42

14.9K 530 38
                                    

>>Manchmal stoßen wir die Menschen, die wir lieben weg,
um sie zu beschützen und merken dabei gar nicht,
dass wir sie damit am meisten verletzen. <<

-Unbekannt-

Wir mussten tatsächlich bis in die frühen Morgenstunden warten, ehe wir endlich befreit wurden. Zum Glück wusste Kian, wo Essen und Getränke waren, denn nachdem die Batterie der Taschenlampe leer war, musste er sich blind auf die Suche danach machen. Obwohl wir so viele Stunden aufeinander gehockt hatten, war ich nicht mehr auf sein verhalten zurückgekommen und Kian hatte ebenfalls so getan als sein alles wie immer. Er hat mich nicht angefasst, bis auf die wärmenden Umarmungen und er hat auch keine Anstalten gemacht mich zu küssen oder sonstiges in der Art.

Ich musste zugeben, dass mich das enttäuschte. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie hatte ich gehofft, dass meine Tollpatschigkeit zumindest teils etwas Gutes haben würde.

Nachdem ich auf Kian gestützt aus dem Keller gehüpft war, entschuldigte Lilian sich an die hundertmal bei mir, aber ich winkte ab. Sie war viel beschäftigt gewesen mit den Gästen und am ende schien sie den anderen zufolge auch noch sturzbesoffen gewesen zu sein. Ich wollte ihr nicht noch einen Vorwurf machen, wenn der Kater sie eh schon genug bestrafte. Außerdem musste sie auch noch das Chaos beseitigen, dass die anderen hinterlassen hatten. Dennoch hielt sich mein Mitleid deutlich in Grenzen.

Kian fuhr mich fürsorglich und pflichtbewusst zum Arzt und auch dort sprachen wir nur über unverfängliche Themen und ich hatte das unangenehme Gefühl, dass er meinem Blick auswich, traute mich aber nicht, ihn danach zu fragen.

Der Arzt sagte, ich habe nur eine Prellung und meine Sehne wäre leicht überdehnt. Für die nächsten zwei Wochen sollte ich Sport vermeiden und in den ersten Tagen einen Stützverband tragen.

Auf der Rückfahrt, machte Kian dann eine Bemerkung, die mich irgendwie ärgerte, denn er fragte völlig zusammenhangslos: „Und, wie läuft es mit Logan?" ich wusste nicht, ob das Spott oder einfach nur Gleichgültigkeit in seiner Stimme war.

„Es läuft überhaupt nichts, weil ich nicht auf ihn stehe, was ich dir schon mindestens hundert mal gesagt habe." Überhaupt wusste ich gar nicht, warum ich mich vor ihm rechtfertigen musste.

„Und mit Gale?"

Ich sah ihn nur an. Was hatte er denn bitte für ein Problem?

Aber ich antwortete nicht sondern verschränkte nur die Arme vor der Brust und sah aus dem Fenster.

Sollte er doch denken was er wollte. Das war mir zu blöd.

***

Am Montag in der Schule hatte ich eigentlich vor, Kian jetzt endgültig zur Rede zu stellen und hoffte, ihn nach dem Unterricht abpassen zu können, aber Lilian war schneller und als sie auf mich zu gerannt kam, flammte Besorgnis in mir auf.

Ich lief ihr entgegen und bedachte sie mit einem prüfenden Blick „Oh Gott, Lil, was ist los?" fragte ich und legte meine Hände an ihre Schultern, damit sie mich ansah.

„Ich weiß nicht.. mein Dad. Ich habe gerade einen Anruf bekommen." Sie wirkte verwirrt und ein wenig hysterisch „Er liegt im Krankenhaus. Schon seit Freitag." Tränen traten ihr in die Augen.

Ich erstarrte. Das hatte ich komplett vergessen. Kian hatte seinen Dad geschlagen. Mir wurde übel bei dem Gedanken daran, aber ich kannte den Grund und ich kannte Kian. Er hatte es nicht tun wollen. Sein Dad hatte ihn provoziert.

Ich schenkte Lilian einen mitleidigen Blick und tat, als wüsste ich nicht, was passiert war. Das hier war Kians Sache und ich würde mich nicht einmischen. Er musste selber wissen, was er jetzt tun würde.

my brother's enemy is my best friend's brotherWhere stories live. Discover now