Serendipity // Michael Cliffo...

By PimpMyIrwin

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Serendipity (n) finding something good without looking for it. Auch die Dinge die man für unmöglich hält, kön... More

Prolog 'Serendipity'
Kapitel 1: Neue Bekannte?
Kapitel 2: Familienleben
Kapitel 3: Wer bestellt Tacos in nem Coffee Shop?
Kapitel 4: Ihre Geschichte
Kapitel 5: Der Morgen danach
Kapitel 6: Ein echter Gentleman
Kapitel 7.1: Dienstage sind ein schlechtes Omen. . .Oder?
Kapitel 7.2: Dienstage sind ein schlechtes Omen. . .Oder?
Kapitel 8: Die Scherben des Alltags
Kapitel 9.1: Seine Geschichte
Kapitel 9.2: Seine Geschichte
Kapitel 10: Ich kann auf mich aufpassen
Kapitel 11: Nur ein Kunde
Kapitel 13: Kein Kind mehr
Kapitel 14: Wir werden sehen
Kapitel 15: Sehnsucht
Kapitel 16: Cola-Date

Kapitel 12: Ich will nicht nach Hause...

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By PimpMyIrwin

Kapitel 12: Ich will nicht nach Hause...

Lias POV

Am nächsten Morgen stand ich wie jeden Samstag hinter der Theke und blätterte in meinem Magazin herum während ich darauf wartete etwas tun zu können. Der seltsame Mann, der jeden Samstag hier ist, war auch dieses Mal wieder da, am immergleichen Platz mit der immergleichen Bestellung.

Michael war noch nicht da aber ich wusste, dass er jeden Augenblick kommen konnte also ging ich im Kopf schon mal die Möglichkeiten durch wie ich ihn zu Max' Party einladen konnte ohne, dass es zu unangenehm für mich wird.

Zu meinem "Glück" hatte Max ihm gestern Abend nach dem Essen noch eine Einladung gemalt, die ich bisher immer noch nicht gesehen hatte. Er hatte sie schnell von Evan in einen Umschlag packen lassen und mir erst dann gegeben, mit der eindeutigen Anweisung sie nicht aufzumachen.

Ich hätte ihm also einfach diesen Umschlag in die Hand drücken und auf seine Reaktion warten können aber irgendwie kam mir das zu schwach vor. So sollte das denke ich nicht sein. Außerdem würde er aus dem Gekrakel wahrscheinlich sowieso nicht schlau werden, da Max nicht wirklich schreiben kann sondern nur irgendwas auf ein Blatt Papier gekritzelt hat.

Während ich so vor mir hingammelte und mir Kim Kardashians neusten Klatsch und Tratsch durchlas, ging die Klingel der Ladentür plötzlich los und hereingestolpert kam ein, wie immer in schlechter Verfassung und kaum auf den eigenen Beinen stehen könnender, Michael.

Er ließ sich auf den Tresenhocker fallen und hielt sich zunächst den gesenkten Kopf bevor er einen Finger hochhielt und auf mich zeigte. "Bitte, frag gar nicht erst und nimm bitte nichts Falsches an. Ich hab mich nicht allein in meinem Zimmer betrunken, ich hab einfach nur zu lange zu viel gefeiert letzte Nacht." Sagte er dann ohne ein anderes Wort davor oder danach. 

Ich gab ihm keine Antwort sondern machte mich gleich daran ihm ein Frühstück und nen extra starken Kaffee zuzubereiten. Während der ganzen Zeit die der Kaffee und das Frühstück brauchte, bekam ich sein Gesicht nicht einmal zu sehen. Er hielt die ganze Zeit über seinen Kopf bloß gesenkt, sodass ich allerhöchstens Mal den Rand seiner Sonnenbrille zu Gesicht bekam. 

So muss sich das also immer für alle anderen Leute anfühlen, wenn ich ihnen mein Gesicht nicht zeige. . . Zugegeben ist es wirklich etwas unangenehm.

"Hey, ist alles in Ordnung?" Fragte ich ihn besorgt als ich seinen Kaffe und sein Tablett vor ihm hinstellte. Ich habe ihn ja schon oft in einer nicht ganz so nüchteren Verfassung gesehen aber in diesem Ausmaß ist er hier noch nie aufgekreutzt, ich hatte schon Angst, dass er jeden Moment vom Hocker fallen könnte.

