Serendipity // Michael Cliffo...

By PimpMyIrwin

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Serendipity (n) finding something good without looking for it. Auch die Dinge die man für unmöglich hält, kön... More

Prolog 'Serendipity'
Kapitel 1: Neue Bekannte?
Kapitel 2: Familienleben
Kapitel 3: Wer bestellt Tacos in nem Coffee Shop?
Kapitel 4: Ihre Geschichte
Kapitel 5: Der Morgen danach
Kapitel 6: Ein echter Gentleman
Kapitel 7.1: Dienstage sind ein schlechtes Omen. . .Oder?
Kapitel 8: Die Scherben des Alltags
Kapitel 9.1: Seine Geschichte
Kapitel 9.2: Seine Geschichte
Kapitel 10: Ich kann auf mich aufpassen
Kapitel 11: Nur ein Kunde
Kapitel 12: Ich will nicht nach Hause...
Kapitel 13: Kein Kind mehr
Kapitel 14: Wir werden sehen
Kapitel 15: Sehnsucht
Kapitel 16: Cola-Date

Kapitel 7.2: Dienstage sind ein schlechtes Omen. . .Oder?

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By PimpMyIrwin

Kapitel 7.2: Dienstage sind ein schlechtes Omen. . .Oder?

Michaels POV

Lia und ich holten ihren Bruder Max von zu Hause ab und machten uns dann auf den Weg zum örtlichen Supermarkt. Ich bekam leider nicht die Chance ihr Haus zu betreten oder den Rest ihrer Familie kennenzulernen, da Max uns schon halb angezogen die Tür aufmachte. Lia sagte mir, dass ich eben draußen warten könne und dass sie nur kurz ihre Arbeitstasche wegbringen würde also wollte ich mich natürlich nicht aufzwängen und wartete mit Max vor der Tür.

Er schien mich sogar noch zu kennen von diesem einen Tag im Park aber meinen Namen hatte er sich nicht gemerkt, weshalb ich mich noch mal schnell bei ihm vorstellte. Er brauchte ein wenig lange für seine Schuhe, weshalb ich ihm anbot ihm zu helfen aber es wollte es unbedingt selber machen also hielt ich mich zurück und wartete darauf, dass Lia zurückkehrte, was sie kurze Zeit später auch tat.

"Hey, sorry das hat ein bisschen länger gedauert ich hab noch ne Einkaufsliste gekriegt." Sie sah von mir zu Max und verdrehte dann die Augen bevor sie sich zu ihm auf den Boden kniete und gegen seinen Willen anfing seine Schnürsenkel zu schnüren.

"Ich hab ihm angeboten ihm zu helfen aber er wollte nicht." Informierte ich sie schnell. Ich wollte nicht, dass sie denkt, dass ich irgendwie unhöflich oder so bin also sagte ich es ihr sofort.

Lia winkte aber nur ab und machte sich dann and den anderen Schuh. "Er will nie Hilfe dabei haben, weil er sich sicher ist, dass er es selbst schafft. Die meiste Zeit kommt dabei aber nur ein Haufen schwer lösbarer Knoten oder Krokodilstränen bei raus." Erklärte sie. "Außerdem macht es den Eindruck als hätte hier jemand heute mal wieder schlechte Laune." Sie sprach offensichtlich mit Max, der ihr die Zunge rausstreckte und dann beleidigt den Kopf von ihr abwandte.

"Ich hab gute Laune, ich will Schokolade kaufen!" Rief er plötzlich in einem unnötig lauten Ton.

"Wer weiß, wenn du dich gut benimmst, bekommst du vielleicht welche." Zwinkerte sie ihm zu. Gleich danach sprang Max jubelnd auf und lief aus der Tür in den kleinen Vorgarten. Vor dem Törchen drehte er sich wieder um und wartete ungeduldig auf uns.

"Kommt schon!" Rief er laut durch die gesamte Nachbarschaft.

Ich reichte Lia eine Hand, die sie dankend annahm und zog sie dann wieder hoch. Zusammen gingen wir dann zu Max. Lia nahm seine Hand und dann verließen wir ihr Grundstück und begaben uns auf den Weg. 

