Megan's Sicht
"Wir sollten nicht zu lange draußen bleiben", blickte mich Lena von der Seite an.
Nach dem Vorfall vor dem Schultor, bin ich schnurstracks nach Hause gelaufen.
Sie hatten ja vielleicht nicht mich gemeint. Es gab viele andere Mädchen die neben mir standen, mit einer deutlichen Entfernung, aber trotzdem noch neben mir.
Seit dem Vorfall gingen mir diese haselnussbraunen Augen nicht mehr aus dem Kopf. Nachdem ich mich umgedreht hatte, hatte mich Killian so intensiv angestarrt, sodass es einerseits erschreckend war, andererseits es mir ein wohliges Gefühl gab was seit heute nicht mehr verschwinden wollte.
"Wieso?", zog ich meine Augenbrauen zusammen.
"Es ist Freitag...", zog sie das 'a' lang.
Ruckartig blieb ich stehen.
"Eine Woche ist es schon her?", fragte ich sie mit großen Augen.
"So wie es aussieht, ja", schnalzte sie mit der Zunge.
Weiteres sagte ich nicht mehr.
'Sightless' würde heute wieder für Unruhe sorgen und meine Neugierde, wer hinter der roten Maske stecken könnte, machte sich wieder breit.
Mein Hirn sagte mir, dass mir diese Person schon vertraut vorkam.
"Was passiert eigentlich wenn man sie bei ihrer Aktion stört? Hat das schonmal jemand versucht?", fragte ich neugierig.
Eine zeitlang blieb sie lautlos.
"Bist du geisteskrank?", schrie sie plötzlich laut. "Als ob sich jemand wagen würde 'Sightless' zu stören. Derjenige kann dann froh sein, wenn er ohne Prellungen davon kommt", plapperte sie darauf los.
Von wo wollten sie denn wissen, dass sie der Person schaden würden? Schließlich hatte es noch niemand probiert?
Lenas plötzliche Lache holte mich aus meinen Gedanken raus.
"Was lachst du so bescheuert?", grinste ich, da sie eine außergewöhnliche Lache hatte.
"Stell dir mal vor wie die Jungs einem Zivilisten mit Baseballschlägern hinterherrennen", lachte sie.
Ich stieg mit ein, da diese Vorstellung ziemlich lustig war.
-
"Wie viel Uhr haben wir?", fragte mich Lena.
Ich zückte mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche raus und starrte auf die Uhrzeit.
20:09
"Zehn nach Acht", sagte ich.
"Okay, können wir jetzt bitte nach Hause. Es wird gleich dunkel", sagte sie hektisch.
Wieso hatte sie denn so Angst vor ihnen?
Vielleicht hätte ich es ja auch noch, hätte mich der Typ nicht gerettet.
"Weil sie mir sonst in den Arsch treten und das will ich nicht. Siehst du diesen knackigen Arsch-", dabei drehte sie ihren Arsch in meine Richtung, "den kann nicht jeder haben und ich will ihn gerne noch behalten", motzte sie mich an.
Ich lachte nur.
"Ach komm, wenn er doch so knackig ist hält er schon vieles aus", zwinkerte ich ihr zu.
Im Nachhinein fiel mir ein, wie pervers es sich anhörte.
"Ich m-meine natürlich das s-schlagen, nicht d-du weißt schon", sagte ich peinlich berührt und stotterte.
"Der kleine Engel hat also dreckige Gedanken", lachte sie mich aus.
"Lena!", protestierte ich.
"So heiße ich", lachte sie weiter.
Ich verschränkte nur meine Arme ineinander.
Stumm liefen wir weiter und kamen an einer Kreuzung an. Wo zur Hölle waren wir?
Gerade wollte ich dies Lena fragen, bis wir jemanden brüllen hörten.
"Seid ihr bereit?", schrie diese tiefe Stimme von links.
Diese Stimme kannte ich doch.
"Ohh Shit!", flüsterte Lena hektisch.
Ich beachtete sie gar nicht mehr und sah neugierig nach links.
Eine Horde voller Burschen.
