𝐞𝐢𝐠𝐡𝐭𝐞𝐞𝐧

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Seuftzend betrete ich den Kleiderschrank, nachdem Liam und Max es sich wieder auf der Couch gemütlich gemacht haben. Harry folgt mir und kurze Zeit später wird die Tür geschlossen.

Ich sehe mich kurz um und entdecke meinen rosanen Pappbecher, den ich vorhin hier vergessen habe, auf dem Regal stehen. Schnell schnappe ich ihn mir und nehme einen Schluck. Der Wandschrank ist ja schon fast wie mein zweites Zuhause. Grinsend schüttele ich bei dem Gedanke den Kopf, weshalb Harry skeptisch eine Augenbraue hochzieht. „Was ist so witzig?"

Ich winke ab und stelle den leeren Pappbecher neben mich. „Nichts."

Er verschränkt die Arme und verdreht die Augen, ehe er mich schon regelrecht anstarrt. Verwirrt sehe ich ihn an, ehe ich es ihm gleich tue. Wieso machen wir das nur immer wieder?

Er wendet seinen Blick nach einigen Sekunden ab und räuspert sich. „Der Coach hat mich vorhin angerufen. Er hat gesagt, du bist als Kapitän zurückgetreten und ich habe die Stelle jetzt. Wieso hast du das gemacht?"

Ich zucke mit einer Schulter und sehe an die Wand hinter ihm. „Ich weiß, wie viel es dir bedeutet, Teamkapitän zu sein."

Harry hingegen beißt sich auf die Unterlippe und streicht sich durch die Haare. „Danke."
Es ist mehr ein leises flüstern, aber ich verstehe ihn klar und deutlich.

Sein Blick fällt auf meine in Verband gehüllte Hand, ehe er sich leicht anspannt. „Ist das beim Fußball passiert?"

Ich nicke nur stumm. Warum ist er so in Redelaune?

„War ich das? Mal wieder?" er lächelt schwach und kommt einen Schritt näher und will nach meiner Hand greifen, woraufhin ich einen Schritt zurück weiche; sofern dies überhaupt noch möglich ist und meinen Plastikbecher vom Regal stoße. Gottseidank ist er bereits leer.

Seine Augen weiten sich minimal und er sieht mich überfordert an. „Hast du Angst vor mir?"

Gute Frage. Habe ich das? Ich schätze, es war ein Reflex von mir, nach hinten auszuweichen. Bei ihm weiß man nie, was als nächstes kommt.

Ich sehe auf den Boden und zucke leicht mit den Schultern.

Harry beißt sich auf die Innenseite seiner Wange und bückt sich dann, um meinen Becher aufzuheben und ihn wieder auf das Regal zu stellen. „Rosa also, hm?"

Ich hebe meinen Kopf wieder an und sehe ihm erst in die Augen, ehe mein Blick zu seinem Becher huscht. „Blau." stelle ich erneut fest und sehe wieder zu ihm. „Wusste gar nicht, dass du in einer Beziehung bist."

Fragend zieht er seine Augenbrauen hoch, doch als er versteht, worauf ich hinaus will, lächelt er mich frech an und schüttelt den Kopf. „Blau ist einfach meine Lieblingsfarbe." seine Grübchen kommen zum Vorschein und ich kann nicht aufhören, sie anzusehen. Ich hätte auch gerne welche.

Ich nicke nur leicht. „Besser ist es."

Harry runzelt die Stirn. „Wieso?"

Ich kann nicht anders, als die Augen zu verdrehen. „Weil du mich letztens noch flachlegen wolltest, als du betrunken warst." nuschele ich genervt und er zieht eine Augenbraue nach oben, ehe er anfängt zu lachen.

Schön, dass er mich nicht für voll nimmt. Wahrscheinlich denkt er, ich hätte einen sitzen. Dabei ist das nichts, als die Wahrheit.

„Guter Witz." sagt er grinsend und boxt mir spielerisch gegen die Schulter. Ausgerechnet an die Stelle, die sowieso schon von blauen Flecken überzogen ist, weshalb ich leicht nach hinten zucke und die Zähne aufeinander beiße. Grobian.