Wenn ich ganz ehrlich sein soll, dann hatte ich mir nicht vorgestellt, dass ein normaler Weg zum Supermarkt so ablaufen kann aber die Rechnung hatte ich wohl ohne Lia und ihren Bruder gemacht. Ich kann mir vorstellen, dass Max manchmal sehr anstrengend sein kann, wenn er schon auf diesem kurzen Weg andauernd achtlos auf die Straße rennt und Lia mit sich mitzieht aber wir haben auch viel gelacht und Max ist einfach echt ein toller Mensch, wenn man lernt ihn zu verstehen und dass er einfach ehrlich ist, weil er nicht lügen kann was bedeutet, dass er vor nichts zurückschreckt. Zum Beispiel hab ich heute gelernt, dass ich mich vielleicht langsam mal wieder regelmäpßiger rasieren sollte. . .

Als wir am Supermarkt ankamen, ließ Lia Max' Hand wieder los, was dazu führte, dass er schon mal voraus lief. Lia sagte mir, dass er das immer so macht, weil er zuerst in die Süßigkeitenabteilung läuft und so viel mit sich mitschleppt wie er tragen kann. Sobald er dann bei ihr angekommen ist, darf er aber nur ein Teil behalten und muss den restlichen Kram wieder zurück bringen. Sie sagte, dass es an guten Tagen gut läuft, jedoch meistens in einem Streit und Quengeleien ausartet. Ich bereitete mich mental schon mal auf das letztere vor.

Lia und ich betraten den Laden gemeinsam, stockten jedoch wieder als wir Max noch ziemlich weit vorne einen Hund streicheln sahen. Es war kein großer Hund sondern bloß ein Border Collie aber Lia machte sofort Halt und ging keinen Meter weiter.

Zuerst verstand ich nicht genau was ihr Problem war, aber dann viel es mir wieder ein und ich gab mir eine mentale Backpfeife für das dumme Gesicht welches ich ihr bot obwohl sie offenichtlich einen Grund hatte um nicht weiterzugehen. 

"Wenn du willst, dann können wir außen herum gehen. Oder wir warten hier bis er weg ist. Die Frau wird sicherlich nicht mehr allzu lange dabei zusehen wie dein Bruder ihren Hund streichelt." Versuchte ich ihr anzubieten.

Lia seufzte und sah auf den Boden. "Ich bin so lächerlich. Der ist nicht mal groß." Sie lachte sich selbst aus aber es war eher ein trauriges Lachen statt eines herzlichen. Sie tat mir wirklich Leid. Ich kann mir gar nicht vorstellen wie es sein muss, mit dieser Ansgt zu leben immerhin hat heutzutage so gut wie jeder einen Hund.

Ich gab ihr ein verständnisvolles Lächeln, nahm sie leicht am Oberam und führte sie in einem großen Bogen darum herum. "Danke." Sagte sie leise. "Dass du mich nicht auslachst, meine ich." Fügte sie noch hinzu.

Ich schüttelte bloß den Kopf. "Das ist doch selbstverständlich. Welcher Mensch würde jetzt lachen?" Fragte ich sie zurück.

"Oh glaub mir, eine Menge." Sie verdrehte die Augen, schien sich dann aber wieder zu fangen. Als wir an dem Hund und seiner Besitzerin vorbei waren, löste sie sich wieder von mir-was ich zunächst gar nicht bemerkte-, nahm sich einen dieser kleinen Körbe für die Hand, die man sich in Läden am Eingang nehmen kann um seinen Einkauf reinzupacken und ging dann weiter zum Obst.

"Was ist mit Max?" Fragte ich sie.

"Oh, der ist gerade in seinem Element. Er kommt schon nach." Lächelte sie. 

Ich sah zurück zu Max und dann wieder zu ihr bevor ich mit den Schultern zuckte. "Du musst es ja wissen." Nachdem Lia ein paar Äpfel und Bananen in den Korb gepackt hatte und Max irgendwann währenddessen jubelnd an uns vorbei zu den Süßigkeiten lief, erledigten wir den Rest des Einkaufs. Es ging sogar ziemlich schnell, da Lia und ich uns den Zettel aufteilten und es somit nur halb so lange dauerte.

