XXVII.

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Ihr Herz klopfte wie wild gegen ihren Brustkorb als Allie das Gespräch der Zwei mitanhörte. Sie wollte nicht lauschen, sondern sich nur vergewissern, dass es dem Captain gut ging. Nur hatte sie nicht erwartet, dass sie mehr Informationen erfahren würde als sie eigentlich vorhatte.

Die Dunkelhaarige verweilte länger hinter der Tür; ihre Gedanken rasten durch ihren Kopf. Nicht nur hatte sie Stellans Geschichte über seine Vergangenheit, sondern sein Gefühlslage mitangehört, die die ihre nur noch verkomplizieren würde. Ihre Hand stützte ihr gesamtes Körpergewicht an der Wand. Stellans Reaktion gegenüber dem Thema Mr Stratford und der Lüge von Mr Ashfield, sagten vieles aus. Auch die Tatsache, dass der Captain Gefühle für die junge Adelige hegte, was diese nun erst begriff, obwohl die Andeutungen schon immer da gewesen waren. Hinzu kam, dass er wusste wer sie war.

„Oh . . .", flüsterte sie komplett verloren in ihren Gedanken. Erst als sie Geräusche außerhalb der Taverne hörte, lief sie wieder zum Tisch auf dem sie vor Minuten Robin gebeten hatte, sich um Gabriella zu kümmern, die immer noch in einer heiteren Stimmung war.

„Ihr habt lange gebraucht", kommentierte der Blonde, der mehr als glücklich war, seine Aufgabe wieder abgeben zu müssen – auch wenn die Rothaarige gerade eingenickt war, kostete eine müde und angetrunkene Gabriella viel Nerven.

Adelaides Gesicht verblieb in der selbigen versteinerten Miene als sie sich ohne etwas zusagen ihren vorherigen Platz wieder in Anspruch nahm. Robin, der ihr komisches Verhalten beobachtet, wusste sofort, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. „Ist etwas passiert?"

„N-Nein", murmelte sie mit einem distanzierten Blick, der in ihren hellblauen Augen vorzufinden war. Robin wusste, dass sie log, wollte sie aber nicht zwingen ihm zu erklären was sie gesehen oder gelauscht hatte. Er blieb ruhig – konnte auch nicht anders handeln als Edwin mit dem Piraten zurückkehrte. Das kurze Zusammenzucken und der unsichere Blick Adelaides sagten ihm, dass diese zwei Männer der Grund für ihr mangelndes Wohlbefinden waren.

„Ich bin da, falls Ihr mich braucht", teilte er ihr flüsternd mit. Sie konnte sich immer auf seine Unterstützung verlassen.

Edwin musste fast laut loslachen, als er die Schneiderin am Tisch schlafen sah, hielt sich aber zurück als er feststellte, dass er sie tragen müsste, falls die Gruppe die Bar verlassen würde.

„Werden wir hier übernachten?" fragte er nach, in der Hoffnung nicht mit ihr bis zum Schiff laufen zu müssen – wobei er sie auf seinen Schultern tragen müsste. Das würde die Rothaarige ihn bis zu ihrem Lebensende in Form eines Witzes spüren lassen. Er konnte sich ihre Formulierung schon vorstellen: Der Höllenfeldträger oder Höllentransporter.

„Diese kleine Hexe", zischte Edwin als er ihr schlafendes Gesicht betrachtete.

„Wenn du willst oder zumindest diejenigen, die zu müde sind . . ." Stellans Antwort klang nicht ganz fokussiert; seine Augen waren auf Allie gerichtet, die ihren Blick seit seiner und Edwins Ankunft nicht gehoben hatte. „Ist alles in Ordnung?"

Als er keine Antwort von ihr bekam, sprach er Edwin wieder an, „Ihr alle müsst wohl sehr erschöpft sein."

Edwin nickte mit einem Schmunzeln, sein Blick zu Gabriella gerichtet. „Es wäre besser, wir bleiben noch ein wenig hier. Wo kann man sich hier in einen privaten Raum zurückziehen?"

„Ich werde mitkommen", bestätigte Adelaide als sie aufstand, ihre Stimme fest und laut; sie wollte Edwin und Gabriella begleiten und ließ sich dabei von niemanden abhalten.

Allie starrte zum Fenster hinaus; ihre Augen betrachteten die Sterne die den dunklen Nachthimmel erhellten. Ihre Gedanken waren noch immer sehr verstreut; es war absurd genug auf einem Piratenschiff gelandet zu sein, aber die restlichen Erlebnisse, die dieses „Abenteuer" kürten, waren zu viel für die junge Frau. Die Spiegelung im Fenster zeigte ihr eine schlafende Gabriella, die sich unruhig hin und her wälzte. Seit einer Stunde waren die Zwei in einem Privatzimmer untergebracht worden; nachdem Edwin die Rothaarige ins Bett gelegt hatte, war Adelaide bei ihr geblieben – wenn sie aufwachen würde, würde Allie ihr eine Predigt zum Thema Alkoholkonsum halten. Ein solcher Vorfall ist in ihren Augen ein einmaliges Ereignis gewesen, das Gabriella nicht mehr wiederholen sollte.

