|Chapter 18|

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Blut rann aus meinem Mund, meine Augen waren glasig und ich keuchte schwer. Entsetzt öffnete ich meinen Mund und blickte verschwommen auf das Schwert, welches tief in meinem Bauch steckte. ,,Was geschehen ist, ist geschehen.", hauchte eine Stimme, tief und voller Trauer. Ich ließ meinen Kopf sinken, wollte aufgeben, schloss meine Lider. Geschehen kann vieles im Leben. Ruckartig öffnete ich meine Lider erneut. Es erklang ein ekelerregendes Geräusch, als ich das Schwert mit meiner in Blut getränkten Hand herauszog und es neben mich fallen ließ. Ich spuckte erschreckend viel Blut aus, als ich mich aufrichtete. ,,Was geschehen ist, mag meine Vergangenheit definieren, aber nicht meine Zukunft." Das Schwert neben mir spiegelte das Licht der aufgehenden Sonne, während das Blut an beiden Seiten herunterlief.

Ich setzte mich nicht ruckartig auf, als ich aufwachte. Ich betrachtete die glühenden Adern nicht erschrocken und wünschte mir, dass alles normal wäre. Als ich meine Lider aufschlug und der Traum sich vor meinem geistigen Auge erneut abspielte, fühlte ich mich in dem bestätigt. Mir fehlte nach wie vor eine Antwort auf die Frage 'warum', aber das hielt mich nicht davon ab, die Fakten im Blick zu behalten.

,,Guten Morgen, Teufelchen.", begrüßte mich Raphael im Bus. Ich setzte mich zu ihm und erwiderte seinen Gruß. ,,Guten Morgen. Ich habe heute die ersten beiden Stunden frei, du auch?" Als Raphael bestätigend nickte, wippten seine welligen, haselnussbraunen Haare leicht mit. ,,Ich schulde dir noch einen Kaffee. Season's?" Ein Mundwinkel glitt nach oben. ,,Darauf wollte ich hinaus.", erwiderte ich. ,,Sehr gerne."

Er strahlte eine angenehme Wärme aus, die sich im ganzen Bus auszubreiten schien. Ich ließ mich in dem Sitz etwas nach unten rutschen und döste. Fünf Minuten einfach einmal nichts tun. Trotzdem spürte ich ganz genau, als sein Oberarm meinen streifte. Kälte, vermutlich durch seine Jacke. Draußen fiel der Schnee noch immer dicht, nur nachts hörte es für wenige Stunden auf zu schneien.

Wir waren die Letzten die ausstiegen, als wir an dem Schultor vorbeiliefen und die den Lärm der Schüler hinter uns ließen. Stillschweigend liefen wir durch den dichten Schnee, zwischendurch spürte ich, wie Schnee in meinen Schuh gelang und meine Socken durchnässte. ,,Wohin bist du die Woche über verschwunden?", fragte ich so beiläufig wie möglich. Wenn ich nicht fragte, konnte mir auch keiner antworten. Aus dem Augenwinkel heraus sah er zu mir. ,,Familienangelegenheiten."

Seine abwesende Haltung strahlte eine gleichzeitig eine Kälte aus, die weitaus tiefer reichte, als das gefrorene Wasser auf meiner Kleidung. Ich blieb still und sah auf den Boden vor mir. Nicht, weil mir unwohl wegen seiner Antwort war, sondern weil ich seine Verschwiegenheit akzeptierte und respektierte. Raphael seufzte laut. ,,Das war nicht meine Absicht, Teufelchen." Sowie die Kälte gekommen war, verschwand sie auch, als er sich entschuldigte.

,,Ich weiß.", antwortete ich ehrlich. Beim Café angekommen, öffnete er die Tür und lächelte mich an, als er mir diese offen hielt, sodass ich hindurch gehen konnte. ,,Ganz der Gentlemen.", seufzte ich und klimperte mit meinen Wimpern, als ich mich im Café zu ihm umdrehte. ,,Und niemand weiß, wie lange so etwas bei ihm anhält."

Michael kam hinter der Bar hervor und legte seine Hand auf meine Schulter. Er war kein Mensch der großen Berührungen und das war komplett okay für mich. Immerhin war ich nicht besser. Mein Blick glitt von dem einen Silberäugigen zum anderen. Ihre Ähnlichkeit war verblüffend und doch strahlten beide etwas vollkommen Unterschiedliches aus. Raphael streckte seine Hand aus und sah Michael an. Dieser erwiderte seinen Blick ohne ein Zucken der Wimpern und griff nach Raphaels Hand. ,,Lange nicht mehr gesehen.", sagte Raphael freundlich und beide schüttelten sich die Hände.

,,Was führt euch hierher? Schwänzt ihr die Schule?" Michael wandte sich mir zu und machte eine tadelnde Geste mit seiner Hand. ,,Auf jeden Fall.", stimmte ich ihm zu. ,,Wir haben die ersten beiden Stunden frei.", erklärte Raphael schließlich und Michael deutete uns, sich auf die Barhocker zu setzten.