Als wir dann aber an der Kasse anstanden, kam Max auf uns zu. Genau wie Lia es prophezeit hatte, waren seine Arme voll mit irgendwelchen Süßigkeiten. "Du darfst dir eins davon aussuchen, Max. Den Rest musst du wieder zurückbringen." Lachte Lia leicht.

"Ich will aber alles haben!" Meckerte Max sofort los.

Lia verdrehte die Augen und seufzte lautstark. "Max, stell dich bitte nicht an und such dir eins davon aus. Mach bitte keine Szene." Langsam aber sicher wurde sie ungeduldig aber Max zog sich davon nichts an und blieb einfach stur sitzen. 

"Ist schon okay, Lia. Ich kann den Preis ein wenig runterschrauben. Ich bin sicher mein Mann hat nichts dagegen wenn es für euch ist." Sprach unsere Kassiererin plötzlich dazwischen. 

Lia schüttelte jedoch weiterhin den Kopf und verschränkte die Arme vor ihrer Brust. "Das ist echt lieb von dir, Helen aber er muss lernen, dass er auch mal auf etwas verzichten muss." Widersprach Lia ihr.

Sie machte wirklich einen erschöpften Eindruck auf mich-kein Wunder nachdem sie den ganzen Tag arbeiten war-und ich hatte das Gefühl, dass es nicht mehr lange so ruhig ablaufen würde. Letztendlich beschloss ich also ihr zu helfen und ich hatte auch schon eine Idee wie ich das anstellen würde. Ich kniete mich auf Max' Höhe und lächelte ihn freundlich an. "Hey Kumpel wärst du bereit dich mit mir auf etwas zu einigen?" Fragte ich ihn. Es dauerte eine Weile aber dann traf sein Blick auf meinen und er musterte mich nachdenklich. Ich schmunzelte leicht und zog eine Augenbraue hoch. "Pass auf, wenn du jetzt keinen Ärger machst und dir eine Sache aussuchst, kauf ich dir im Anschluss ein Eis. Magst du Eis, Max?" Fragte ich ihn.

Er nickte schnell und stand wieder vom Boden auf. "Ich will die hier." Fordernd legte er eine Packung Gummibärchen auf die Ablage und brachte dann den Rest sogar wieder weg ohne aufgefordert zu werden. Zufrieden und auch ein bisschen stolz sah ich zu Lia und grinste sie an.

"Ich muss zugeben, das hast du echt gut gemacht." Sagte sie nachdenklich. "Aber du musst ihm kein Eis kaufen, Michael." In der Zeit in der wir uns noch unterhielten, wurde Lias Einkauf schon nach und nach abgescannt.

Ich schüttelte den Kopf. "Natürlich mache ich das. Ich hab es ihm versprochen also mache ich es auch, ist doch klar."

Sogar von Helen der Kassiererin bekam ich Zustimmung als sie mit dem Kopf nickte. "Ich sehe das genauso, Schätzchen. Versprochen ist versprochen." Sagte sie.

Lia sah zwischen mir und Helen hin und her und musste dann selbst leicht lachen. "Alles klar, dann überstimmt mich ruhig. Danke, dass du mir in Rücken fällst, Helen." Scherzte sie.

"Tut mir Leid, Liebes aber der charmante junge Mann hat leider Recht." Entgegnete Helen ihr nur. Darauf folgte ein seltsamer Blick, den Lia allerdings nur erwiderte. Ich verstand ihn nicht, muss wohl irgendso ein Frauen-Ding gewesen sein, jedenfalls schien Lia sie schon zu verstehen. "Also wie ist dein Name, Schätzchen? Und woher kennst du unsere Lia?" Fragte Helen mich daraufhin. Sie schien wohl alles und jeden Schätzchen zu nennen aber es machte mir nichts aus, statdessen fühlte ich mich sofort wohl in ihrer Anwesenheit.