„Was ist?" er kommt noch einen Schritt näher, sodass ich so langsam nicht mehr weiß, wohin ich ausweichen soll.

„Nichts." gebe ich also nur kurz von mir und ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass gerade mal drei Minuten vergangen sind.

Ohne darüber nachzudenken zieht Harry den Ärmel meines Tshirts ein Stück nach oben, sodass meine Schulter zum Vorschein kommt. Er zieht die Luft etwas ein und sieht mich an, ehe er den Ärmel wieder runter macht.

„Hast du noch mehr davon?" fragt er leise, woraufhin ich stumm auf meinen Magenbereich zeige.

Keine Sekunde später hat er mein Tshirt einfach nach oben geschoben, weshalb ich ihn fassungslos ansehe. Er kann doch nicht einfach machen, was er will. Doch er beachtet mich gar nicht, denn er ist viel mehr damit beschäftigt, meinen Oberkörper zu mustern.

„Scheiße, ich..." fängt er an und lässt mein Tshirt wieder fallen. Sein Blick wandert von meinem Gesicht, zu meiner Hand, zu meinem Bauch und dann wieder zurück zu meinem Gesicht. „Ich wollte das nicht."

Ich verschränke die Arme vor der Brust. „Ach nein? Wolltest du nicht? Wieso hast du es dann getan?" frage ich sauer, weshalb Harry's Blick sich auf den Boden richtet.

„Ich wusste ja nicht, dass das so schlimme Konsequenzen mit sich zieht.." nuschelt er leise, doch ich kann nur fassungslos den Kopf schütteln.

„Ach wirklich? Du denkst, du kannst mich wie deinen persönlichen Boxsack benutzen und das würde keine Spuren hinterlassen? Keine Verletzungen? Wie dämlich bist du eigentlich? Gott verdammt, lass mich einfach in Ruhe!" sage ich etwas lauter, mache die Tür auf und stürme raus. Ich ertrage seine Anwesenheit gerade einfach nicht.

Mit schnellen Schritten laufe ich aus dem Wohnzimmer in Richtung Haustür.

„Die sieben Minuten sind noch nicht um!" höre ich Zayn rufen, doch ich ignoriere ihn. Stattdessen knalle ich die Haustür hinter mir zu.

Ich weiß, dass Niall mir hinterherlaufen wollte, aber Liam hat ihn davon abgehalten. Ich brauche jetzt echt meine Ruhe und das scheint er zu wissen.

Die eiskalte Luft trifft mich wie ein Schock und ich fühle mich mit einem mal wieder total klar im Kopf, weshalb ich schnellen Schrittes den Heimweg antrete. Ich bin schon in meiner Straße angekommen, als ich jemanden einige Meter hinter mir vernehme.

„Louis, warte!" höre ich Harry's Stimme rufen, ehe sich seine Schritte beschleunigen. Und somit auch meine. Es ist ungewohnt, wenn er mich beim Vorname anspricht und dennoch wäre ich deswegen tatsächlich fast stehen geblieben. Es klingt schön aus seinem Mund und das sollte es nicht.

Plötzlich wird mein Handgelenk von seiner Hand umgriffen, weshalb ich stehen bleibe und mich zu ihm umdrehe. „Was willst du?"

„Ich wollte dir nicht weh tun..."

„Hast du aber." antworte ich ihm und sehe ihn gefühlslos an.

„Gott, jetzt heul doch nicht so rum. Du hast echt ein verdammtes Herz aus Glas, weißt du das eigentlich?" sagt er laut, ehe er die Augen verdreht und mein Handgelenk los lässt.

Dann frag dich doch mal wieso, du Arschloch.

„Und du hast ein beschissenes Herz aus Plastik! Du interessiert dich für niemanden, außer dich selbst!" sage ich wütend und balle meine Hände zu Fäusten.

Einige Sekunden ist es still zwischen uns und wir starren uns an. Mal wieder.

„Ich bin verrückt nach dir, siehst du das denn nicht?" flüstert er schon fast.

„Guter Witz, Harry. Das ist doch wieder irgendeins von deinen blöden Spielchen."

plastic hearts [L.S.]Onde histórias criam vida. Descubra agora