Michael brauchte einen kurzen Moment aber hob dann schließlich doch noch den Kopf. Ich erschrak als ich seinen Anblick sah. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und blutete leicht und er wirkte noch blasser als sonst. Er setzte allerdings noch einen drauf als er seine Sonnenbrille abnahm und ich erkannte warum er sie so lange aufbehielt.

"Michael, was hast du gemacht?" Flüsterte ich entsetzt wobei ich mich so weit es ging in seine Höhe bückte, damit der Mann in der hinteren Ecke nichts davon mitbekam. Das Risiko war zwar sehr gering aber man kann ja nie wissen.

Ich betrachte sein angeschwollenes, blaues Auge und wartete nicht auf eine Antwort von ihm bevor ich in den hinteren Bereich verschwand und ihm eine Cola Dose aus der Truhe für die Mitarbeiter holte. Normalerweise sind diese, wie man sich denken kann, nur für die Mitarbeiter aber ich war der Ansicht, dass ein Heißgetränk ihm nicht viel bringen würde.

Ich nahm mir schnell noch ein frisches Handtuch in das ich die Dose einwickelte und führte es dann langsam und vorsichtig zu seinem Gesicht.

Michael zuckte kurz zusammen als ich sein Auge berührte aber sah mich dann dankend an und lächelte leicht.

"Ich hoffe das hilft dir etwas, mehr hab ich Moment leider nicht hier um dir zu helfen." Sagte ich leise.

Michael winkte nur ab und hielt seinen Blick wieder unten. "Das ist mehr als genug, danke Lia." Mit seiner rechten Hand drückte er das Handtuch weiterhin an sein Auge und mit der linken versuchte er zu essen.

Nach einer Weile beschloss ich mein Glück nochmal zu versuchen um zu erfahren was passiert war aber ich wollte auch nicht zu neugierig oder aufdringlich wirken also beschloss ich ihn zunächst mal nur nach seinem Wohlbefinden zu fragen.

"Hilft dir die Dose? Ist es noch kalt genug oder brauchst du eine neue?" Fragte ich ihn vorsichtig. Ich war mir nicht sicher wie seine Laune sein würde. Immerhin schien es als sei er verprügelt worden, da konnte sie ja nicht allzu gut sein oder?

"Mir gehts gut, Lia, danke dafür. Es tut gut es ein bisschen zu kühlen aber ich fürchte es wird auch nicht sonderlich viel bringen, oder?" Er sah mich fragend an. "Meine Eltern werden mich umbringen, wenn sie mich so sehen."

Ich schüttelte leicht den Kopf und stützte mich am Tresen ab. "Ich fürchte nicht, dass es viel bringen wird, nein. Darf ich vielleicht mal. . ." Ich streckte meine Hand aus um anzudeuten, dass ich mir sein Auge gerne noch mal ansehen würde. Zum Glück verstand Michael und senkte seine Hand, sodass ich einen freien Blick darauf bekam.

Es sah echt übel aus aber das Licht im Laden war nicht das beste, deshalb konnte ich nicht mal alles genau erkennen. Nachdem ich es kurz inspizierte, seufzte ich leicht und sah ihm dann stattdessen wieder ganz in die Augen. "Hey, ich sag dir was. Ich hab in 34 Minuten Schichtwechsel, wenn du willst, dann kannst du mitkommen und ich guck mal was ich zuhause machen kann." Schlug ich ihm vor.

Sein Gesicht erhellte sich urplötzlich und er nickte schnell. "Das würdest du tun? Das wäre echt super, Lia, danke!" Sagte er laut. Ihm schien seine Lautstärke erst aufzufallen nachdem er zuende gesprochen hatte aber dann sah er sich schnell um und sank noch ein Stück weiter in seinen Stuhl.

"Ja, aber wie gesagt, ich kann dir nichts versprechen. Wir hätten es kühlen müssen, sofort nachdem es passiert ist." Informierte ich ihn. Ich wollte seine Hoffnung nicht unnötig steigern um ihn dann nachher zu enttäuschen.

"Ist schon okay aber es wäre toll, wenn du mir helfen würdest. Weißt du, wenn ich so nach Hause komme und meine Eltern mich sehen, kriege ich nur eine noch heftigere Ansprache als so schon und meine Eltern denken jetzt schon, dass ich 'vom richtigen Weg abkomme'." Er verdrehte die Augen und sah dann wieder zu mir. "Und es ist noch gar nicht sooo lange her, eigentlich ist es passiert etwa eine Stunde bevor ich hierher kam." Sprach er dann weiter. 

Meine Augen weiteten sich vor Erstaunen als ich seine Worte hörte. "Warte, was?" Fragte ich ihn überrascht. "Das ist eben erst passiert? Dann musst du ja schon ziemlich früh. . . Feiern gegeangen sein." Meine Stimme klang wohl etwas verurteilend aber ich konnte nichts dafür. Aus irgendeinem Grund machte ich mir Sorgen um ihn.

Michael sah sich unwohl um und zuckte leicht mit den Schultern. "Naja sagen wir mal, ich bin nur etwas länger geblieben als es geplant war." Sagte er schüchtern.

"Du warst noch gar nicht zu Hause?" Fragte ich weiter. Er schüttelte den Kopf und nahm einen weiteren Schluck von seinem Kaffee. "Oh, okay. Also wie gesagt, ich bin hier gleich fertig." Ich gab ihm ein leichtes Lächeln und bekam eins von ihm im Gegenzug zurück. 

Der stille Mann aus der Fensterecke, verließ den Laden natürlich wie immer zur selben Zeit und kurz danach kam endlich meine Ablösung was bewirkte, dass ich mit Michael verschwinden konnte.

Wir liefen gerade die Straße entlang da fiel mir auf, wie unsicher er lief und bei jedem Schritt sein Gesicht verzog. Besorgt, legte sich meine Stirn in Falten und ich legte meine Hand an seinen Arm um zu bewirken, dass er zu mir sah, was er wenig später auch tat. Mit einem sehr starken, unechten Lächeln, wenn ich anmerken darf.

"Was ist los? Stimmt was nicht?" Fragte ich ihn zaghaft.

"Nichts, was soll denn sein?" Er log mich offensichtlich an und er schien sich nicht mal viel Mühe dabei zu geben, da er schließlich stehen blieb und versuchte tief durchzuatmen während er eine Hand auf seine Rippen drückte.

"Was hast du da, Michael? Hast du Schmerzen?" Ich wartete erst gar keine seiner Ausreden ab bevor ich einen Schritt näher trat und, ohne erst richtig nachzudenken, sein Shirt anhob um zu sehen was ihm dort so weh tat. Um uns herum war sowieso niemand, bloß auf der anderen Straßenseite liefen ein paar vereinzelte Personen.

"Woah, nicht so stürmisch." Hörte ich ihn noch scherzen aber ich ignorierte ihn einfach, weil ich sowieso sprachlos von dem Anblick war, der sich mir bot und damit meine ich nicht seinen Körper sondern die riesigen Prellungen die überall darauf verteilt waren.

"Oh mein Gott, was ist passiert?" Fragte ich ihn alarmiert.

Er winkte nur ab und zog sich sein Shirt wieder runter. "Das sind nur ein paar blaue Flecken, nichts worüber man sich Sorgen machen müsste, Lia." Er ließ mich einfach dort stehen und ging ein paar Schritte weiter bevor er sich nach mir umsah und fragend eine Augenbraue hochzog. "Was ist? Kommst du?"

Ich holte ihn wieder ein und lief letztendlich wieder neben ihm aber ich war immer noch etwas geschockt darüber, wie leichtsinnig er damit umging. Was war denn nur passiert, dass er so aussah? Ich dachte schon die Sache mit seinem Gesicht wäre schlimm genug aber offensichtlich ist mehr passiert als 'nur' ein Schlag ins Gesicht. 