Niemand der begleitenden Männer hatte Adelaide angesprochen, sie merkten, dass sie angespannter war als sonst. Sie vermuteten, dass sie müder war als sie zugeben würde und ließen sie deshalb in Ruhe.

Ein leichtes Klopfen ertönte den Raum und konkurrierte mit Gabriellas leichtem Schnarchen, welches Adelaide die letzte Stunde komischerweise beruhigte hatte. Zuerst wollte sie die hölzerne Tür nicht öffnen, entschied sich dennoch aufzustehen.

Sie hatte nicht erwartet, dass es der blonde Pirat sein würde, der sich nun vor ihr befand. Nachdem sie die Tür teilweise geöffnet hatte, hatte sie die Umrisse seines Gesichts erkannt.

„Oh Allen, Ich wollte mich vergewissern, ob es euch beiden gut geht", erkundigte der Captain sich leise, probierte seinen Blick auf Gabriella zu lenken, die noch immer in ihrem Schlaf verweilte. „H-Hillsfield ließ mich nicht in Ruhe, und fragte ständig nach."

„Sie schläft . . .", teilte die Dunkelhaarige ihm mit. Sie wusste nicht was sie ihm sonst erzählen sollte. Jedoch hatte sie ihre Worte geschickt ausgesucht und betrachtete sein Gesichtsausdruck als ihm klar wurde, dass Allie mit Absicht das Wort „sie" gewählt hatte.

„O-oh, und", Stellan hob seinen Kopf in Richtung der wachen und etwas entnervten Dame.

„Ich? Ich weiß es nicht, Captain." Ihre hellen Augen funkelten und es war das erste Mal, dass der Captain ihre Wut spürte; das erste Mal dass sie gegen ihn gerichtet war. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn.

„ . . . J-ja."

„Ihr wisst wer wir sind . . . Warum habt ihr so getan als –", sie unterbrach ihren eigenen Satz als ihr Puls ihren leichten Zorn ermutigte ihm ihre Meinung zu sagen. „Ich habe vorhin alles mit angehört."

Der Captain seufzte laut vor sich hin, als er sich an der Wand abstütze und ein leichtes Grinsen auf seinem Gesicht trug. Obwohl Adelaide eine andere Aura ausstrahlte, schien er die gesamte Situation anders zu interpretieren als sie. „Gottseidank . . ."

„Wie bitte? Ihr hättet uns sofort auf ein Schiff nach Hause bringen können. In Sicherheit! Fern von den Gefahren auf der See! Ich habe doch mitbekommen wer das Kaperwesen finanziert und dass ihr mit der Marine zusammenarbeitet. Man hätte uns sicher nach England geleiten können!" Ihr Kommentar schien brutaler ausgedrückt zu sein als sie dachte – Stellans Gesichtsausdruck war wie verändert.

„A-aber . . .", murmelte er und war ratlos in Bezug des Inhalts seiner Aussage. Wie sollte er seine Gefühlslage erklären, wenn er sie selbst nicht verstand. Es verblieb ruhig bis ihm klar wurde, dass sie vorhin erwähnte, sein Gespräch mit Edwin mitangehört hatte – sie wusste von seinen Emotionen und seiner Liebe zur ihr.

„Oh Gott", brach es aus ihm raus als er realisierte wie absurd es für sie in dieser Lage sein müsste. Die zwei Damen hatten schon genug gelitten und er habe das Ganze unterschätzt, was aber auch daran lag, dass er schon mehrfach Schlimmeres erlebt hatte also die zwei Freundinnen.

Dennoch, wie hätte er ihren Schwindel an Bord öffentlich aufdecken sollten? Die gesamte Mannschaft wäre im Wissen gewesen, und ob das gut war, wusste er nicht. Es war wieder ein Schlag ins Gesicht und Stellan fühlte sich machtlos und verletzt – so wie vor fünf Jahren. „E-Es tut mir leid . . . Es ist nur . . ."

„Bitte sagt nichts mehr", flüstere sie und mied seinen enttäuschenden Blick, „Gabriella ist diejenige die mir im Moment Sorgen bereitet."

Stille überkam die Stimmung für einen Augenblick bevor Stellan wieder etwas von sich gab, „Ich verstehe . . ." Sein trauriger Blick suchte die Dunkelhaarige wieder.

„Da gibt es jedoch etwas, was Ihr über sie wissen solltet."

Die Wut in ihren blauen Augen wandelte sich in Neugierde um.

„Was genau wurde Euch über Gabriellas Familie erzählt?"

„Was meint Ihr?" fragte Allie nach, eine Augenbraue in der Höhe, als sie den Türgriff los ließ, den sie vor wenigen Sekunden noch fest umklammert hatte.

„Miss Bennets Mutter lebt."

Die Unfassbarkeit war deutlich in ihrem Ausdruck zu erkennen. „Bitte was?"
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[A/N: Tut mir leid, dass ich erst jetzt update, war etwas im Stress. Aber das nächste Kapitel für Sonntag ist schon fast fertiggestellt :). Und Vielen Dank Für die vielen Reads, Votes, Comments und Hinzufügen Auf Leselisten! Ich bin ganz aus dem Häuschen :D Das ist der Wahnsinn und ich freue mich über das Feedback :D]

Die Perle der SeeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt