Kapitel 25

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Maria schluckt den Klos in ihrem Hals so gut es geht hinunter, als sie durch den Gang geradewegs auf Lokis Zelle zusteuert.
Der Gott sieht von seinen Händen auf, als die Frau in sein Blickfeld tritt und sich auf den Stuhl vor der Laiserwand setzt.
"Guten Morgen, wie geht's dir?", begrüßt sie den Schwarzhaarigen dann.
"Davon abgesehen, dass mich die Langeweile hier demnächst in den Wahnsinn treiben wird, habe ich vermutlich nicht das Recht dazu, mich zu beschweren" , antwortet Loki.
"Und trotzdem wirst du mir wahrscheinlich nichts über deine Vergangenheit erzählen, richtig?", stellt die Erdbeerblonde eine eigentlich vollkommen unnötige Frage, da der Mann in der Zelle natürlich nicht einfach urplötzlich seine Meinung geändert haben wird und beginnt wie aus den Nähkästchen zu plaudern.
Und tatsächlich erntet sie nur einen Blick der praktisch das Wort 'Nein' schreit und muss ein Seufzen unterdrücken. Ein winziger Teil in ihr hat immer noch gedacht, dass Loki vielleicht endlich zur Vernunft gekommen ist.
So muss Maria also wohl oder über noch etwas nachhelfen.
"Loki, hör zu. Ich will wirklich versuchen dir zu helfen wenigstens das Beste aus deiner Situation zu machen, aber dafür brauche ich deine Mitarbeit, sonst wird das nichts."
"Mich unter Druck zu setzen ist eine narrhafte Idee", wirft der Schwarzhaarige ein, da er ganz genau zu wissen scheint, auf was sie hinaus will.
"Glaub mir, dass ist mit mittlerweile auch klar geworden. Deshalb habe ich auch nicht vor, diesen Fehler zu wiederholen sondern bitte dich lediglich-", antwortet die Psychologin doch wird von dem Gott mitten in Satz unterbrochen.
"Mich bitten, mich zwingen, das ist doch alles das Gleiche! Es geht immer darum mich dazu zu bringen, über meine Vergangenheit zu reden."
Loki versucht zwar seine Stimme ruhig zu halten, doch die Frau merkt sofort, dass der Ärger erneut in ihm hochkocht, weshalb sie schnell versucht die Situation zu entschärfen, bevor sie sich weiter zuspitzen kann.
"Du willst nicht über deine Vergangenheit sprechen, das verstehe ich, aber wenn du immer alles verdrängst, was dich verletzt, dann wird es dadurch alles andere als besser", sagt sie und hofft, dass ihre ruhige Stimme auf ihren Gegenüber überspringen wird.
"Du verstehst gar nichts! Ich will mit niemanden sprechen und es ist mir egal, was du meinst, was gut für mich ist!", zischt Loki in verdächtig unruhigem Ton und spannt seinen Kiefer sichtbar an.
"Ok, hey, tut mir leid, beruhig dich bitte wieder", versucht Maria augenblicklich den Kurs zu ändern, in der Hoffnung die Situation so unter Kontrolle zu behalten.
"Ich bin ruhig", schnaubt der Schwarzhaarige.
Für ein paar Sekunden herrscht Stille, in denen die Psychologin tief durchatmet und darauf wartet, dass Loki sich wieder etwas entspannt.
"Du sollst einfach nur verstehen, dass ich nicht dein Feind bin. Ich stehe auf deiner Seite und alles, was du tun sollst, ist mir zu helfen das hier zu begreifen. Meine Aufgabe ist es nicht, dich zu einem Geständnis zu drängen, sondern lediglich zu helfen, Klarheit in die Sache zu bringen. Ich will dir helfen Klarheit in das Chaos zu bringen, das sich momentan dein Leben nennt", die Erdbeerblonde ist fast schon erstaunt darüber, wie überzeugend und gleichzeitig ruhig ihre Worte klingen und sie scheinen auch bei dem jungen Gott nicht direkt wieder Zorn hervorzurufen. Vielmehr scheint er sogar für einen Moment darüber nachzudenken, da er vergleichsweise lange für eine Antwort braucht.
"Wenn du mein Leben ordnen willst, dann kommst du Jahre zu spät. Ich bin sicher, mir kann niemand mehr helfen."