Ich wollte gerade antworten, da fiel Lia mir ins Wort und antwortete stattdessen. "Sein Name ist Michael und wir kennen uns bloß von der Arbeit." Sagte sie schnell. Dann sah sie zu mir und entschuldigte sich kurz, da die Frage nicht an sie gerichtet war. Es machte mir allerdings nicht viel aus. Ich kann es nur nicht leiden, wenn meine Mutter andauernd für mich antwortet. Dann fühle ich mich wie ein kleines Kind.

In dem Moment tauchte Max wieder neben uns auf. Er spitzte seinen Mund und sah mich an. "Ich will Schokolade!" Rief er mir dann zu obwohl er direkt neben mir stand. Ich lachte leicht, Lia schien allerdings immer noch nicht sonderlich glücklich zu sein.

"Max, benimm dich gefälligst." Murmelte sie während sie ihren Einkauf in Tüten packte.

"Hier, Max. Ich bin sicher mein Mann hat nichts dagegen, wenn ich dir die schenke. Du hast ja bald Geburtstag." Helen reichte ihm eine kleine Tüte mir Gummibärchen darin und lächelte ihn an als er sie ihr aus der Hand nahm und sie sofort öffnete.

"Max, was sagt man?" Lia stoppte kurz ihr Zusammenräumen und sah ihn erwartungsvoll an.

"Dankeschön." Murmelte Max mit vollem Mund.

"Ja, schon gut, lass sie dir schmecken, Max. Ich weiß ja wie sehr du die magst." Zwinkerte Helen. Dann sah sie mich an. "Er entscheidet sich jedes Mal aufs Neue für die Gummibärchen wenn er sich was aussuchen muss." Informierte sie mich mit einem breiten Grinsen.

Hier in diesem Stadtteil scheinen die meisten Leute Lia und ihre Familie zu kennen. Zumindest ist mir aufgefallen, dass sie oft von Leuten auf den Straßen gegrüßt wird und sich viele nach ihrer Familie erkunden. Ich wohne ein paar Blocks von ihr entfernt aber wir haben unsere eigenen Einkaufsläden, weshalb ich mich hier eher weniger aufhalte. Das einzige, was unsere beiden Stadtteile verbindet, ist der Stadtpark und der kleine Coffee Shop in dem Lia arbeitet. Wahrscheinlich kannte ich sie deshalb noch nicht, denn selbst wenn man beide Stadtteile verbindet, ist unsere kleine Stadt immer noch eben dies-klein.

"Also Max, wo möchtest du am liebsten hin?" Fragte ich ihn als wir den Laden wieder verlassen hatten.

Er hüpfte fröhlich neben Lia und mir her, während sie wieder seine Hand hielt, vermutlich um ihn nicht wieder zu verlieren oder zu riskieren, dass er wieder einfach über die Straße läuft. Ich trug währenddessen die beiden Tüten mit den Einkäufen darin. Es machte mir nichts aus sie zu tragen, denn sie waren weder schwer noch störend und außerdem gehört es sich meiner Meinung nach so. Wie immer wenn sie in der Öffentlichkeit ist, hielt Lia ihren Kopf wieder gesenkt, starrte meist nur auf den Boden und verhielt sich eher unscheinbar. "Zum Stadtpark!" Rief er aufgeregt.

"Was immer du willst." Nickte ich zustimmend. 

"Aber bis zum Stadtpark ist es noch weit. Ich möchte nicht, dass du mein Zeugs die ganze Zeit tragen musst, Michael." Widersprach Lia.

Ich winkte nur ab und schüttelte den Kopf. "Das macht mir nichts aus, Lia. Wir können ruhig zum Stadtpark laufen, wenn es dir nichts ausmacht." Es machte zuerst den Eindruck als würde sie etwas sagen wollen aber dann nickte sie nur und ging einfach weiter.

Als wir dort ankamen, ließ Lia ihren Bruder wieder los, der sofort zu dem kleinen Eiswagen lief und allem Anschein nach sogar schon bestellte. "Tut mir wirklich Leid, er ist wie ein kleines Kind aber er kann nichts dafür." Murmelte sie plötzlich.

