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>>Der Mensch ist vielerlei. Aber vernünftig ist er nicht. <<
-Oscar Wilde-

Danach wurde erneut gedreht. Jede Runde wurde es ein wenig schwieriger, indem irgendwelche zusätzlichen Aufgaben abverlangt wurden. Manche konnte man nicht überprüfen, aber einige andere (wie einen Knutschfleck machen) eben schon.

Ich war ziemlich erleichtert, weil ich eine ganze Zeit lang nicht mehr drankam. Ich hatte mich schon ziemlich entspannt und als Kian mir schweigend einen Becher reichte nahm ich ihn entgegen ohne zu fragen, was drinnen war.

Es war jedoch klar, dass es nicht lange dauerte bis meine Glücksspanne ein Ende fand.

Nachdem die Flasche zuerst auf Kian gezeigt hatte, landete sie beim zweiten Mal drehen auf mir.

Ich bemerkte die enttäuschten Gesichter der anderen Mädchen und vermied den Augenkontakt mit Kian, der aufstand und mir dann ein Hand hinhielt, um mir beim Aufstehen zu helfen. Ich ergriff sie und wurde nervös.

Was war nochmal die Aufgabe für diese Runde gewesen? Überlegte ich fieberhaft und hoffte, dass es nichts allzu Schlimmes war, während ich Kian folgte.

Als die Tür hinter mir geschlossen wurde, stand ich unschlüssig da und sah überall hin nur nicht zu Kian. Allerdings spürte ich seinen Blick auf meinem Gesicht und so sah ich ihn schließlich doch an.

Er lächelte schief und machte einen Schritt auf mich zu.

unsicher fummelte ich am Saum meines Shirts.

„Ausgerechnet wir beide." sagte Kian mit dem Anflug eines Grinsens „ich bin mir nicht sicher, was dein Bruder davon halten würde."

Ich schnaubte „Vermutlich würde er mich persönlich hier raus schleifen." Meine Stimme klang bitter, weil ich an seine Kritik an meinem Outfit dachte.

„In etwa wie eben, als er dir gedroht hat, dich im Auto einzusperren?" fragte er sarkastisch.

„Du hast das mitbekommen?"

Er hob nur die Schultern.

„Elian glaubt einfach er könnte mir alles vorschreiben." Ich fuhr mir durch die Haare. „Er begreift einfach noch nicht, dass ich kein zehnjähriges Mädchen mehr bin."

Er machte noch einen Schritt auf mich zu und ich wich zurück, aber er folgte mir, bis er nur noch einen halben Meter von mir entfernt stand. 

„Worum genau ging es denn in eurer letzten Diskussion?" fragte er.

„Den Teil hast du also nicht gehört?" ich seufzte „Seiner Meinung nach, ist mein Outfit zu freizügig."

Kians Blick wanderte über meinen Körper. Langsam wanderte er von meinen Beinen hinauf zu meinem nackten Bauch, bis zu meinem Gesicht zurück. Er neigte leicht den Kopf „Naja, meinst du nicht er hatte vielleicht recht?" fragte er leise. Er kam noch näher und stützte seinen Arm neben meinem Kopf ab.

„Bist du jetzt auf seiner Seite?" fragte ich spöttisch.

„Nein, aber ich glaube dir ist nicht klar, dass es für viele eben schon ein Anreiz ist, etwas zu tun, was du nicht möchtest, wenn du dich so anziehst."

Ich hob die Augenbrauen „Du klingt wie El." Kian verzog das Gesicht, was mir ein Lächeln entlockte „dabei seid doch gerade ihr beiden, diejenigen, die ständig Mädchen abschleppen, die genau solche Sachen tragen."

Er betrachtete mich aufmerksam „Der Unterschied ist nur, dass du nicht wie sie bist."

„Warum nicht?"

Er zögerte, dann sagte er leise: „Es gibt Mädchen, wie meine Schwester, die wissen, wie sie mit Jungs umgehen und die haben Erfahrung, aber du..."