Jetzt ist er an Maria, einen Moment zu schweigen um die Worte ihres Gegenübers zu verstehen. Er lässt es sich zwar kaum anmerken, doch in Wahrheit scheint der Schwarzhaarige deutlich weniger von sich zu halten, als anzunehmen. Die Frau will sich gar nicht vorstellen, wie man sich fühlen muss, wenn man derart gering von sich denkt.
"Ich bin mir sicher, dass ich das kann. Du müsstest mich nur endlich an dich heranlassen", versucht sie dann wieder von ihrem Vorschlag zu überzeugen.
Wieder spannt der Gott seinen Kiefer an um sich einen bissigen Kommentar zu verkneifen.
"Loki, es würde dir wirklich gut tun, dir einmal alles von der Seele zu reden. Du musst mir nicht den kalten Gott vorspielen, der seine Vergangenheit erfolgreich verdrängt, denn ich weiß, dass du das nicht bist. Es ist kein Zeichen von Schwäche zu seinen Gefühlen zu stehen und über das zu sprechen, was so schwer auf den eigenen Schultern lastet."
Dieses Mal ist die Zeit, in der keiner der Beiden etwas sagt sogar noch länger und Maria beginnt die Hoffnung zu schöpfen, dass der Schwarzhaarige es jetzt verstanden hat und jeden Moment beginnt zu reden.
Doch genauso schnell, wie diese Hoffnung gekommen ist, wird sie auch von Loki wieder zerstört, der genervt schnaubend den Blick von ihr abwendet und beginnt sturr an die Wand zu starren.
Jedoch scheint es nicht so, als ob er wirklich wütend wäre, sondern mehr so, als ob die Frau Recht hätte und ihm das auch genaustens bewusst zu sein scheint, was sie zum Schmunzeln bringt.
"Geb doch einfach zu, dass ich Recht habe. Ich bin Psychologin, falls du das vergessen haben solltest und wenn es eines gibt, dass ich ganz genau weiß dann, dass Reden oft die beste Lösung für ein Problem ist", versucht die Erdbeerblonde den schmollenden Halbgott davon zu überzeugen, endlich seine verzweifelten Versuche zu unterlassen und einzusehen, dass wirklich etwas an ihrer Aussage dran ist.
Doch der scheint gar nicht erst daran zu denken, sondern erhebt sich von seinem Bett und schreitet anmutig ein paar Schritte auf die Frau zu, seinen Blick dabei starr auf sie geheftet.
"Mir scheint, als würde mich neuerdings überhaupt niemand mehr ernst nehmen. Also muss ich es anscheinend noch einmal wiederholen: Ich. Will. Nicht. Reden."
"Loki, ich-"
"Nein!"
Der Schwarzhaarige dreht sich schwungvoll um und lässt sich zurück auf seine Liege fallen, ganz so als würde er wirklich kurz vor der Verzweiflung stehen.
"Also gut, ich merke schon, dass das so keinen Sinn hat", sagt Maria als Loki nichts mehr sagen zu wollen scheint und nur wieder beginnt die Wand anzustarren. Sie erhebt sich von ihrem Stuhl und steckt den Notizblock in ihre Handtasche um auch keinen Zweifel daran zu lassen, dass sie vorhat zu gehen. Irgendwie hofft sie immer noch, dass der Mann zur Vernunft kommt und in letzter Sekunde doch noch beginnt zu reden.
Doch das scheint offensichtlich nicht der Fall zu sein, da Loki sich keinen Zentimeter mehr bewegt, geschweige den den Mund aufmacht.
"Ich gehe dann jetzt und komme am Montag wieder. Tu mir nur bitte den Gefallen und nutze das Wochenende um nachzudenken", sagt die Erdbeerblonde.
"Gewiss nicht", zwischt der Schwarzhaarige und wieder ist ein gereitztes Schnauben von ihm zu hören.
Die Frau zuckt nur mit den Schultern und verabschiedet sich dann, bevor sie den Zellentrackt verlässt. Sie ist sich sicher, dass Loki nicht ansatzweise so genervt ist, wie er tut, sondern seine schlechte Laune nur als Tarnung dafür nutzt, um nicht einzusehen, dass er genau weiß, wie wahr ihre Aussagen sind.

- I'm here for you - (Loki FF) Where stories live. Discover now