Ungläubig sah ich auf sie hinab und hob eine Augenbraue an. "Du musst dich doch nicht für ihn entschuldigen, er macht absolut nichts falsch." Sagte ich. "Er ist eben wie er ist." Fügte ich hinzu. 

"Es ist nicht so, dass ich mich für ihn schäme, das würde ich nie, ich liebe ihn aber manchmal hab ich das Gefühl mich entschuldigen zu müssen. Er kennt sich mit moralischen Dingen und so nicht sonderlich gut aus. Er sieht die Welt eben so wie er sie sehen will, nicht wie sie wirklich ist und manche Menschen kommen damit nicht klar. Das ist der einzige Grund warum ich mich entschuldige. Ich hab manchmal das Gefühl, dass nicht jeder versteht was es beudetet wie er zu sein. Er weiß nicht, dass er anders ist und er versteht auch nicht wie er auf andere Menschen wirkt. Ich wünschte nur, dass mehr Menschen aufgeklärter wären und ihn nicht immer sofort beurteilen oder abwertend ansehen würden." Erklärte sie.

"Ich würde ja sagen ich weiß was du meinst aber ich glaube das würdest du mir nicht glauben, da ich leider keinerlei Erfahrung mit so etwas habe. Ich verstehe dich aber und du musst dir keine Sorgen machen, ich weiß schon wie ich mit ihm umgehen soll oder ihn zu verstehen habe." Versicherte ich ihr. Dankbar lächelte sie mich an bevor wir uns zu Max gesellten. 

Er hielt sein Schokoeis schon in der Hand und schien uns nicht mal zu bemerken. Ich fragte Lia was sie haben wollte und obwohl sie zunächst darauf bestand, dass sie nichts wollte, bekam ich sie letztendlich doch noch dazu etwas zu nehmen. Nachdem schließlich jeder von uns sein Eis in der Hand hielt und Max schon zur Hälfte fertig war, bezahlte ich schnell und setzte mich dann zusammen mit Lia auf eine Bank von der aus wir Max beim Rumrennen zusahen. Es machte den Eindruck als würde er so tun als wäre er ein Flugzeug aber aus dieser Entferung konnte ich es nicht genau sehen.

Stattdessen widmete ich mich also Lia. Ich beobachtete sie dabei wie sie die vorbeiziehenden Leute beobachtete. Mir fiel vor allem auf wie sie einzelne Leute-besonders Mädchen-in unserem Alter musterte und zunehmend kleiner wurde. 

"Hör endlich auf damit." Sagte ich ihr schließlich in einem leisen, ruhigen Ton nachdem ich ihr eine Weile dabei zu sah.

Erschrocken und aus ihren Gedanken gerissen, drehte sie ihren Kopf schließlich zu mir. "Was meinst du?" Fragte sie mich ahnungslos.

Ich legte den Kopf schief und musterte sie etwas. "Hör auf dich mit ihnen zu vergleichen." Sagte ich ihr. Beschämt sah sie wieder auf den Boden und spielte nervös mit ihren Fingern doch plötzlich wurde sie still bevor sich ein kleines trauriges Lächeln auf ihren Lippen bildete und sie mich ansah.

"Machmal frage ich mich, wie es wäre wenn das alles nie passiert wäre." Sagte sie etwas verträumt. "Ich meine, wie würde mein Leben jetzt wohl aussehen, wenn alles normal verlaufen wäre und ich an diesem Tag nie mit einem Bruder in den Park gegangen wäre?" Fragte sie sich eher selbst.

"Zunächst mal würdest du dich mit einem wie mir vermutlich gar nicht erst abgeben." Scherzte ich in der Hoffnung die Stimmung wieder etwas aufzulockern. "Oder. . . Vielleicht auch doch." Überlegte ich dann weiter.

Lia lachte und schüttelte dabei den Kopf. "Nein, ich meine. . . Wie wäre ich jetzt? Wäre ich dann wohl genau so? Genau derselbe Mensch oder völlig anders?" Fragte sie weiter.