Wütend wollte ich mich an ihm vorbeidrängen, aber er hielt meinen Arm fest.

„Was ist?" fragte er fast verwirrt und ich stieß ein trockenes Lachen aus 

„Ist das dein Ernst? Erst beleidigst du mich und dann tust du auf Unschuldig?"

Er wirkte perplex „ich habe dich doch gar nicht beleidigt."

„Klar." Fauchte ich „Ich weiß doch was du sagen wolltest; ich habe keine Erfahrung mit Jungs, weil ich nicht so hübsch bin wie diese ganzen anderen Mädchen, aber ganz im Ernst? Vielleicht will ich ja gar keine von deinen Betthasen sein." Mein Gott, wie sind wir denn jetzt bitte auf dieses Thema gekommen?

Kian unterdrückte ein Lachen „Betthasen?" fragte er ungläubig und am liebsten hätte ich nach ihm geschlagen, aber er hielt nun auch meine andere Hand fest.

„Okay, jetzt hör mal zu." Sagte er ruhig und sah mich eindringlich an „Zum ersten, bist du ganz und gar nicht hässlich oder sowas und das wollte ich auch gar nicht sagen, und zum zweiten ist es einfach ein wenig... unfreundlich, wenn du dich so anziehst. Glaub mir, nahezu jeder in dem Raum da draußen wäre gerne hier in dem Raum mit dir, vor allem in dem Outfit. Aber jeder an der Schule weiß, dass du tabu bist."

Verständnislos sah ich ihn an „Wer sagt das denn?"

Überraschung huschte über sein Gesicht „Dein Bruder?" er runzelte die Stirn „ich dachte dir wäre klar, dass er jeden der auch nur einen Hauch an Interesse an dir zeigt zur Schnecke macht."

Ich schnappte nach Luft „Im ernst?"

Er nickte.

„Dieses Arschloch!"

Kian grinste. „Wow, mal wieder stachelig, Hedgy?" er ließ meinen Arm los und grinste.

„Halt die Klappe" fauchte ich und spürte wie Wut in mir aufstieg. Wie konnte Elian es wagen, sich das Recht herauszunehmen, mir meine Chance auf einen Freund zu verwehren?

Mein Kopf arbeitete auf Hochtouren, während ich nach einer Möglichkeit suchte, um es ihm heimzuzahlen. Es reichte! Ich wollte Elian endlich klar machen, dass er nicht das Recht hatte, mich ständig zu bevormunden. Ich war alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen und die Leute zu daten die ich wollte (oder überhaupt jemanden zu daten).

Ich sah Kian an und plötzlich hatte ich eine Idee.

Kian schien meinen Gesichtsausdruck zu bemerken und ein wenig skeptisch sah er mich an. 

„Ich habe das Gefühl, dass dieser Gesichtsausdruck nichts Gutes bedeutet." Murmelte er.

Und vermutlich hatte er recht. Das was ich vorhatte war wahrscheinlich eine ganz miese Idee und vielleicht würde mein Plan auch nach hinten losgehen, aber das war mir in dem Moment egal. Ich wollte meinem Bruder nur endlich zeigen, dass er nicht länger die Kontrolle über mein Leben hatte.

„Wärst du bereit mir zu helfen?" fragte ich Kian und er legte den Kopf schief.

„Das kommt ganz darauf an wobei."

„Dabei meinem Bruder zu beweisen, dass ich selber Entscheidungen treffen kann."

„Na dann hau mal raus."

In diesem Moment ging die Tür auf und Lilian stand da. Ihr Gesicht war erwartungsvoll, als ich von ihr zu ihrem Bruder zurücksah. Er nickte mir zu, bevor er ohne ein weiteres Wort in das größere Zimmer zurückging und sich in den Kreis setzte.

my brother's enemy is my best friend's brotherWo Geschichten leben. Entdecke jetzt