Mannes so vielleicht auf sich selbst zu übertragen.
Gerade als die Psychologin ihren Mund wieder öffnet um eine andere Frage zu stellen, wird sie von Loki unterbrochen, der zuerst zu sprechen beginnt.
"Muss ich deine anderen Fragen auch noch beantworten? Selbst dir das alles zu erzählen, fällt mir schwer und du solltest mit all deinen neuen Informationen doch erst einmal zufrieden sein oder nicht?"
Am liebsten würde Maria dem Schwarzhaarige sofort zustimmen und ihren Haufen an Fragen in den Hintergrund stellen und an einem anderen Tag stellen, doch dann erinnert sie sich wieder an den Deal, den die beide gestern ausgemacht haben.
"Das kann ich verstehen, wirklich, aber ich bin eine Person, die sich an ihre Versprechen hält und deshalb müssen wir heute fertig werden. Ab morgen bist du mich dann endgültig los, versprochen", antwortet sie und wird ungewollt von einem Gefühl der Trauer überrollt.
Eigentlich will sie Loki, vorallem nach dem, was heute passiert ist, nicht so schnell wieder alleine lassen und erst Recht nicht bei all den Leuten, die ihn immer noch nicht verstehen.
Ihr Gegenüber seufzt einmal und atmet dann tief durch.
"I-Ich will, dass du wiederkommst", murmelt er dann so leise, dass es die Erdbeerblonde beinahe nicht verstanden hätte.
Aber eben auch nur beinahe und so schleicht sich ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht.
"Also nerve ich dich doch nicht so sehr?", neckt sie dann.
"Oh, versteh mich nicht falsch, du bist die nervigste Person, die ich je kennengelernt habe", gibt der Mann mit ebenfalls einem kleinen Grinsen auf dem Gesicht zurück.
"Aber eben auch die Einzige, die mich versteht und auf meiner Seite ist", fügt er dann noch deutlich betrübter hinzu.
"Du willst also wirklich, dass ich weiterhin komme und mich um dich kümmer?", fragt die Frau sicherhaltshalber noch einmal nach, da sie es immer noch nicht ganz glauben kann.
Sie hat tatsächlich Recht gehabt mit ihrer Vermutung und der Mann mag sie deutlich lieber, als er immer vorgegeben hat.
"Ja, das sagte ich bereits und tu mir bitte den Gefallen und akzeptiere es einfach ohne es an die große Glocke zu hängen", antwortet Loki und es scheint ihn schon fast ein bisschen peinlich zu sein, das zuzugeben.
"Na dann dürfte es kein Problem sein Morgen weiterzumachen. Ich glaube wir beide haben erst einmal eine Pause nötig", stimmt Maria der ursprünglichen Frage des Schwarzhaarigen zu und lächelt ihm zu.
Dann packt sie ihre Sachen zusammen und erhebt sich von ihrem Stuhl. Gerade als sie sich verabschieden will, fällt ihr eine Sache ein, die sie umbedingt noch fragen muss.
"Was soll ich den Avengers jetzt eigentlich sagen? Durch die Kamera müssten sie doch alles mitbekommen haben", fragt sie dann, da sie augenblicklich ein schlechtes Gewissen gegenüber Loki bekommt, dem sie vor wenigen Minuten noch versprochen hat, erst einmal nicht alles auszuplaudern, was heute passiert ist.
Doch zu Ihrer Überraschung grinst dieser nur und blickt kurz zu der Kamera an der Decke empor.
"Ihr vergesst alle unentwegt, zu was ich fähig bin und dass die Zauberei mir erlaubt Illusionen zu erschaffen. Für jeden Außenstehenden wird es so aussehen, als ob wir uns wie gewöhnlich unterhalten haben und da die midgardische Technik für gewöhnlich hin und wieder ein paar Fehler aufweist, ist heute zu allem Übel der Ton ausgefallen, weshalb du ihnen all das erzählen musst, was heute geschehen ist."
Maria kann bei dieser Aussage nicht anders als zu grinsen. Kein Wunder, denkt sie sich, dass er den Namen Gott der Schabernacks trägt.
"Na dann werde ich mir wohl eine schöne Geschichte ausdenken", nickt sie und macht sich bepackt mit dem Stuhl und ihrer Tasche auf den Weg zur Laiserwand.
"Jarvis, bitte öffne die Zelle", spricht sie dann in die Luft und kurz darauf verschwindet die Wand vor ihr wieder und sie kann die Zelle verlassen.
"Bis Morgen", sagt sie dann zum Abschied noch zu Loki, der ihr mit einem kleinen Lächeln antwortet, bevor sie sich auf den Weg zurück zu den Aufzügen macht.
Gerade als Maria außer Sichtweite ist, und davon überzeugt, dass sie niemand sehen oder hören kann, bleibt sie stehend und hüpft quitschend, wie ein aufgeregt Teenager, auf und ab.
Sie kann immer noch nicht ganz glauben, dass Loki ihr tatsächlich so weit vertraut ihr Dinge zu zeigen und zu erzählen, von denen niemand sonst weiß. Die Tatsache, dass es sie wiedersehen will, ist dazu obendrein noch ein netter Nebenverdienst, über den sich die Frau insgeheim wahrscheinlich noch mehr freut.
Als sie sich wieder so weit unter Kontrolle hat, normal und ohne das breiteste Grinsen, das die Welt je gesehen hat, zu gehen, macht sie sich endgültig auf den Weg nach Hause, da sie erst einmal eine Weile brauchen wird um alles, was heute passiert ist zu verarbeiten.

- I'm here for you - (Loki FF) Donde viven las historias. Descúbrelo ahora