Am nächsten Morgen bereute ich sofort, „Ich freue mich" geschrieben zu haben. Wie sah das denn aus? Nachher denkt Luke womöglich noch, ich wäre in ihn verliebt oder so. Echt toll, mit solchen Gedanken aufzuwachen.
Ich verdrehte die Augen, während ich den nervigen Wecker ausstellte. Aber doch, ich freute mich. Ich wusste jedoch nicht, warum. Und dann war der Unterricht heute auch nicht so lang.
Als mir das Herz-Emoji einfiel, fing ich an zu grinsen und hüpfte aus dem Bett. Wie konnte so ein Emoji bei mir direkt so eine gute Stimmung auslösen? Ich glaube, ich war einfach noch sehr müde.
In der Schule konnte ich mich auch nicht wirklich konzentrieren. Das konnte doch unmöglich an dem Treffen liegen. Oder? Ich fühlte mich sehr merkwürdig, was auch meinen Freunden in der Pause nicht entging.
„Skylar... Ist mit Lemony alles okay? Irgendwie ist sie echt strange heute." Ich sah Beau an, der so sprach, als wäre ich gar nicht hier. Und Skylar machte einfach mit. „Ich weiß auch nicht, Beau. Vielleicht liegt es ja doch an der einen SMS, die sie gestern bekommen hat."
Ich verzog mein Gesicht. Beau sah jetzt sehr interessiert aus. „Ach was. Welche SMS denn?" Sofort warf ich meiner Freundin böse Blicke zu, die sagen sollten, dass sie bloß kein Wort sagen sollte. Aber sie grinste nur und ignorierte mich. „Du weißt schon. Die SMS von Luke, in der er geschrieben hat, dass er sich mit ihr treffen will."
Beau ließ seine Gabel fallen und damit war das komische Spiel vorbei. Verwirrt sah er von mir zu Skylar und wieder zurück. „Was echt? Stimmt das?" Ich zuckte die Schultern und nickte, während ich ein paar Nudeln in mich hineinlöffelte.
Dann war es plötzlich still. Fast schon zu still, immerhin haben die beiden die ganze Zeit durchgeredet. Ich sah sie an. „Was ist los?", fragte ich, als ich ihre erschrockenen Blicke bemerkte.
Dann lächelte Skylar wissend. „Dreh dich jetzt bloß nicht um", flüsterte sie mir zu. Ich runzelte die Stirn und wollte mich natürlich sofort umdrehen, aber sie hielt mich im letzten Moment an den Schultern fest.
„Wieso benehmt ihr euch so merkwürdig?", fragte ich und widmete mich wieder meinen Nudeln. Die beiden waren unmöglich. „Ach, weißt du... Wir beobachten nur Luke, der die ganze Zeit zu dir rüber schaut, aber naja."
Erschrocken sah ich sie an. „Was?" Beau nickte nur zustimmend. Ich hatte dieses Gefühl, dass die beiden mich anlogen, aber dann wiederum, wieso sollten sie? Und dann konnte ich auch nicht anders, als mich doch umzudrehen.
Wer hätte es gedacht, meine Freunde hatten tatsächlich Recht. Als ich mich umdrehte, lag Lukes Blick bereits auf mir. Er lächelte mir zu und ich drehte mich schnell wieder um. Mit großen Augen starrte ich auf meinen Teller.
„Wir haben es dir gesagt", meinte Beau. Und jetzt war ich erst recht verwirrt. Ich wagte es auch nicht mehr, mich noch mal umzudrehen. Das Gefühl, beobachtet zu werden, war mir sehr unangenehm. Trotzdem kam ich nicht über das „Treffen" umhin. Denn nach der Schule wartete Luke wirklich am Eingang auf mich.
Skylar schubste mich in seine Richtung, sodass ich ihr wieder finstere Blicke zuwerfen musste. „Lass das mit deinen bösen Blicken. Viel Spaß euch beiden", sagte sie lachend und verschwand irgendwo zu Beau. Ich ging auf Luke zu.
„Hey. Hier bin ich", sagte ich, als ich neben ihm stand. „Hey. Das sehe ich." Er grinste und ich wollte nur noch im Erdboden versinken. „Also, was machen wir?", fragte ich direkt. „Hast du schon den Stadtpark gesehen?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein, aber das hört sich vielversprechend an." Er hob eine Augenbraue. „Ach ja? Dann komm mit."
Wir setzten uns in Bewegung und gingen anscheinend in Richtung Stadtpark. Luke konnte ja nicht wissen, dass ich Parks liebte und generell alles, was mit Blumen oder Pflanzen zu tun hatte. Aber ich glaube, das sollte ich besser nicht in seiner Gegenwart erwähnen.
Wir unterhielten uns auf dem Weg ein wenig über die Schule, aber die Unterhaltung wurde so langweilig, dass wir dann eine Weile lang gar nichts mehr sagten, aber auch das gefiel mir gar nicht. Und das Schlimme daran war, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich das Schweigen brechen sollte.
Zum Glück betraten wir dann den Park, wo ich mich sofort mit großen Augen umsah. Und dann kam aus mir heraus: „Wow. Hier ist es so wunderschön. Das erinnert mich sehr an Castelaria." Zu spät bemerkte ich, was ich gerade gesagt habe.
Interessiert sah Luke mich an. „Castelaria? Ist das wo du herkommst?" Vorsichtig nickte ich. Jetzt gab es sowieso kein Zurück mehr. War mein Geheimnis offenbart? Zum Glück war dies nicht der Fall. „Noch nie davon gehört", sagte Luke nämlich und ich wollte vor Erleichterung am liebsten laut aufatmen. Pass besser auf, was du da sagst, Daphine. Erst denken, dann sprechen.
