Angst

74 8 3
                                    

Die darauffolgende Nacht war eine der schlimmsten, die Elsa je erleben musste. Das gestern hatte viel mehr in ihr wachgerüttelt, als sie wollte. Die ganze Nacht folgte ein Albtraum dem anderen, mit Erinnerungen, die sie jahrelang zu verdrängen versucht hatte. Alle halbe Stunde wälzte sie sich hin und her, wachte schweißgebadet auf und zu allem Überfluss hatte das Bettlaken eine hauchdünne Schicht Eis abgekriegt. Punkt zwei Uhr morgens gab Elsa es schließlich auf, nochmal einzuschlafen. Ein weiteres Mal ertrug sie diese Bilder einfach nicht mehr. Hundemüde stand sie von ihrem schmalen Bett auf, ihre Knochen fühlten sich an, als wären sie versteinert worden. Sofort zog sie sich ihre schneeweißen Handschuhe über, dabei fiel ihr Blick auf den schlafenden Salamander, der tiefenentspannt auf dem Rücken lag und alle vier Beine von sich gestreckt hat. Elsa musste kichern, dieses kleine Reptil hatte einen besseren Schlaf, als ihn jeder Schlaftrunk auslösen könnte. So brachte sie es einfach nicht übers Herz, ihn zu wecken, also schnappte sie sich ihren Umhang, warf ihn um ihren Körper, der nur in einem dunkelvioletten Pyjama steckte. So leise wie möglich schlich die Blondine aus dem Schlafsaal und war wahnsinnig froh, dass keines der anderen Mädchen wach wurde. Dabei musste sie an Honeymaren denken und ihren Bruder. Nach dem Unterricht hatten beide sie total fertig im Gemeinschaftsraum aufgefunden und sofort versucht sie aufzumuntern. Und was war Elsas Reaktion? Sie war aufgestanden und einfach gegangen und wanderte einmal quer durch das ganze Schloss, ohne Ziel oder Mission.

Und genau das machte sie auch jetzt. Gerade schlenderte sie durch den großen Flur Richtung Speisesaal. Über die Aufsicht musste sie sich keine Sorgen machen, die heutige Nachtwache übernahm der sympathisch verpeilte Kräuterkundeprofessor Oaken.

Mutterseelenalleine schlenderte Elsa nun durch die verlassenen Gänge Hogwarts. In solchen Momenten fragte sie sich oft, wie ihr Leben wohl laufen würde, wenn sie wenigstens einen Freund hätte. Eine Person, welche sich Sorgen um sie machte, wenn sie alleine durch dunkle Gänge lief, versuchte sie aufzumuntern, wenn es ihr nicht gut ging. Diese Person hätte damit einen Full-Time-Job, denn so oft, wie sie sich in Trauer wälzte, konnte niemand für einen da sein. Jedoch waren im Moment die einzigen Personen um sie herum auf Leinwänden abgebildet. Portraits von großen Zauberern und Hexen, welche große Dinge getan hatten. Keinen einzigen kannte sie, aber je mehr Elsa sah, desto mehr bekam sie das Gefühl, hier absolut fehl am Platz zu sein. Denn, etwas, was wirklich nur die Schulleitung und die Lehrer wussten, war, dass sie nicht einmal eine richtige Hexe war. Nur ein Muggel mit außergewöhnlichen Kräften.

Bei den Gedanken zog Elsa ihren Zauberstab aus ihrer Manteltasche. Ein präparierter Stab, der von außen so aussah und funktionierte, wie ein richtiger, aber er war eine spezielle Auftragsarbeit für sie gewesen. Vom Schulleiter höchtpersönlich. Wenn Elsa ihn schwang und einen Spruch dazu aufsagte, passierte in Wirklichkeit nichts, aber für die anderen war genau der Zauber zu erkennen, den er beschwören sollte. Und dazu noch fehlerfrei, bald würde sie also als Vollzeitstreber bekannt werden, und das, obwohl sie nicht einmal zaubern kann. Seufzend steckte sie den Zauberstab wieder ein und wollte zurück zu den Schlafsälen gehen, als ihr, beim Vorbeigehen, ein Portrait ganz besonders ins Auge stach. Ein Zauberer mit markanten Gesichtszügen, blasser Haut und hellbraunen Haaren stand auf einem Felsen. Stolz hielt er einen Besen in der Hand und trug die Farben des Slytherinhauses. Doch was besonders herausstach waren diese stechenden, dunkelbauen Augen. Augen, die Elsa so unheimlich bekannt vorkamen, dass es fast schon unheimlich war. Sie brauchte einen Namen. Hastig suchte sie den gesamten Bilderrahmen ab, in der Hoffnung eine Gravur oder ähnliches zu finden, aber Fehlanzeige.

Nach weiterem Suchen nach bekannten Details, gab Elsa es schließlich auf. Vielleicht hatte sie sich das alles nur eingebildet und sie kannte diesen Zauberer nur aus Büchern, die sie vor ihrer Ankunft in Hogwarts durchstöbert hatte.

Aber auch, als sie zurück in ihrem Bett lag, Bruni neben ihr auf dem Kopfkissen, konnte sie diese Augen nicht vergessen. Diese Ausstrahlung hatte etwas Vertrautes, aber irgendwie auch wieder nicht. Als hätte Elsa sie schon mal gesehen, aber noch nicht oft. Nach weiteren Minuten voller Grübeln, schlief Elsa schließlich ein. Und den Schlaf hatte sie bitter nötig. Denn immerhin würde ab morgen ihre zusätzliche Trainingseinheit beginnen und dafür brauchte sie alle Nerven, die sie kriegen konnte.

Hogwarts On Ice ~ A Tale of Frost and a Witch (Jelsa)Место, где живут истории. Откройте их для себя