"Das sind nicht nur blaue Flecken, Michael, das sieht eher nach einer Prellung aus und sowas passiert nicht einfach so." Ich versuchte ihn irgendwie aufmerksamer darauf zu machen, dass er wirklich sehr verletzt war aber ihn schienen meine Bemühungen nur zu stören also hielt ich einfach meinen Mund und war froh, als wir endlich bei mir zuhause angekommen waren.

"Also, es ist noch niemand zu Hause und wenn wir Glück haben, bleibt das auch erstmal so." Informierte ich ihn nur als ich die Tür aufschloss und ihn hineinbat.

Er gab mir ein amüsiertes Grinsen und sah mich an. "Wieso 'wenn wir Glück haben'? Hast du Angst mich könnte jemand sehen?" Zwinkerte er.

Ich schüttelte den Kopf und marschierte in die Küche wo ich meine Tasche und Schlüssel auf den Tisch stellte. "Eher, dass du jemanden siehst." Scherzte ich mit einem leichten Lachen. "Komm, wir gehen nach oben. Wir haben einen Erste Hilfe Kasten im Badezimmer." Ich zeigte ihm mit einer Handbewegung, dass er mir folgen sollte, was er daraufhin auch tat.

Mir fiel auf, dass er sich genau umsah und das Haus musterte aber er wirkte nicht verurteilend oder so als würde er sich schlichtweg unwohl fühlen. Es machte einfach nur den Eindruck als wäre er neugierig darauf wie ich wohne. Zum Glück hatte ich am Tag zuvor alles aufgeräumt und die Jungs schienen sich heute morgen auch nicht wieder gegenseitig durchs ganze Haus gejagt zu haben.

Ich führte ihn in den oberen Flur und ging dann voraus zum Badezimmer während Michael mir immer noch folgte.

"Ist das dein Zimmer?" Ich drehte mich zu ihm um und sah zu der Tür auf die er zeigte.

Meine Wangen erhitzten sich etwas als ich auf meine Zimmertür starrte. Ein großes Bild mit meinem Namen darauf, kleinen Herzen und viel Kritzeleien, hing daran. "Oh. . ." Das war das einzige was ich in dem Moment rausbekam bevor Michael etwas anfing zu kichern.

"Ich finds süß." Sagte er nur und sah mich freundlich an bevor er seinen Blick wieder auf das Bild legte.

"Nein, nein. . . Es ist nur. . . Max hat momentan seine künstlerische Phase. Er steht total auf alles was mit Malen und Basteln zu tun hat, weshalb er auch seine Einladungen für seine Geburtstagsparty selbst gemacht hat und ja. . ." Als ich fertig mit Stottern war, sah ich auch wieder auf das Bild an meiner Zimmertür. "Anscheinend hat er es heute morgen gemacht nachdem er aufgewacht ist. Als ich zur Arbeit gegangen bin war es noch nicht da."

Michael lachte nur und schüttelte amüsiert den Kopf. "Ist doch lieb von ihm und hey, offensichtlich mag er dich, also ist doch alles gut." Lächelte er lieb.

Ich grinste ebenfalls während ich das Bild weiterhin musterte. Plötzlich fiel mir wieder ein, dass ich Michael ja immer noch die Einladung geben musste und bevor ich es wieder vergaß, sagte ich ihm er solle sich schon mal auf den Rand der Badewanne setzen und kurz auf mich warten während ich etwas aus meiner Tasche holte.

Ich brauchte höchstens zwei Minuten, da war ich schon wieder bei ihm, diesmal mit der Einladung und außerdem zwei Kühlakkus in meinen Händen. Michael lächelte breit und sah erwartungsvoll auf den Umschlag in meiner Hand. "Was ist das?" Fragte er mich dann neugierig.

"Okay, also du weißt ja, dass mein Bruder bald seinen 18. Geburtstag feiert und da ihr zwei ja jetzt offensichtlich die besten Freunde seid, würde er dich gerne einladen." Ich zwinkerte leicht als ich das sagte und überreichte ihm die Einladung.

Michael öffnete den Umschlag und faltete sie auf. Er grinste als er sie sich ansah. "Er ist so cool." Lachte er leicht. "Klar komme ich, ich meine, ich lasse meinen besten Freund doch nicht hängen." Er zwinkerte ebenfalls. "Wer hat Zeit, Ort und das andere alles geschrieben? War das auch Max?" FRagte er mich dann überrascht.

"Oh, nein, das muss dann wohl Evan gewesen sein. Er hat das bei allen Einladungen heimlich noch hinten drauf geschrieben, immerhin kann man diese Informationen ja nicht aus bunten Linien entziffern." Lachte ich leicht.

Michael nickte nur verständlich. Er faltete sie dann wieder zusammen und steckte sie sich in die Hosentasche.

"Das ist lieb von dir, dass du zusagst aber ich weiß wie das klingt. Du musst wirklich nicht, wenn du nicht möchtest. Ich meine, Max tendiert dazu mit jedem sofort befreundet zu sein also musst du dich echt nicht verpflichtet fühlen oder so." Ich versuchte nur ihm klarzumachen, dass er nicht kommen musste, wenn er nicht wirklich wollte denn ich wüsste nicht ob ich mich so wohl damit fühlen würde. Andererseits ist Michael viel offener als ich und vielleicht macht es ihm deshalb nichts aus.

"Lia, na klar komme ich, wenn er mich wirklich hierhaben will." Er legte den Kopf schief und sah mich komisch an so als würde er meine Frage gar nicht verstehen.

"Oh, okay. Dann ist ja gut. Ich will nur nicht, dass du denkst du musst unbedingt kommen. Ich meine, niemand wäre dir böse wenn du dich damit unwohl fühlen würdest." Lachte ich peinlich berührt.

Michael wollte gerade wieder etwas sagen aber ich unterbrach ihn und beschloss der Peinlichkeit selbst ein Ende zu setzen in dem ich das Thema wechselte. "Oh hey, machen wir uns mal an der wahren Grund warum du eigentlich hier bist." Sagte ich dann.

Ohne ein weiteres Wort öffnete ich den Badezimmerschrank und holte den kleinen Erste Hilfe Kasten raus. Dann sagte ich Michael er solle sich auf den kleine Hocker setzen, während ich mich auf dem Badewannenrand platzierte. Somit saß er direkt vor mir und hatte die perfekte Höhe für mich um ihn problemlos zu versorgen.

Mit blutigen Lippen und Schürfwunden kenne ich mich gut aus. Ich hab zwei Brüder, die alles andere als Acht auf sich geben. Ich holte mir zunächst noch einen Waschlappen den ich etwas anfeuchtete und wusch ihm somit das angetrocknete Blut aus dem Gesicht.

"Tut mir Leid, wenn es etwas weh tut." Entschuldigte ich mich im Vorraus aber Michael winkte einfach nur ab und schloss seine Augen.

"Glaub mir, das zu bekommen hat mit Sicherheit mehr weh getan als es zu reinigen und ein bisschen zu verarzten." Murmelte er nur so gut es ging während ich an seiner Lippe arbeitete.

"Hast du dann jetzt langsam mal vor mir zu erzählen, wie es überhaupt dazu gekommen ist?" Fragte ich ihn während ich immer noch konzentriert an ihm herumtupfte um ihm nicht weh zu tun auch wenn er sagte, dass es ihm nichts ausmacht.

Michael ließ seine Augen geschlossen und sah aus irgendeinem Grund sogar entspannt aus während ich an ihm herumdoktorte, was ich mir überhaupt nicht erklären konnte aber dann fiel mir ein, dass er ja gar nicht geschlafen haben konnte also erklärte es sich mehr oder weniger von selbst.

"Sagen wir einfach, ich hab zu viel getrunken und die falschen Leute angepöbelt." Flüsterte er fast schon.

"Hey, schlaf bloß nicht ein." Scherzte ich mit einem kaum hörbaren Lachen während ich mit meiner Arbeit weitermachte. Ich beschloss ihn nicht weiter mit meinen Fragen zu quälen und es einfach dabei zu belassen. Er wird es mir schon sagen, wenn er es will und ansonsten geht es mich schätze ich mal nichts an. 

Ein kaum vernehmbares Lächeln schlich sich auf seine Lippen und er öffnete sein nicht verletztes Auge leicht um mir zu zeigen, dass er noch wach war aber schloss es dann wieder und verfiel in seine vorherige Position zurück.