"Komm lass uns schnell weg von hier!", nahm sie meinen Arm und wollte weiter laufen. Ich jedoch entzog meinen Arm aus ihrem Griff und starrte immer noch die Jungs an.
Das waren sie doch. Sightless.
"Masken runter!", ertönte es wieder laut von der bekannten Stimme.
Ganz vorne stand er. Mit dem Rücken zu mir gedreht. Dieser Körper, der mir so bekannt vorkam und nur von Muskeln bepackt worden war. Der Typ mit der roten Maske.
Hinter ihm seine Truppe. Alle schwarz gekleidet, nur ihre Münder und Augen konnte man erkennen. Wie viele waren sie? 15?
"Lass uns dann wenigstens verstecken, Bitte! Ich scheiße mir gleich in die Hose" unterbrach Lena meine Träumerei.
Ihre Stimme zitterte. Kurz blickte ich zu ihr und sah, wie sie eine Träne verlor.
Sie würden ihr nichts machen, da war ich mir sicher.
Trotz dessen schubste ich sie hinter ein Auto und befahl ihr sich zu ducken.
Ich selbst blieb an der gleichen Stelle stehen. Unter einer Laterne, die die steinige Straße perfekt beleuchtete. Mein Blick perfekt auf die Truppe gerichtet.
Ich musste unbedingt wissen wer er ist!
"Achtung!", hörte ich ihn wieder sagen.
Diese Stimme... Killian?
Alle nahmen ihre Aufstellungen auf. Er ganz vorne, die anderen hinter ihm. Mit dem Baseballschläger klopfte er auf den Boden und ließ seinen Blick durch die Straßen wandern, während die anderen auf Nummer sicher gingen und alles überprüften.
Mich interessierten die anderen nicht. Mein Blick galt dem Typen mit der roten Maske. Der Anführer, soweit ich wusste. Jede einzelne Bewegung begutachtete ich seinerseits. Seine Art sich zu präsentieren, faszinierte mich. Er wirkte angsteinflößend. Sogleich aber auch so vertraut. Sein Blick wanderte weiter, bis sein Blick auf mich fiel.
Starr blickte ich ihm entgegen. Ich hatte keine Angst. Er machte mich nervös, doch Angst? Nein.
Ich selbst bewegte mich nicht. Ich fühlte mich wie hypnotisiert, als ob ich meinen Blick nicht abwenden konnte. Ich könnte wetten ihm ging es genauso, denn er schaute mir immer noch entgegen.
Ich muss näher ran... Ich kann seine Augen nicht sehen. Ich brauche Gewissheit.
Lena wimmerte hinter dem Auto leise rum. Flennte sie jetzt etwa?
"Los", sprach der Typ mit der roten Maske nun leiser.
Die anderen hoben nun ihre Blicke und starrten ihn verwirrt an.
Mit einer Handbewegung zeigte er den Typen, loszurennen. Immer noch hielt er unseren Blickkontakt.
Fast alle zuckten mit den Schultern und rannten los. Ich hörte etwas kaputt gehen, worauf ich kurz zusammenzuckte.
Seine Haltung wurde fester. Spannte er sich etwa an?
Nur einer stand noch neben ihm und sah in die Richtung, in die er schaute. Zu mir.
Er klopfte ihm kurz auf die Schulter und rannte selbst los. Was war das denn?
"Sind sie weg?", wimmerte Lena leise.
Ich schüttelte den Kopf. Mir egal ob sie es sah oder nicht.
Langsam bewegte er sich auch und fing an zu joggen. Sein Baseballschläger in der rechten Hand, sein Blick immer noch auf meinem.
Noch wenige Schritte und er wäre genau neben mir. Seine Schritte beschleunigten sich und ich hielt mich schon mal fest um seine Augen zu sehen.
Er wurde schneller, doch vor mir hielt er stand. Stumm beobachtete er mich, grinste mich im Schein der Laterne an und rannte so schnell es ging seinen Jungs hinterher. Ich beobachtete noch seine Silhouette und seinen breiten Rücken.
Ich war in einer Art Schockstarre.
Es war Killian.
What are Those?👞