Kapitel 8

49 12 33
                                    

Alexanders Atem stockte und sein Blick verhakte sich mit den dunklen Augen Morettis, der sich breitbeinig nur wenige Meter von ihm entfernt in der Mitte der Sackgasse aufgebaut hatte. Seine Gedanken rasten, verflochten sich miteinander, bauten sich zu einem Sicherheitsnetz auf – er brauchte eine glaubwürdige Geschichte, und zwar sofort. Doch noch bevor er seinen Mund öffnen konnte, erklang bereits eine Stimme von hinten.

„Alec?" Er brauchte nicht einmal einen Blick über seine Schulter werfen, um zu wissen, dass Moore gerade mit geweiteten Augen zurückwich. Ihr Ton war trotz des einsilbigen Wortes deutlich zittrig gewesen, und das leise Klappern von Absätzen auf der Straße verriet ihm, dass sie einen taktischen Rückzug antrat. Ihn kümmerte es nicht, was sie vorhatte – er würde hier auch ohne Hilfe wieder herauskommen.
Mit ruhigem Atem zog er eine Augenbraue hoch, wandte sich jetzt vollständig Moretti zu. „Mein Kontaktmann, Rossi, hat mir den Wagen besorgt. Kommt er Ihnen bekannt vor?"

Für einen winzigen Moment glitt sein Blick über die beiden Bodyguards, die sich jetzt rechts und links von Moretti aufgebaut hatten und den kleinen Italiener um zwei Köpfe überragten. Einer von ihnen trug nur ein schwarzes Muskelshirt, was deutlich zeigte, wie kräftig er war. Seine dunkelbraune Haut spannte sich über den Bizeps, der sicher doppelt so ausgeprägt war wie Alexanders... aber er war nicht hier, um mit rabiater Kraft zu kämpfen. Eine Chance hätte er sowieso nicht – der zweite Schrank hielt seine Hand verdächtig nah an der Seitentasche seiner Cargojacke, und am Gürtel seiner dunklen Hose zeigte sich der Ansatz eines Pistolenholsters.

„Rossi meinte, ich könnte die Aufmerksamkeit einiger... interessanter Personen auf mich ziehen, wenn ich dieses Nummernschild habe", erklärte Alexander aalglatt, seinen Kopf leicht in den Nacken lehnend – ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen. „Wie es scheint, behält er wie üblich recht."
Morettis Mund verzog sich zu einer Grimasse und er ließ seine zuvor verschränkten Arme an die Seiten fallen, einen Schritt zurücktretend. „Junge, du bist naiver, als du aussiehst." Der Journalist hob und senkte seinen Brustkorb bewusst ruhig, auch wenn sein Herz in dessen Inneren viel zu schnell pumpte. Er musste sich gedulden, nur noch einen Moment warten, dass Moretti einen Fehler beging, bevor er zuschlagen konnte...
„Nur, weil Rossi der häufigste Nachname in Italien ist, heißt das nicht, dass wir auch einen davon in unserem Unternehmen haben."

Nicht der Italiener hatte den Fehler gemacht, sondern Alexander selbst. Er war gestolpert, als er im Dunkeln getappt war... aber sein Sicherheitsnetz würde ihn auffangen. Wie jedes Mal. „Mein lieber Signore Moretti... eigentlich solltet Ihr doch wissen, dass-"
Er wurde unterbrochen. Sie hatte ihm nicht einmal zugehört – seiner Stimme, die Menschen in Verzweiflung oder Ekstase stürzen konnte, seinen Worten, die gehört werden wollten. Und sie war ihm mitten im Satz dazwischengefahren.
Ein dumpfer Schlag, Schreie, Schüsse. Metall wurde zerfetzt, irgendwo hinter ihm, und hastige Schritte kamen näher.
Sein Herz hatte nicht einmal Zeit, einen Schlag auszusetzen, bevor die Situation eskalierte.

Das leise Ächzen, das er ausstieß, als er sich plötzlich auf dem Boden wiederfand, war mehr durch Überraschung als durch Schmerz zu begründen. Die Luft wurde ihm dennoch aus den Lungen gepresst, von einem Moment auf den anderen traf sein Brustkorb hart auf den Asphalt und seine Sicht verschwamm. Ihn hatte etwas in der Kniekehle getroffen, und ein Gewicht in seinem Rücken drückte ihn nach unten – bevor es genauso schnell verschwand, wie es gekommen war, indem es nach vorn hetzte.

Seine aufgeschürften Hände, mit denen er sein Gesicht in der letzten Sekunde vor der Kollision mit dem Straßenboden hatte abhalten können, meldeten sich mit leichtem Schmerz, als er sie gegen den Asphalt presste. Ein winziger Kiesel schnitt in seine Handfläche, aber dafür hatte Alexander jetzt keine Aufmerksamkeit übrig – denn der Anblick, der ihn erwartete, als er den Blick wieder hob, war fesselnd.

Seine stärkste WaffeWhere stories live. Discover now