Als ich so weit es ging fertig damit war, seine Wunde zu reinigen, war das auch schon alles was ich mit dem Erste Hilfe Kasten anfangen konnte. Ich hätte gerne mehr für ihn getan aber bis auf seine Lippe und ein paar Kratzern, hatte er nur eine Menge blauer Flecken bei denen ich nichts weiter tun konnte als sie zu kühlen.

Ich packte den Kasten wieder zusammen und legte ihn zurück in den Badezimmerschrank bevor ich mir zwei dünne Handtücher schnappte und die Kühlakkus darin einwickelte. Mittlerweile waren sie nicht mehr so kalt, dass man sie alle zwei Sekunden von der Haut nehmen konnte aber immer noch so, dass man sie besser in etwas einrollte.

"Okay, also den kleineren nehmen wir für dein Auge." Ich legte ihm das kleine Päckchen in seine Hand und führte sie an sein Auge. Er zuckte bei dem Kontakt zunächst etwas zusammen aber entspannte sich dann wieder und ließ seine Augen danach halb geöffnet.

Ich gab ihm den etwas größeren von beiden und lächelte leicht bevor ich auf seinen Oberkörper zeigte. "Der ist für die etwas schwerwiegendere Verletzung da." Sagte ich leise. Ich wollte ihm nicht wieder einfach so sein Shirt hochziehen schon gar nicht hier wo wir alleine waren und es wesentlich peinlicher werden würde also beschloss ich, dass er es diesmal selbst tun sollte.

Michael packte den Saum seines Shirts und zog es etwas hoch bevor er das Handtuchpäckchen darauf legte. Dieses Mal zuckte er noch mehr zusammen und es dauerte wesentlich länger bis der Schmerz nachzulassen schien. Bei dem Anblick fühlte ich fast schon mit ihm, so übel sah es aus.

"Michael, ich würde dich damit wirklich lieber ins Krankenhaus bringen. Ein paar Rippen könnten gebrochen sein, also halt dich wenigstens gerade sonst wachsen sie schief wieder zusammen. Hab ich zumindest mal irgendwo gehört." Ich versuchte ihm etwas hochzuhelfen, was er auch mit sich machen ließ aber dann schüttelte er mit dem Kopf.

"Nein, ich brauch kein Krankenhaus. Du bist ne tolle Ärztin, das reicht mir." Scherzte er mit einem Zwinkern aber mir war nicht nach Scherzen zumute.

"Das ist kein Spaß. Lass dich doch wenigstens einmal kurz durchchecken, das tut nicht weh und hinterher hast du immerhin Gewissheit." Versuchte ich es weiter.

"Lia, mach dir bitte keine Sorgen. Mir geht es gut." Er fälschte ein weiteres schmerzvolles Lächeln und versuchte dann aufzustehen, was ohne meine Hilfe jedoch nicht klappte und meine Sorge nur größer werden ließ. Trotzalledem blieb ich still und hielt mich wie gewünscht da raus.

Michael trottete zum Spiegel und begutachtete sein Gesicht. "Meine Mum wird mich die nächsten Monate nicht aus den Augen lassen." Stöhnte er genervt und verdrehte seine Augen. "Ich werde mir nur wieder anhören können wie unzuverlässig ich bin und dass sowas nie passiert wäre, wenn Hanna noch da wäre." Seine Wut schien bei jedem einzelenen Wort zu steigen.

"Vielleicht wäre das ja ganz gut. Wenn du die nächste Zeit mal. . . Einen Gang runter fährst, meine ich." Sagte ich schüchtern.

Michaels Blick traf mich durch den Spiegel und er schüttelte leicht den Kopf während er mich anschmunzelte. "Ich drehe durch, wenn ich nur in meinem Zimmer hocke, Lia. Glaub mir, ich habs schon ausprobiert." Sagte er. "Ich gebe mich ja normalerweise nicht mit Leuten ab, das hier war nur eine Ausnahme. Normalerweise crashe ich hin und wieder nur ein paar Partys, betrinke mich, tanze ein bisschen und haue dann wieder ab. Ich hab nur Spaß mit mir selber, dazu zählen keine anderen Menschen und wie schon gesagt, war das alles nur ein Missverständnis." Erklärte er.

Ich blieb still, weil ich ihn nicht wieder verägern oder nerven wollte aber trotzdem hatte ich ein paar ordentliche Gedanken und Worte in mir aufgestaut, die ich ihm nur allzugerne an den Kopf geworfen hätte.

In meinen Augen benahm er sich einfach nur verantwortungslos.

Er seufzte lautstark und drehte sich zu mir um um mir richtig in die Augen sehen zu können. "Ich gebe zu, ich hab zu viel getrunken und hab einen Fehler gemacht, okay?" 

Alles was ich als Antwort tat war leicht zu nicken und setzte mich dann wieder auf den Rand der Badewanne während ich zu ihm raufsah.

"Jetzt sieh mich bitte nicht so an. Dein halbes Gesicht schüchtert mich gerade echt ein." Grinste er schief. "Ich hab das Gefühl mich immer wieder entschuldigen zu müssen." Fügte er hinzu.

Ich brachte ebenfalls ein kleines, zufriedenes Lächeln hervor. "Gut so." Sagte ich nur.

Ein paar Sekunden lang war es still um uns bis Michael sich nachdenklich umsah und dann den Mund öffnete, um etwas zu sagen. "Hey, könntest du mich schminken?" Fragte er mich dann hoffnungsvoll. Na, auf die Frage wäre ich jetzt nicht gekommen.

Michael schien zu merken, dass ich nicht ganz mitkam und lachte leicht bevor er weitersprach. "Ich meine, dass du vielleicht versuchen könntest mein blaues Auge ein bisschen zu verdecken. Nur, damit meine Eltern nicht so aufmerksam werden."

Meine Lippen formten sich zu einem 'O' als mir klar wurde was er meinte und ich begab mich zurück zum Schrank um nach meiner Schminke zu suchen, die ich sowieso so gut wie nie benutze, da man diese Narben nicht einfach überschminken kann und ich sowieso immer die Hälfte meines Gesichts verstecke.

"Also, ich bin jetzt nicht unbedingt gut im Schminken und ich bin mir ziemlich sicher, dass du nen helleren Hautton hast als ich aber ich tue was ich kann." Warnte ich ihn schon mal vor.

Es war auch gar nicht mal so einfach ihn zum Stillhalten zu bringen, weil er die ganze Zeit über nur kicherte und sein Gesicht wegdrehte, weil ihn der Pinsel angeblich zu sehr kitzelte. Zwischendurch hatte ich das Gefühl er wäre durch Max ausgetauscht worden aber wir hatten beide Spaß dabei also war es auszuhalten und als ich fertig war, war ich selbst erstaunt von meiner Arbeit.

Michael musterte meinen Gesichtsausdruck und runzelte die Stirn. "Was? Was ist passiert? Sehe ich blöd aus?" Fragte er mich fast schon panisch.

Ich lachte und schüttelte den Kopf bevor ich meine Schminkutensilien wieder in den kleinen Schminkkoffer und zurück in den Schrank legte. "Alles gut, ich bin nur gerade darauf gekommen, dass ich am besten alles in meinem Leben hinschmeiße und professionelle Maskenbildnerin oder so was werde. Ich bin offensichtlich ein Naturtalent." Lobte ich mich selbst.

Michael drehte sich um und begutachtete sich selber im Spiegel. "Das ist echt gut, man sieht kaum mehr was. Danke, Lia!" 

Bevor ich antworten konnte, wurde ich schon in die Luft gehoben und einmal fest gedrückt. Mit einem schmerzerfüllten Gesicht, setzte er mich weder am Boden ab und krümmte sich leicht während er es trotzdem schaffte ein Lächeln auf seine Lippen zu zaubern. "Jetzt musst du nur in den nächsten Tagen jeden Morgen kurz bei mir vorbei kommen und mich schminken, damit niemand was merkt." Scherzte er dann.

"Klar, kein Problem. Ich hab ja kein eigenes Leben oder so." Machte ich mit. Mein Gesichtsausdruck wurde jedoch schnell wieder ernst als ich seinen Zustand bemerkte. "Hey, kannst du dich gerade austellen?" Fragte ich ihn besorgt. Ich packte ihn an seinem Arm und half ihm dabei sich aufzustellen. 