Ich brauchte nicht mal darüber nachzudenken bevor ich eine Antwort für sie hatte. "Dein Aussehen ändert rein gar nichts daran wer du bist." Sagte ich ihr entschlossen. "Wie du aussiehst hat nichts damit zu tun wie du dich verhälst." Fügte ich noch hinzu.

Ich dachte damit hätte ich ihr eine gute und nachvollziehbare Erklärung geboten aber sie lachte bloß humorlos und sah mich an. "Doch das tut es, Michael." Sprach sie ernst. "Niemand will es wahrhaben, "Schönheit kommt von Innen" und so ein Kram, aber das ist alles Schwachsinn. Das ist Wunschdenken. Glaubst du, auch nur einer der beliebtesten Sportler an deiner Schule wäre so wie er jetzt ist, wenn er nicht die perfekte Figur und den perfekten Körper hätte? Glaubst du, das beliebteste Mädchen wäre immer noch so beliebt, würde auf allen Partys mit dabei sein und so selbstbewusst auftreten, mit einem Aussehen wie meinem?" Fragte sie mich. "Dein Aussehen bestimmt deinen Charakter in den meisten Fällen." Mit diesen Worten drehte sie ihren Kopf wieder nach vorne und sah den umherziehenden Menschen weiterhin zu.

"Deine Weltanschauung klingt wirklich traurig." Seufzte ich leicht. Es tat mir Leid, dass sie alles so sah und ich wünschte mir, dass sie andere Blickwinkel kennenlernen würde. Ich wollte mir gar nicht vorstellen was sie alles erlebt haben muss um auf solch eine Theorie zu kommen.

Lia zuckte bloß desinteressiert mit den Schultern. "Du kannst ja davon halten was du willst aber es ist die Wahrheit. Die Welt ist eben traurig."

Ich weiß nicht woran es lag aber ich wollte einfach nicht zulassen, dass das ihre Meinung blieb und deshalb blieb ich an ihr dran. "Nicht alles auf der Welt ist schlecht, Lia." Sagte ich vorsichtig. "Es gibt viele tolle Dinge und Menschen auf der Welt, die einem widerfahren können und tagtäglich passieren. Du musst nur die Augen offen halten." 

Sie steckte ihre beiden Hände in die Taschen ihres Hoodies, ihr Eis hatte sie mittlerweile natürlich aufgegessen. "Für dich ist das was anderes, Michael. Du kennst das nicht." Widersprach sie kopfschüttelnd. "Nimm es mir nicht übel aber Menschen wie du wissen nicht wie es ist ausgeschlossen zu werden." Sagte sie.

"Was meinst du damit, Menschen wie ich?" Fragte ich sie sichtlich verwirrt. Es gefiel mir nicht, dass sie mich direkt in einen Topf warf. Immerhin kannte sie mich nicht, sie wusste überhaupt nichts von mir.

"Menschen an denen nichts falsch ist. Du bist okay, du bist witzig und verbreitest gute Laune und du siehst gut aus. Du weißt nicht wie es ist, wenn man nicht dazu passt." Erklärte sie.

Stirnrunzelnd sah ich sie an und dachte über ihre Worte nach. "Du musst dich von diesem ganzen Schönheitsideal-Mist abschnallen und anfangen für dich selbst zu leben. Jeder Mensch hat etwas an sich, das er nicht mag oder für das er sich schämt. Das ist ganz normal aber das heißt doch nicht, dass du kein Selbstbewusstsein haben darfst."

Lia schaute mich an und für einen kurzen Moment sah es so aus als würde sie ein paar Tränen unterdrücken bevor sie leicht lachte und den Kopf schüttelte. "Wenn man dir so zuhört, dann könnte man meinen, wir reden hier von einem Muttermal oder einem Hinkefuß." Sagte sie abwertend. Sie rückte etwas näher zu mir und drehte ihren Kopf so zu mir, dass ich ihre verletzte Gesichtshälfte gut im Blick hatte. "Siehst du das?" Fragte sie mich dann. Sie zeigte auf die Narben in ihrem Gesicht. "Das sind sieben riesige Narben, die an meinem Haaransatz anfangen und in der Mitte meines Halses aufhören. Sieben. Stück."