,,Und da Raphael mir noch einen Kaffee schuldet, dachte ich, dass das der perfekte Zeitpunkt wäre." Wir gaben bei ihm unsere Bestellung auf und während Michael ein paar Meter entfernt an der Kaffeemaschine stand, drehte ich mich auf dem Hocker zu Raphael.

,,Guck mich nicht so an, sonst könnte noch jemand denken, dass du mich magst.", meinte er gelassen uns ich schüttelte leicht meinen Kopf, als er lächelnd zwinkerte. ,,Je mehr du es dir einbildest, umso schmerzhafter wird es für dich, wenn es später nicht so ist." Fassungslosigkeit stand in seinem Gesicht geschrieben, als ich ihm lächelnd auf die Schulter klopfte. ,,Nimm es nicht so schwer auf, aber nicht jedes Mädchen interessiert sich für dich."

Eine glatte Lüge, zumindest was mich betraf. Nicht unbedingt aus den Gründen vieler anderer Mädchen aber auf eine andere Art und Weise. Michael stellte meinen Kaffee vor mir ab und danach den von Raphael. ,,Danke, Michael."

,,Ich muss zugeben, dass du mich manchmal an eine Giftschlange erinnerst.", sagte Raphael. Vollkommen ernst lief er neben mir her, als wir auf dem Rückweg zur Schule waren. Ich hatte gerade den Kragen meiner Jacke etwas hochgezogen, als er das sagte. Verwirrt zog ich meine Augenbrauen hoch. ,,Weil ich gefährlich bin?" Ein kurzes auflachen konnte ich mir nicht verkneifen, als ich die Worte von dem Blonden am Vortag zurückdachte.

,,Nein, Teufelchen. Weil du unberechenbar bist." Ich hörte an seiner Stimme und der Art wie er sprach, dass er das nicht negativ meinte. Seine silbernen Augen trafen auf meine blauen und es fühlte sich für einen Moment wie das kollidieren zweier Planeten aufeinander an. Ich war die erste, die den Blickkontakt abbrach.

Schweigend erreichten wir das Schultor und liefen über den Schulhof. Der Schnee war plattgetrampelt und hier und dort lagen Eis- und Schneebälle herum. Abgesehen davon war der Schulhof leer. Wir liefen die Treppe hoch und er begleitete mich zu meinem Spind. Ich nahm das Buch, welches ich für die nächste Stunde brauchen würde heraus und drehte mich dann zu Raphael.

,,Danke für den Kaffee." Als Antwort bekam ich ein aufrichtiges Lächeln. ,,Immer gerne." Ich schloss den Spind ohne meinen Blick abzuwenden. Bevor ich meinen Mund öffnen konnte, um mich zu verabschieden, beugte sich Raphael vor.

Seine Bartstoppeln kitzelten, als er einen Kuss auf meine Wange hauchte und sich ohne ein Wort umdrehte. ,,Wer ist jetzt die Schlange?", sagte ich, laut genug, dass er es hören konnte. Doch ich bekam als Antwort nur das Läuten der Schulklingel zu hören. Für einen Moment blieb ich ohne etwas zu tun stehen und realisierte das Geschehene. Seine große Gestalt verschwand hinter einer Wand. Dann drehte ich mich mit gehobenen Mundwinkeln um und lief zum Klassenraum.

,,Er hat was getan?" Seraphina zog die Aufmerksamkeit aller auf sich, als sie ihre Stimme erhob. Diese Dramaqueen konnte wirklich keiner toppen. Obwohl, ich wette Mary würde es schaffen. Ich verdrehte amüsiert meine Augen und schrieb das Datum auf das Blatt vor mir. ,,Wir haben doch gerade erst darüber gesprochen! Du hattest mich dafür aus dem Bett geworfen, falls du dich in deinem vernebelten Gehirn daran erinnern kannst!", zischte sie und wandte sich beleidigt von mir ab.

Olivia hinter uns beugte sich zu mir vor. ,,Was ist denn los?" Ich hatte keine Möglichkeit ihr zu antworten, denn Seraphina drehte sich ruckartig zu ihr um. ,,Ich habe ihr gesagt, dass eine gewisse Person nicht gut für sie ist. Und hört sie auf mich? Nein, natürlich nicht."

,,Jetzt halt mal die Luft an. Ich habe niemals gesagt, dass er mir in der Weise etwas bedeutet, wie du es jetzt gerade darstellst.", erklärte ich. Im Augenwinkel sah ich, wie sich auch die beiden anderen Cheerleader vorbeugten um das Schauspiel mitzuerleben. ,,Wegen dir kriege ich noch verdammt viele Sorgenfalten. Ich fühle mich wie ein verdammtes Huhn, welches ständig auf das Küken aufpassen muss."

Ich musste mir auf die Lippe beißen, um ein Lachen zu unterdrücken. ,,Jetzt wirst du aber gemein.", Leicht kräuselte ich meine Nase. ,,Sei lieber froh, dass ich dir trotzdessen, dass du die Person nicht leiden kannst, davon erzähle." Olivia nickte bestätigend, als hätte ich die richtige Lösung einer Matheaufgabe genannt. ,,Ist ja gut."

Devilish SaintsWhere stories live. Discover now