Ich half ihm wieder aus dem Badezimmer und von dort aus zurück nach unten, bis wir uns in der Küche gegenüber standen.

Er seufzte nur laut und sah mir tief in die Augen. "Ich will nicht nach Hause." 

Es war nicht nur der Ton in seiner Stimme sondern auch die Worte die er sagte, die Mitleid in mir aufkommen ließen. Am liebsten hätte ich ihn einfach in eine warme Decke und dann in ein Bett gepackt, mit einem heißen Tee und einem Disneyfilm, der ihn auf andere Gedanken bringen würde aber er ist nicht Max und auch so, konnte ich es einfach nicht. Ich musste damit rechnen, dass Evan und Max jeden Augenblick nach Hause kommen konnten und wenn es so weit wäre, wollte ich Michael, so gemein es auch klingen mag, am liebsten wieder aus dem Haus haben.

"Es tut mir Leid." Seufzte ich nur. "Vielleicht solltest du dich einfach eine Weile ausruhen und schlafen." Schlug ich vor. Schon an seinem Gesichtsausdruck konnte ich sehen, dass er sich wohl eine andere Antwort von mir erhofft hatte. Vermutlich wäre er lieber noch etwas hier geblieben.

Er blieb still und nickte leicht während er auf den Boden starrte. "Ja. Vielleicht hast du Recht." Murmelte er leise. Er sah wieder vom Boden auf und sah stattdessen zu mir. "Also. . . Ich gehe dann besser mal wieder.

Ich sah ihm dabei zu wie er zurück in den Flur und von dort aus langsam zur Haustür humpelte bevor ich ihm schnell nachging und sie für ihn öffnete.

"Also dann. Danke noch mal, Lia, das wäre echt nicht nötig gewesen aber du hast mir sehr geholfen." Bedankte er sich freundlich.

"Ist doch klar, immer wieder." Sagte ich abwinkend. "Aber lass es bitte nicht nochmal dazu kommen." Fügte ich schnell hinzu.

Michael schüttelte nur lachend den Kopf und ging ein paar Schritte weiter. "Keine Sorge, das war ganz bestimmt das erste und letzte Mal." Versicherte er mir.

"Soll ich dich nach Hause begleiten, Michael? Evan hat das Auto aber ich kann dich stützen, wenn es so nicht geht." Schlug ich ihm besorgt vor. Ich hatte schon ein schlechtes Gewissen, weil ich ihn einfach so aus meinem Haus 'warf' aber ich wollte nicht, dass er sich auch noch nach Hause quälen musste.

Michael schüttelte allerdings nur den Kopf und grinste tapfer. "Keine Sorge, ich schaffe das schon. Ich will nicht, dass meine Eltern sehen, dass du mich stützen musst, dann würde mein Cover auffliegen." Zwinkerte er. "Oh und den Kühlakku, geb ich dir bei Gelegenheit wieder, versprochen." Mit diesen Worten winkte er mir zum Abschied und humpelte dann davon.

Nachdem ich die Tür hinter mir wieder geschlossen hatte und mich dagegenlehnte, wurde mein Gewissen immer lauter und nerviger. Ja, mir war klar, dass es fast schon unmenschlich war wie herzlos ich ihn einfach zum Gehen gebracht hatte.

Es war ja nicht so, dass ich ihn loswerden wollte aber ich konnte ihn jetzt gerade auch nicht bei mir haben. Ich musste noch das Mittagessen vorbereiten bevor die Jungs nach Hause kamen und noch eine Menge andere Dinge.

Michael würde schon klarkommen und warum sollte er überhaupt hier sein wollen?

_____

A/N

Wow, da hab ich mal wieder ein etwas zuu langes Kapitel geschrieben.

Kurze Frage: Habt ihr lieber etwas kürzere oder lange Kapitel wie dieses hier? Weil ich weiß ja nicht wie ihr lieber lest und das hier ist ja schon ziemlich lang das sind fast 4600 Wörter...

Jedenfalls dürft ihr gerne Voten und Kommentieren, wenn es euch gefallen hat :-)


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