Gefährliche Obsession (37)

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Kapitel 31 

„... Und ich laufe. Ich laufe. Davon. Ich laufe. So schnell und so weit ich kann. Und erst wenn ich nichts mehr spüren kann, erst wenn ich nichts mehr spüren kann. Mir fällt schwer zu unterscheiden, was Wahrheit und was Lüge ist..."

Hochkonzentriert saß ich am Klavier in einem der Musikräume der Uni und spielte ein ums andere Mal dasselbe Lied. Einige der Griffe waren wenig geübt und bereiteten mir Probleme. Umso verbissener bemühte ich mich jetzt, sie richtig zu spielen.

Stur auf die Tasten starrend, spielte ich das Lied erst langsam, dann schnell und schließlich wieder etwas langsamer. Das Singen gab ich auf und konzentrierte mich stattdessen auf eine Stelle am Anfang, bei der ich den Einsatz mehrfach verpasst hatte.

Als ich bemerkte, dass ich nach einer Viertelstunde immer und immer wieder dieselbe Tonfolge spielte, wurde mir klar, dass meine Ablenkungsversuche nichts halfen.

Seufzend legte ich die Hände flach auf die Tastatur und atmete mit geschlossenen Augen ruhig durch, ehe ich anfing, ein leichteres Stück zu spielen.

*Nicht mein Tag.* Dabei ließ ich meine Augen weiterhin geschlossen und gab dem Drängen meiner Gedanken nach. Nach und nach kamen die Bilder wieder hoch.

Die Szene, die sich eine halbe Stunde zuvor abgespielt hatte.

Der Grund, warum ich sauer war.

Auf Daniel.

Auf den Stalker.

Auf die Welt.

Aber irgendwie... auch auf mich selbst.

Kopfschüttelnd versuchte ich wieder, die Gedanken loszuwerden, aber es war, als würde ich das ganze erneut erleben. 

~~~ 

Daniel brauchte einen Moment ehe er reagierte. Dann ließ er den Studenten los und sagte mit drohender Stimme: „Sorg dafür, dass die verschwinden!"

Er zerknüllte das Bild in seiner Hand und steckte es in seine Hosentasche. Der Student rappelte sich mühsam hoch, wobei er Unterstützung von seinen Freunden bekam, die inzwischen bei ihm angekommen waren.

Daniel warf ihnen einen wütenden Blick zu und fügte hinzu: „Ich meine, was ich gesagt habe. Also kümmer dich besser gleich darum." Der Blutverschmierte verschwand daraufhin mit seinen Freunden.

„Amy?" Er blieb vor mir stehen und wartete auf eine Reaktion von mir. Nachdem mir klar wurde, dass Daniel mich angesprochen hatte, sah ich ihn wütend an.

„Du lässt ihn gehen?" Meine Stimme klang brüchig, ganz anders, als ich mich fühlte, auch wenn meine Beine noch zitterten. Er sah kurz dem Studenten nach, der mit seinen Freunden erstaunlich schnell das Weite suchte.

„Ich kann ihn nicht hier halten."

„Aber was, wenn er der Stalker ist? Wenn er mir die Briefe geschrieben hat? Der lässt sich doch davon nicht einfach umstimmen! Was, wenn er..." Daniel schüttelte den Kopf.

„Das war nicht dein Stalker. Bestimmt nicht. Dafür..."

„Woher willst du das wissen? Wir hätten die Polizei rufen sollen!" Unterbrach ich ihn und merkte, wie ich langsam wieder sicherer wurde. Das Zittern ließ nach, die Wut nahm zu.

Sie tat mir sogar richtig gut. Anstatt vor Angst zu zittern, fühlte ich, wie die Kontrolle über meine Handlungen zurückkam und ich fühlte mich stark.

„Wir hätten die Polizei rufen sollen!" Wiederholte ich noch einmal und sah ihn herausfordernd an.

„Er hat nichts von den Briefen gewusst. Glaub mir, er war überrascht." Daniels Stimme war ruhig, kontrolliert. Er kam noch einen Schritt näher und legte beruhigend die Hand auf meine Schulter. Ich schwieg einen Moment.

Gefährliche ObsessionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt