F ü n f u n d z w a n z i g

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~ Linn ~

Mit Herzrasen sprintete ich die Stufen hoch und badete mich förmlich in meinem Parfüm. Das was ich jetzt gesehen habe, saß mir noch immer tief in den Knochen und ließ mich aufs neue ständig erschauern. Meine Knie drohten zusammenzubrechen, als ich den Garten der Sebors durchrannte und ich zitternd meine Haustür aufschloss.
Kaum war ich drinnen war, knallte ich die Tür schon außer Atem zu, wobei mir panisch der Schlüssel aus der Hand rutschte. Fluchend hob ich ihn auf und brauchte viele Versuche, bis die Tür abgeschlossen war. Erleichtert wollte ich mich gegen die Tür lehnen und zu Boden rutschen, aber mir fielen die Fenster ein.

Wie ein Tornado stürmte ich von Zimmer zu Zimmer und verdeckte jedes Fenster mit den Jalousinen. Im Dunkeln stolperte ich die Treppe hinauf und stürzte. Mein knielanger Rock hinderte mich daran sofort wieder aufzustehen und ich blieb bebend auf den Stufen liegend.
Ich hatte keine Tränen mehr.
Ich wünschte ich hätte über irgendetwas weniger geweint, damit ich jetzt weinen konnte. Weinen wollte.

Meine Wölfin schien meine innere Panik noch weiter zu verstärken. Sie war sowieso ein eher schreckhaftes und schüchternes Wesen, das dazu neigte ihre Gefühle auf mich zu übertragen. Mein versiegeltes Talent machte die Lage nicht besser. Schmerzhaft verzog sich mein Gesicht als ich an das eine Kindheitserlebnis zurückdachte und ich bettelte meine Wölfin an die Bilder aus meinem Gedächtnis und meinen jetzigen Gedanken zu empfangen. Stattdessen erinnerten wir uns beide an die Szenen gerade eben. Mein Herz raste unrhythmisch.

Das schmerzvolle Heulen hatte mich mitten ins Herz getroffen und ich war praktisch dazu gezwungen nachzuschauen was los war. Es war das Heulen meines Mates gewesen. Angst ist da schon aufgetaucht. Paranoid drehte ich mich ständig auf dem erstebesten Weg in den Wald der Siedlung um. Ich kannte diesen Wald nicht - noch dazu war ich auch kein Mitglied des Rudels - und verlief mich im Baumgefecht oft. Doch dann stieß ich auf den Autoeingang der Siedlung. Eine dunkle Gestalt war gerade dabei etwas hochzuheben uund ließ den Gegenstand auf eine weitere Gestalt fallen. Es wurde viel herumgeschrien, meistens von einer weiblichen Stimme. Eine laute und ruhige fast schon zynische Stimme hob sich von der Situation ab. Sie erstellte die Spannung, die die Luft erdrückte.
"Lasst sie los."

Mein Wolf spinnte die letzten Tage sehr, wodurch ich nicht viel Kontrolle über meine normalen Werwolffähigkeiten hatte. Ich konnte im Dunklen nicht mehr so gut sehen und meine Ohren konzentrierten sich auf zu viele Sachen aufeinmal. Ich kniff die Augen zusammen und sah wenige Meter vor mir die Person mit der ruhigen Stimme die Szene betreten. Innerlich hätte ich schreien können, weil die Personen zu weit weg waren, damit ich sie ohne Kräfte erkennen konnte. Ich verfolgte die Geschehnisse ruhig und gespannt.

Wenige Sekunden später rannte jemand auf der Straße neben mir vorbei. Es war ein schluchzendes Mädchen. Eine Blondine. Konnte es Amy sein? Sie rannte verweint weg und verwandelte sich kurz darauf in einen Wolf.
Amy ist eine Werwölfin.
Geschockt drehte ich mich zu der Szene zurück und sah nun zwei Wölfe miteinander kämpfen. Woher kamen die beiden?! Verdammt, war das ein Rudelkampf? Ich sollte lieber so schnell und unauffällig wie möglich flüchten. Kurz danach purzelten die beiden Wölfe in den Wald. Irgendetwas in mir veranlasste mich, mir die Gestalt am Boden anzuschauen. Mit viel Mut und Angst tappste ich vorsichtig auf die Gestalt zu und sah einen großen, blutenden Jungen. Mir stockte der Atem.
Jason?
Seine Schläfe war überdeckt mit Blut und es ragten auch einige Knochensplitter aus der Verletzung. Atemlos näherte mich ihm, um zu schauen, ob er noch atmete. Plötzlich schlug er wie mir neuen Lebenskräften die Augen und versuchte sich aufzusetzten, aber fiel dann - von Schmerzen überwältigt - zurück. Ich ging einen Schritt näher auf ihn zu und er erblickte mich schwach. Ein Lächeln schlich sich auf sein Gesicht, als er ein Wort mit den Lippen formte.
"Lauf."
Verstört wich ich nach hinten aus und hörte im Wald die Kampfgeräusche der anderen beiden Wölfe. Meine Wölfin zog mich hin und so klar in Gedanken wie ich war - also gar nicht - rannte ich auf sie Szene zu.

ᴡᴇʀ ᴠᴏɴ ᴜɴꜱ ʜᴀᴛ ᴀɴɢꜱᴛ ᴠᴏʀ ᴅᴇᴍ ʙᴏ̈ꜱᴇɴ ᴡᴏʟғ? ✔️Where stories live. Discover now