8. Schlaflose Nacht

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Fairytales Sicht:

Es ist echt außergewöhnlich, was da mit Mia und mir passiert. Es ist nicht normal. Es fing damit an, dass sie mich sah und mich hörte. Wir sprachen miteinander, wir saßen direkt nebeneinander und haben uns sogar berührt. Danach kam noch dazu, dass ich ihre Nähe spürte. Ich musste mich nicht mal umdrehen, um zu wissen, dass sie hinter mir stand. Dann fing ich an, mit ihr zu fühlen. Ich fühlte alles mit, was sie fühlte. Und jetzt höre ich auch noch ihre Gedanken! Was geht da mit uns vor? So nahe sind sich noch nie in der ganzen Geschichte ein Mensch und ein Elf gekommen. Natürlich freue ich mich darüber, aber es ist auch unheimlich. Liegt es an mir? Oder an Mia? Sie ist so anders als andere Menschen. Sie selbst merkt es zwar nicht, aber es ist so. Ich glaube ihre Freundin Charlotte weiß es auch. Die beiden sind so verschieden, aber doch wie füreinander geschaffen. Sie ergänzen sich. Es ist so, wie bei mir und Mia. Wir passen zusammen, obwohl wir nicht einmal aus der gleichen Welt kommen. Es hat etwas Magisches. Ich bin auf dem Weg nach Hause. Mia braucht mich heute nicht mehr. Auch sie muss nachdenken und braucht Zeit für sich. Ich bewundere sie ein bisschen. Würde mich immer, mein ganzes Leben lang ein Junge folgen, ich wäre verrückt geworden. Mia dachte ja auch eine Zeit lang, sie würde verrückt werden. Ich habe das gespürt. Aber ich muss immer bei ihr sein. Das ist nun einmal so. Ich finde es auch nicht immer so prickelnd immer ihr Leben verfolgen zu müssen, aber eigentlich macht es mir ja Spaß. Ich habe ja auch keine andere Wahl. Ich weiß, dass Mia wissen will, warum ich das mache, aber ich weiß es selbst nicht. Ich verstehe es selbst nicht. Ich weiß nur, dass wir Elfen schon immer bei den Menschen sind und sie begleiten. Warum, weiß glaube ich keiner so genau. Es ist nunmal unsere Bestimmung. Wir können nichts dagegen unternehmen. Wir wollen auch nicht. Nur einer wollte nicht mehr. Er wollte das alles nicht mehr. Sein Partner war schwer depressiv. Durch die Verbindung, die wir Elfen zwischen dem Menschen und einem selber aufbauen ging es auch ihm sehr schlecht. Er wollte nicht mehr zu David in die Menschenwelt. Er wollte nicht mit ansehen, wie es ihnen beiden immer schlechter ging. Ich denke, wenn er weiterhin bei David geblieben währe, hätten sie beide weiterleben können. David nahm sich das Leben und auch der Elf starb. Er war mein Bruder. Ich habe ihn über alles geliebt. Wir hatten alles zusammen gemacht, wenn wir nicht gerade bei unseren Partnern waren. An dem Tag, an dem er starb hörte Mia auf mit mir zu reden. Das ist jetzt schon fünf Jahre her. Heute vor fünf Jahren. Ich denke immer noch oft an meinen Bruder. Ich komme zu dem Portalbaum, laufe unter dem untersten Ast durch und murmle: "Satakieli" und komme in meinem Dorf an. Ich laufe direkt zu meinem Lieblingsplatz, weil ich alleine sein will. Er liegt außerhalb des Dorfes. Es ist eine große alte Eiche. Sie liegt schon etwas schräg, was aber praktisch ist, um besser hochzuklettern. Ich setzte mich auf einen Ast ganz weit oben und schaue der Sonne beim Untergehen zu. Hier saß ich oft mit meinem Bruder. Wie saßen genau auf diesem Ast nebeneinander, haben uns erzählt, was den Tag über so passiert ist, haben Karten gespielt, haben gesungen, oder einfach nur geschwiegen. Schweigen konnte man besonders gut mit ihm. Ich spüre, wie mir eine Träne die Wange herunterläuft. Ich würde alles dafür geben, ihn wieder bei mir zu haben. Naja, alles außer Mia. Ohne sie wäre ich völlig verloren. Nicht einmal mein Bruder könnte ihren Platzt in meinem Herzen füllen. Was wäre ich nur ohne sie? So sehr ich meinen Bruder auch vermisse, ich darf mich nicht hängen lassen. Für Mia. Das würde auch sie runterziehen. Der Himmel wird ganz rot. Ich liebe das Abendlicht. Auf dem Ast unter mir sitzt eine Nachtigall und singt. Aus dem Dorf klingenleise Melodien. Das Land, das wir hier haben ist perfekt. Manchmal denke ich, dass es fast zu perfekt ist. Immer wird gesungen und getanzt. Die Stimmung ist eigentlich immer gut. Manchmal meine ich, ich würde lieber in der Menschenwelt leben.