Ich musste wirklich lernen, mich ein wenig besser zu kontrollieren. Aber zuerst einmal war ich von dem wunderschönen Park fasziniert. Hier blühten sogar ein paar Blumen, zu denen ich sofort hin lief. „Wunderschön", flüsterte ich. „Allerdings", hörte ich Luke neben mir sagen.
Langsam ging ich weiter und betrachtete alle Blumen ganz genau. Alle davon hatten wir in unserem Schlossgarten und ich liebte sie. Ach, wie mich das alles an Zuhause erinnerte! Ich verspürte einen Stich im Herzen. Das durfte nicht passieren. Ich war jetzt hier und frei. Das sollte fürs erste auch so bleiben.
„Du stehst also auf Blumen, hm?" Ich lächelte. „Es gibt für mich nichts Schöneres. Ich liebe sie", erwiderte ich. Man, ich musste echt so langweilig erscheinen! Schnell versuchte ich das Thema zu wechseln und Football war das Erste, das mir einfiel.
Heimlich wünschte ich mir, dass wieder seine Augen so zu leuchten begannen. Trotzdem erleichterte es mich, dass Luke endlich etwas erzählte und ich nur zuhören musste. Wir setzten uns auf eine Bank, von der wir einen tollen Ausblick auf den Park hatten, da sie sich auf einem Hügel befand. Luke erzählte immer noch vom Football und ich warf ab und zu ein paar Fragen und Kommentare dazu.
Bis mir irgendwann einfiel, dass ich mich über die 13 als seine Rückennummer gewundert habe, wo die Zahl doch als Unglückszahl gilt. Ich beschloss ihn danach zu fragen. „Wieso ist eigentlich die 13 deine Rückennummer? Ich meine... Es ist doch... Eine Unglückszahl..."
Meine Stimme verebbte sofort, als ich seinen Gesichtsausdruck bemerkte. Er senkte den Blick und sah so traurig aus, dass es mir das Herz brach. Ich hätte mir denken können, dass die Zahl eine tiefere Bedeutung hatte und wünschte mir, dass ich diese Frage nie gestellt hätte. Wieso habe ich ihn nicht einfach weiterreden lassen?
Ausdruckslos sah er mich an und sagte nach einer Weile leise: „Mein kleiner Bruder war 13, als er gestorben ist."
Meine Augen weiteten sich und ich verspürte an dieser Stelle wirklich einen Schmerz im Herzen. Worte konnten nicht ausdrücken, was ich in diesem Moment fühlte und ich fühlte mich mehr als schlimm. Ich war so dumm. Ich war diejenige, die ihn auch noch daran erinnern musste.
„Du musst wirklich nicht-", begann ich, aber Luke unterbrach mich: „Nein. Es ist schon okay. Ich möchte es dir erzählen." Als er mir tief in die Augen blickte, konnte ich nicht anders, als aufmunternd zu lächeln. „Dann bin ich hier und höre dir zu." Ich hätte ihn am liebsten umarmt, seine Hand gehalten, oder sonst irgendwas. Aber ich war mir unsicher, ob ich näher kommen sollte. Also blieb ich einfach sitzen und gab Luke meine volle Aufmerksamkeit.
„Es war der zehnte November, vor zwei Jahren. Ich war mit meinen Freunden auf einer Party. Gott, wie dumm von mir." Ich sah das Glitzern in seinen Augen und sofort schrillten bei mir die Alarmglocken. Wenn er in Tränen ausbricht, werde ich wohl oder übel mit ihm weinen müssen, dachte ich nur und sah ihn mit großen Augen an.
„Meine Eltern und Felix, mein Bruder, waren zu Hause. Die Party war nicht hier in Somerfield, sondern ein paar Kilometer weiter in einem benachbarten Ort. Deswegen sollten meine Eltern mich abholen kommen. Natürlich konnten sie Felix nicht alleine zu Hause lassen und mussten ihn mitnehmen.
Ich war so blöd. Ich habe natürlich trinken müssen. Sonst könnte ich auch alleine fahren... So sind meine Eltern mit Felix zusammen gefahren... Und waren in einen Autounfall verwickelt."
Er machte eine Pause und jetzt konnte ich nicht anders, als doch näher zu rücken. Ich legte meine Hand auf seine Schulter, um ihm zumindest ein bisschen Komfort zu gewähren.
„Ich war betrunken. Sie haben mich sofort angerufen, aber ich habe kaum etwas mitbekommen. Sie wurden ins Krankenhaus gebracht. Meinem Vater ging es gut, er war kaum verletzt. Meine Mutter hatte lediglich einen gebrochenen Arm. Und das war schon wie ein Wunder.
Der Unfall war nicht ihre Schuld, sondern die eines Mannes, der hinter ihnen gefahren ist. Er war anscheinend auch betrunken, ist aber trotzdem mit dem Auto gefahren. Er war viel zu schnell und ist meiner Familie von hinten ins Auto gefahren. Hinten, wo Felix saß. Er hat es nicht einmal mehr bis ins Krankenhaus geschafft."
Eine Träne kullerte ihm über die Wange und ich nahm ihn wortlos in den Arm und drückte ihn fest.
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Soo ihr Lieben, heute gibt es nicht nur ein neues Kapitel, sondern - Haltet euch fest - Auch einen neuen Prolog! :D
Schaut ihn euch unbedingt bitte an und sagt mir, wie ihr ihn findet! :) Ich mochte den alten irgendwie überhaupt nicht und hoffe wirklich, dass der jetzige besser ist :D
Jedenfalls... Hat jemand von euch so etwas erwartet? :/ Etwas Trauriges musste doch kommen... Hoffen wir, dass es im nächsten Kapitel wieder fröhlicher wird. ;)
- nici