Kapitel 39

7K 223 127
                                    

>>Noch exakt, beinahe auf die Stunde genau, zwei Wochen bis zur ersten Prüfung.<< verkündete mein Geschichtslehrer rücklings an sein Pult gelehnt. >>Euer A-Level naht!<< 

Diesen Satz durften wir als Abschlussstufe uns zurzeit mehrmals täglich anhören. Als sei uns allen dieser Druck nicht schon längst bewusst. Gerade hier im Leistungskurs trieb uns diese Bemerkung allmählich Schweißperlen auf die Stirn. Auch die Nachmittage waren stressiger als gewöhnlich, da die meisten Lehrer kurz vor knapp noch versuchten uns das wichtigste mit auf den Weg zu geben. Das führte allerdings dazu, dass Melissa, Lily und ich täglich bis spät Abends an unseren Schreibtischen arbeiteten oder die Bibliothek nach nützlichen Informationen durchstöberten, denen sich das Internet womöglich gar nicht bewusst war. Leider blieb dadurch auch jegliche Zeit mit Jenny auf der Strecke. In den vergangenen zwei Wochen hatten wir uns auf Schüler-Lehrer Kontakt im Unterricht oder während der Vollyballstunden, die ein willkommener Ausgleich zu allem waren, begrenzen müssen. Auch Jenny war mit ihren Vorbereitungen und dem Korrigieren einiger Unterstufenarbeiten ziemlich ausgelastet. Mit einigen Nachrichten, die jedoch zumeist recht dürftig ausfiehlen mussten wir uns begügen.
Mr Bancrofts tiefer Stimme lauschend, wie er versuchte uns auf den letzten Metern noch das kulturelle Erbe des Imperium Romanum nahezulegen, schweifte ich immer wieder in Gedanken ab, glitt beinahe in tiefe Tagträume hinein. Ich erinnerte mich zurück an einen der besten Urlaube meiner Kindheit beziehungsweise Jugend. Jener bestand aus einer drei wöchigen Rucksackwanderung durch die schottischen Highlands, vorbei an alten, bröckelnden, mit Moos bedeckten Ruinen und pendelnd von einem schnuckeligen B&B zum nächsten. Die feucht-kalte Luft konnte ich praktisch spüren, obwohl ich nur den stickigen Duft des Klassenzimmers einatmete. Wie sehr ich mich doch jetzt dorthin sehnte, was ich dafür geben würde mit Jenny eine solche Wanderung zu unternehmen. Konnte sich Jenny überhaupt für derartige Unternehmungen begeistern? Ich grinste über meinen eigenen Gedankengang und beschloss Jenny eine Nachricht mit eben dieser Frage zu schreiben, als gäbe es gerade nichts wichtigeres auf der Welt.

'Magst du lange Wanderungen?' tippte ich.

>>Zoe!<< tönte mein Geschichtslehrer von vorne, riss mich damit aus meiner alternativen Realität und kam mit langsamen Schritten auf mich zu. >>Du kannst uns ja jetzt sicherlich zum Stundenabschluss die drei primären Gegner der antiken-paganen Überlieferung samt ihrer Lebensdaten an die Tafel schreiben, nicht wahr?<< feixte er in der überlegenen Vermutung ich könnte es mit Sicherheit nicht.

Doch, obwohl ich nicht aufgepasst hatte konnte ich alle drei. Innerlich dankte ich meinem Vater mir seine leseverrückten Gene mit auf den Weg gegeben zu haben mithilfe derer ich bereits das ein oder andere Geschichtsbuch verschlungen hatte. Viel war nicht hängen geblieben, aber warum auch immer, das schon. Ich stand also auf, nahm Mr Bancroft die Kreide aus der Hand und als ich die Namen vorne an die Tafel schrieb, sogleich auch sein kesses Grinsen aus dem Gesicht. Eigentlich mochte ich ihn ja, aber manchmal konnte er zu unaufmerksamen Schülern eine wahrhaft grausame Bestie sein.

Direkt nach der Stunde sendete ich die bereits getippte Nachricht und begab mich zu meinem nächsten Block. Es vibrierte in meiner Tasche und in heilvoller Erwartung sowie gelichzeitiger Überraschung bezüglich Jennys schneller Antwort zog ich mein Handy wieder hervor. Doch statt einer privaten Nachricht von ihr erschien eine allgemeine Email an das ganze Volleyballteam.

'Liebes Team, im Hinblick auf euren nahenden Schulabschluss haben unser Internat und eine Schule des Nachbarortes Kuggar ein Volleyballtunier hier bei uns organisiert. Es findet am Samstag des nächsten Wochendes nachmittags um 16 Uhr statt. Ich weiß, ihr müsst lernen, aber ein derartiger Ausgleich tut euren grauen Zellen allgemein sehr gut. Seid bitte zum aufwärmen umgezogen bereits um 15:30 Uhr in der Halle. Was das Abbauen betrifft, reicht mir eine helfende Kraft und da hatte sich Zoe schon für bereit erklärt. Ich freue mich auf euch, hoffentlich fit und motiviert. Bis dann, eure Miss Blake!'

Thoughts - Wenn die Liebe anders denkt (gxt) (GirlxTeacher)On viuen les histories. Descobreix ara