Who are you?

1. Stimmt mit mir etwas nicht?

Da ist er schon wieder. Ich stehe gerade an einer Straßenecke und warte auf meine beste Freundin Charlotte. Er steht auf der anderen Straßenseite und starrt mich an. Er hat blonde Haare und eisblaue strahlende Augen. Er sieht aus wie ein Junge in meinem Alter. Also ist er ungefähr 16 Jahre alt. In letzter Zeit sehe ich ihn fast jeden Tag. Er steht immer einfach nur da und schaut mich an. Anfangs hatte ich Angst vor ihm. Ich dachte er ist so was wie ein Stalker oder so. Einmal hatte ich allen meinen Mut zusammen genommen, mich zu ihm umgedreht und ihn gefragt, wer er ist. Er hatte mich nur angelächelt und ist weggegangen. Nach ein paar Schritten wurde sein Umriss immer verschwommener und nach einem Schritt mehr sah ich ihn gar nicht mehr. Er war weg. Ich war völlig geschockt nach Hause gegangen und ging direkt in mein Zimmer. Ich dachte mir ich wäre verrückt geworden. So etwas sieht doch auch kein normaler Mensch!

Charlotte kommt angerannt. Sie ist mal wieder zu spät. Zur Begrüßung umarmt sie mich. "Hey Mia! Entschuldigung ich bin wieder zu spät. Mein Bus..." Ich lache. Ja das ist meine allerliebste Freundin! Wir machen uns auf den Weg ins Kino. Wir wollen in Das Schicksal ist ein mieser Verräter. Wir bekommen leider keine guten Plätze mehr aber was solls. Ich schaue mich im Kino um. Zwei Reihen hinter uns sitzt er wieder. Als ich ihn anschaue lächelt er mich an. Ich lächle leicht zurück. Ich habe meine Angst vor ihm verloren. Man gewöhnt sich an ihn. Ich finde es schon fast beruhigend, das er immer da ist. Da gehen die Lichter aus. Der Film fängt an.

Bei dem Abspann bleiben wir noch ein bisschen sitzen. Während alle anderen schon gehen. Er ist immer noch da. Auch er bleibt sitzen. Nach ein paar Minuten verlassen wir das Kino und machen uns auf den Weg in die Stadt. Dort setzen wir uns in mein Lieblingskaffee. Es ist ganz klein und niedlich eingerichtet und es hat den besten Schokokuchen den die Welt je gesehen hat. Und ja ich liebe so ziemlich alles, was mit Schokolade zu tun hat. Wir reden über dies und das. Über Filme, Fernsehsendungen, Schule, unsere Probleme, wer mit wem geht und den neusten Klatsch. Ich habe den Platz, von dem aus ich aus dem Fenster auf die Straße schauen kann. Er sitzt auf einer Bank und hat ein Buch in der Hand. In dem Moment fragt Charlotte mich: "Was ist eigentlich mit dem komischen Typ der dich beobachtet hatte? Ist er immer noch da?"

Ich hatte ihr von ihm erzählt. Doch dass er sich in Luft auflöst hatte ihr nie gesagt. Ich hatte damals rausgefunden, dass nur ich ihn sehen kann. Charlotte hatte ihn nie gesehen. Auch meine Mutter nicht. Ich finde es echt toll, das Charlotte nach ihm fragt. Es ist schon etwas länger her, dass ich von ihm erzählt hatte. Ich schaue sie an und sage: "Ja, aber er tut ja nichts." "Willst du nicht mal was dagegen tun? Ich meine, das ist doch schon komisch, das du diesen Typen siehst und..." Sie bricht ab und schaut zur Seite. "Meinst du ich sollte mal zu einem Psychater?", frage ich sie und meine das ernst. Auch ich mache mir sorgen, dass irgendwas bei mir nicht stimmt. "Keine Ahnung. Vielleicht sprichst du erst einmal mit deinen Eltern. Dann kann man ja mal schauen...", antwortet sie ausweichend. Wir bezahlen und gehen. Als wir raus kommen schaut er mich an und steht auf. Ich begleite Charlotte noch bis zu ihrer Bushaltestelle und mache mich dann auf den weg nach Hause. Er folgt mir mit ein bisschen abstand. Wie immer. Soll ich mit meinen Eltern sprechen? Und dann auch wirklich zu einem Psychater gehen? Eigentlich ist mir doch nie etwas so schlimmes passiert, das ich jetzt verrückt werde. Ich bin Einzelkind, meine Eltern sind glücklich verheiratet, und auch sonst hatte ich nie einen so großen Verlust, dass mir das so schwer zu schaffen machen würde. Meine Oma ist zwar vor ein paar Jahren gestorben, aber ich hatte nie ein enges Verhältnis zu ihr, da ich sie sehr wenig gesehen habe.

Ich schließe die Haustür auf. "Ah da bist du ja, Mia! Es gibt Abendessen!", ruft meine Mutter aus der Küche. Ich setzte mich zu meinem Vater an den Tisch. Jetzt oder nie. Ich hole tief Luft und fange an zu sprechen...

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So also das ist das erste Kapitel. :)

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