XXXII.

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„Sind Sie damit einverstanden!?"

Stellan blickte in die entschlossenen Augen der Schneiderin, die sich vor einigen Minuten vor ihn gestellt hatte und ihm ihre Idee präsentiert hatte: Sie wollte ihrem Halbbruder helfen. Ihr Ausdruck ließ keine Anzweiflungen zu und der Piratenkapitän war sich sicher, dass sie auch nicht an ihrem Vorhaben zweifelte. Sie hatte kein Geheimnis draus gemacht wer sie war, was auch nicht viel brachte, da er wusste wen er auf seinem Schiff vor Tagen aufgenommen hatte.

Seine braunen Augen wanderten zu Adelaide, die mit gekreuzten Armen neben der Rothaarigen stand – sie unterstützte ihre Freundin und er wollte es ihr ausreden. Aus Angst, dass sie verletzt werden könnte, aber ihr Blick war so intensiv, dass er seine Antwort hinunter schluckte.

Er hatte nicht erwartet, dass sie ihn aufsuchen würden. Er habe stundenlang draußen das Meer und das Dorf beobachtet, um sich von seinen plagenden Gedanken abzulenken . . . Das Bild von Adelaides geweiteten Augen war fest in seinen Erinnerungen gefroren. Sie hatte alles mitangehört, was er Hillsfield erzählt hatte und nun stand sie mit ihrer Freundin vor ihm und forderte gar das Unmögliche.

„Es lauern Gefahren, denen ich euch nicht aussetzen möchte", teilte er Beiden mit und merkte, dass seine Stimme unter den Blicken der beiden Frauen unsicher klang. Als er hinter ihnen Hillsfield erkannte, der mit einem geschockten Gesicht sich ihnen näherte, wusste er nicht, was dieser schon mit anhören musste. Diese zwei Freundinnen hatten sowohl ihn als auch Stellan fest im Griff.

„Es muss doch irgendetwas geben was uns helfen kann", verlautete Adelaide, deren Stimme um etwas weicher klang als die von Gabriella.

„Man könnte mit den Barbaresken verhandeln . . . Aber das haben wir der englischen Marine schon vorgeschlagen."

Adelaides Miene verzog sich, „Aber?"

„Man will uns diesen Gefallen nicht erweisen . . . Dem wichtigen Staatsmann schon, aber Elliot nicht . . . Und es klingt etwas komisch, aber das Geld um die Verhandlungen in Gang zu setzen haben wir nicht. Die Barbaresken sind ein brutales Pack", berichtete der Captain mit einem wütenden Blick. Diese Situation regte ihn noch immer auf.

„Auch wenn ihr unter dem Befehl der englischen Krone segelt und kapert?" fragte Edwin nach, der seinen Gesichtsausdruck wieder im Griff hatte.

„Uns Piraten traut man eben nicht."

Gabriella konnte ihren Kommentar auch nicht mehr zurückhalten. „Diese Feiglinge, nutzen jeden aus für ihre Zwecke."

„Naja, dieses Kaperunternehmen diente zuerst dazu, Napoleon zu bekämpfen . . . Und wer niemand wollte, dass dieser Franzose gewinnt und uns einnimmt."

Die rothaarige Schneiderin und die zwei Männer tauschten kurze Ideen aus; Diskussionen entstanden, die keine Ende fanden und keine Lösungen hervorbrachten. Minuten später waren nur noch Gabriella und Edwin an diesem Austausch beteiligt, während Stellan der nachdenklichen Adelaide zuschaute. Als diese seinen Blick spürte, hob sie ihren Kopf in seine Richtung, bevor ihre Lippen ein kleines und erleichtertes Lächeln formten.

„Mein Vater", sagte sie voller Hoffnung, „Er ist ein angesehener Mann und kann seine Beziehungen spielen lassen. Er wird vom Militär und der hohen Gesellschaft geschätzt . . ."

Alle Blicke waren auf sie gerichtet und Gabriellas Gesicht strahlte. „Das könnte funktionieren."

„M-Mr Kingston?" stotterte Stellan, der keineswegs wollte, dass Allies Vater von seiner Tätigkeit wusste – auch wenn ihm bewusst war, dass der ältere Gentleman dies sowieso herausfinden würde. Jeder in der Gesellschaft würde es wissen, obwohl es ihm anfangs egal war, dass sie alle reden würden . . . Aber es störte ihn, dass Adelaides Name dann auch in diesen Gesprächen fallen würde. Die Gesellschaft war sich nie zu schade, Gerüchte in die Welt zusetzen. Insbesondere die jungen Frauen litten unter solchen Gesprächen, die ihren Ruf ruinierten. Und nun lief auch Adelaide und Gabriella Gefahr zum Gespött zu werden – obwohl der Captain sich sicher war, dass es die Rothaarige wenig interessierte, sie hatte schon öfters für Aufsehen gesorgt und es kümmerte sie recht wenig. Adelaide hingegen würde immer in Anwesenheit dieser Gesellschaft, und somit auch den Gerüchten ausgesetzt sein. Unbedingt wollte der blonde Pirat eine solche Situation verhindern und Adelaide einer solchen Last nicht schutzlos aussetzen.

Die Perle der SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt