Dasein

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Eine ganze Stunde ist vergangen, in denen Jack durch die Wälder irrte. Aber keine einzige Spur von Elsa. Er hatte ja die stille Hoffnung, sie hätte irgendwo Eis hinterlassen oder sowas, aber anscheinend hatte sie ihre Kräfte besser unter Kontrolle, als sie selber glaubte. Seine Augen waren müde vor lauter Anstrengung, die Dunkelheit erschwerte ihm die Suche beträchtlich. Nach ein paar weiteren Minuten ging ihm der Atem aus, seine Beine zitterten vom ganzen hin- und herrennen. Bislang hatte er jedoch keinen einzigen Gedanken an seine schwindende Kraft verschwendet, nur Elsa war es, die sein Gehirn voll und ganz beherrschte. Mittlerweile saß er auf einem schmalen Holzstamm. „Das ist doch alles nicht mehr normal", flüsterte er und lehnte sich erschöpft nach vorne, stützte seine Ellbogen auf den Knien ab, als auch schon sein Kopf in die Handflächen fiel. Diese ganze Sorge, das Herzklopfen, die Nervosität und, vor allem, dieses nagende Gefühl der Hilflosigkeit. Noch nie ist ein Mädchen an ihn herangekommen, viele hatten versucht, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Aber nie ist er darauf angesprungen. Aus dem simplen Grund, weil ihn keines dieser naiven Teenagerinnen interessiert hat. Und dann taucht aus dem Nichts Elsa auf. Ein junges Mädchen mit der gleichen Kraft, wie seine, die es nicht einmal drauf angelegt hat, seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Nun war es Jack, der wie ein Welpe hinter ihr herrannte. Der sich über jede Kleinigkeit, die sie tat, Gedanken machte. Der Herzklopfen schon allein beim Anblick ihrer Haare bekam. Keine Ahnung wieso, aber ihre Haare hatten es ihm angetan. Vor allem, wenn sie sie offen oder zu einem Zopf geflochten über der Schulter trug.

Jack war so in seinen Tagträumen versunken, dass er das leise Wiehern beinahe nicht hörte. Er stand auf, und sah sich genauer um. Er war ganz nah an den Wildgehegen. Da fiel ihm wieder ein, dass dies und die kleine Lichtung die einzigen Orte sind, die Elsa überhaupt von diesem Wald kannte. Und auch, dass sie die Gehege sehr gemocht hatte wegen... Oh man. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht, dachte sich Jack nur über seine Dummheit und steuerte sofort in den Wald zu den Gehegen. Nach wenigen Minuten waren diese auch erreicht und siehe da, ein blonder Schopf saß an der vergitterten Pfütze, die Arme um ihre Knie geschlungen und den Kopf darauf abgestützt. Jack viel ein Stein vom Herzen und fuhr sich erneut durch die Haare. Langsam, ohne sie ein weiteres Mal erschrecken zu wollen, ging er auf sie zu. Elsa reagierte nicht, als er sich wortlos neben sie im Schneidersitz hinsetzte und auf die Pfütze starrte.

„Hierher bin ich geflohen, als ich mich nach dem Schneesturm vor den Lehrern versteckt habe", sagte Jack. Elsa horchte auf, starrte aber weiterhin auf die Pfütze.

„ich hatte nicht wirklich Angst vor den Konsequenzen von Seiten der Lehrer", fuhr er fort und lehnte sich etwas zurück. „Dass ich des Öfteren was ausfresse war ja bekannt, aber das war ein ganz neues Level. Vielmehr hab mich vor der Standpauke meiner Mutter geängstigt." Er lachte bei der Erinnerung. Ja, seine Mutter hatte eh schon Schwierigkeiten, ihren aufgedrehten, enthusiastischen Sohn zu bändigen und war dementsprechend auch nicht begeistert, als die Schule eine Eule geschickt hat.

„Ich hab mir die Drachen angesehen, mein bester Freund Hicks hat mich damit wohl angesteckt. Du musst wissen, dieser Typ hat nichts weiteres im Kopf als Drachen und seine Freundin." So langsam wurde er nervös, Elsa zeigte nicht den Hauch einer Reaktion, Er fragte sich, ob sie überhaupt noch zuhörte.

„Ich hatte immer das Gefühl, dieser Ort wäre sicher, obwohl jeder als erstes hier nachschauen würde, wenn jemand wegläuft. Das scheinen die Gehege wohl an sich zu haben. Du hättest auch zur Lichtung rennen können, aber nun sitzt du genau hier."

Dann, endlich, sprach Elsa. „Ich habe Bruni nicht hier."

Verwirrt, über diesen unzusammenhängenden Satz, sah er sie fragend an. „Du meinst deine Echse?"

„Salamander, ja. Er ist mein Trostspender. Ich habe das Gefühl, nur er ist in der Lage, mein Herz aufzutauen, wortwörtlich. Jahrelang, beinahe die Hälfte meines Lebens, war ich alleine, hatte keine Familie mehr, keine Freunde."

Hogwarts On Ice ~ A Tale of Frost and a Witch (Jelsa)Where stories live. Discover now