18. November 2055

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Tagelang hatte Kieran mit sich zu kämpfen gehabt. Er war vollkommen ausgelaugt. All seine vorhandenen Kräfte waren erschöpft. Er fühlte sich vollständig überwältigt. Eine wahre Lawine war über ihm eingebrochen und hatte ihn mit sich gerissen. Nur mit unvorstellbarer Mühe hatte er sich an einem Ast festhalten und hochziehen können. Aber nun war er fertig. Es steckte kein Fünkchen Energie mehr in ihm.

Viel zu erschöpft, um sich zu bewegen, lag er im weichen Gras zwischen den Bäumen. Er hatte sich seinen Gefühlen gestellt und nun fühlte er sich tot. Sie hatten ihn vernichten wollen und das hätten sie auch fast geschafft. Er wollte nur noch schlafen. Vermutlich für immer.

Aber das konnte er sich nicht leisten. Er musste hier weg. Schon viel zu lange war er hier verweilt. Irgendwann würden sie ihn finden. Darauf würde er vorbereitet sein. Doch jetzt durften sie ihn unter keinen Umständen erwischen. Würden sie es tun, wäre er erledigt. Er musste sich zusammenreißen. Musste einen klaren Kopf behalten.

Jedoch war das schwieriger, als gedacht. Immerhin spukten nun die Gesichter seiner Eltern in seinem Kopf herum. Gesichter, die er zuvor nicht gekannt hatte. Ob das jetzt ein Segen oder ein Fluch war, wusste er nicht. Darum würde er sich später kümmern.

Seine Freiheit hatte er wieder. Jetzt durfte er sie nur nicht wieder verlieren. Mühsam richtete Kieran sich auf. Vorher musste er sich Gedanken machen. Welches Handeln wäre nun sinnvoll? Auf keinen Fall durfte er einfach Hals über Kopf losstürzen. Jetzt war Flavio sein Feind. Und Flavio kannte ihn. Er wusste, dass er sich am liebsten in die Natur zurückziehen wollte. Fernab der Menschen. Kieran hasste die Menschen aus tiefster Seele. Genau deshalb durfte er sich nicht zurückziehen.

Denn das war es, was man nicht von ihm erwarten würde. Sie würden an den abgelegenen Orten nach ihm suchen. Niemals kämen sie auf die Idee, dass er sich unter den Menschen befinden würde. Schon gar nicht würden sie erwarten, dass er sich den Menschen unterordnen würde.

Langsam nahm ein Plan in seinem Kopf Gestalt an. Ihm war bewusst, dass die Mutanten, die nicht im Krieg kämpften, in den Haushalten der Menschen dienten. Aber die Menschen zeigten „ihre" Mutanten nicht öffentlich herum. Dafür verabscheuten sie die Andersartigkeit dieser zu sehr.

In ihren Augen waren die Mutanten ein Schandfleck, der zwar ungemein nützlich, aber auch verpönt war. Das war seine Chance. Diese gewöhnlichen Menschen, die weder für das Militär, Ambrosia, noch für die Regierung arbeiteten, würden ihm in keiner Weise gefährlich werden können. Lästig, ja. Aber damit würde er umgehen könne. Außerdem war dies für den Moment die beste Lösung. 

Entstehungsgeschichte einer BestieWhere stories live. Discover now