Fairytales Sicht ende

Ich stehe an meinem Fenster und spüre plötzlich unendliche Traurigkeit in mir aufsteigen. Ich schaue zu der untergehenden Sonne und habe das Gefühl ganz weit weg gehen zu wollen. Ich spüre, wie mir eine Träne die Wange runterläuft. Ich trauere. Über was oder wen weiß ich nicht, doch es fühlt sich richtig an zu weinen. Ich höre eine Nachtigall singen. In der Ferne wird Musik gespielt. Ich spüre Wut und Trauer und Verzweiflung in mir. Die Gefühle vermischen sich. Ich schlafe weinend ein und träume von einem Jungen, der sich das Leben nimmt und dadurch auch seinen Begleiter in den Tot stürzt. Auf einmal sehe ich Fairytale. Seine Augen sehe ich keinerlei Emotion. Er betrachtet seinen toten Bruder. Ich weiß, es ist sein Bruder und sie standen sich sehr nahe. Erst später versteht Fairytale, dass sein Bruder nie mehr da sein wird. Ich sehe sein mit Tränen überstömtes Gesicht. In seinen Augen sehe ich Schmerz und Verzweiflung. Ich wache auf. Wieder weine ich. Habe ich überhaupt aufgehört zu weinen? Ich weiß es nicht. Es war ein schrecklicher Traum. Das Schrecklichste daran war aber, dass ich weiß, dass er echt ist. Was geschieht hier? Woher nehme ich die Gewissheit und woher weiß ich das alles? Warum spüre ich es? Warum weine ich so sehr? Ich bin so unendlich traurig.

Wieder Fairytales Sicht:

Oh Mia, es tut mir so, so sehr leid, dass du das alles mitfühlst. Ich spüre ihre Verwirrtheit und leise Verzweiflung. Sie trauert mit mir. Sie weiß auch worum wir zusammen trauern. Ich sitze immer noch auf dem Ast. Mittlerweile ist es schon mitten in der Nacht. Die Tränen laufen mir immer noch übers Gesicht. Irgendwann schlafe ich mit dem Kopf an den Stamm gelehnt ein. Endlich habe ich den Schlaf gefunden und muss nicht mehr weinen. Ich träume von meinem Bruder...

Fairytales Sicht ende

Endlich kann ich einschlafen. Ich muss nicht mehr weinen. Ich höre Fairytales leise Entschuldigung an mich. Ich habe unruhige Träume. Alles ist verschwommen. Immer neue Einblicke in Fairytales Leben. Das Gesicht seines Bruders. Er lacht. Dann das nächste Bild. Fairytales Bruder mit starren Augen, weißem abgemagerten Gesicht. Fairytales vor Schmerz verzerrtes Gesicht. Dann ein Sonnenuntergang. Der ganze Himmel ist rot. Eine Pistole. Ein Junge. Er liegt neben der Pistole auf dem Boden. Es ist schrecklich. Ich will aufwachen, doch ich kann nicht. Noch einmal schnell hintereinander Bilder von Fairytale mit seinem Bruder. Sie lachen und singen. Dann wird alles ganz ruhig. Ein Bach. Er fließt weiter. Immer weiter und wird breiter. Irgendwann ist es ein breiter Fluss und mündet ins Meer. Diese Nacht war ich die ganze Zeit bei Fairytale.

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Das achte Kapitel :)

Das traurigste bisher.

Nochmal danke für' s Lesen! <3 :D

Freue mich über Votes und Kommentare ;)

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