Mit ihrem Zeigefinger fuhr sie die dicken roten Linien vorsichtig nach bevor sie ihr Shirt ein Stück weiter runter zog und dort noch mehrere, sogar größere, auftauchten. "Er hat sich an meiner Schulter festgebissen und als man versucht hat ihn von mir loszureißen, hat er dabei noch mal seine Krallen in meine Haut gerammt." Anders als in ihrem Gesicht, war ihre komplette Brust vernarbt. Natürlich konnte ich zwar nicht alles sehen aber es war deutlich zu erkennen, dass die Narben noch weiter nach unten gingen.

Dann nahm sie ihre Haare mit einer Hand zu einem Zopf zusammen und drehte ihren Kopf wieder etwas zur Seite. "Das was du da jetzt siehst soll ein Ohr darstellen. Ich hab nicht mal ein komplettes linkes Ohr, Michael." Schnell ließ sie ihre Haare wieder los und ließ sie wie immer frei über ihren Schultern hängen. "Und jetzt sag  mir bitte noch mal, dass das in der Gesellschaft keinen Unterschied darstellt." Forderte sie mich eindringlich heraus. "Kein Arzt auf der Welt kann mich je wieder normal aussehen lassen." Flüsterte sie.

Zugegben, ich war etwas geschockt. Jedoch nicht mal, weil ihre Verletzungen weitaus schlimmer waren als ich Anfangs angenommen hatte, sondern weil mir klar wurde, dass sie schon ihr ganzes Leben damit leben musste und vermutlich oft genug auf Ablehnung oder schlimmeres gestoßen ist, dass sie sich selbst so abstoßend findet. Ich weiß selbst, dass die Welt und unsere Gesellschaft lange nicht so akzeptabel und gut ist, wie ich es mir wünschen würde.

"Du hattest einen schrecklichen Unfall als du noch ein Kind warst, Lia." Sagte ich sanft. Bei diesen Worten trafen ihre Augen wieder auf meine. "Du kannst nichts dafür und so unfair es auch klingt. . . Du kannst es nicht ändern." Mir fielen im Moment wenig aufmunternde Worte ein, da ich schlau genug war um zu erkennen, dass es für sie wesentlich mehr als ein paar Komplimente von irgendeinem Typen brauchte um ihr zu zeigen, dass sie nicht perfekt aussehen muss um wunderschön zu sein also versuchte ich es einfach mit der Wahrheit.

"Du bist wer du bist und du bist toll so wie du bist. Vielleicht kenne ich dich gerade mal seit ein paar Monaten und vielleicht haben wir vor wenigen Wochen das erste Mal ein Wort miteinander gewechselt aber trotzdem hab ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich dir sage, dass du einer der wundervollsten Menschen bist mit denen ich mich je unterhalten habe." Sagte ich ihr ehrlich. "Du bist unglaublich stark. Und die meisten Menschen könnten sich eine Scheibe von dir abschneiden." Ich gab ihr ein ehrliches Lächeln und wartete auf eine Reaktion.

Es dauerte ein paar Sekunden, vermutlich musste sie alles was ich ihr gerade gesagt hatte erst mal verdauen aber dann formte sich ein kleines Lächeln auf ihren Lippen. "Das dachte der Hund wohl auch und hat gleich alles für sich selbst 'abgeschnitten'." Sagte sie plötzlich ernst.

Wir sahen uns einen kuzen Moment nur an bevor wir beide in schallendes Gelächter ausbrachen.

"Tut mir Leid, ich hab voll den Moment ruiniert." Brachte Lia noch heraus während sie lachte. 

"Schon okay. Ich bin froh, dass es dir besser geht." Kicherte ich und wischte mir eine Träne aus dem Augenwinkel. 

"Ja, und das hab ich dir zu verdanken, also danke. Das war echt nett von dir." Sagte sie dann letztendlich doch noch ernst. 

Ich winkte bloß ab und sah sie an. "Gern geschehen, jederzeit wieder."

Und das war der Moment an dem alles anfing.

_____

A/N

Hey,

da ist der zweite Teil von letzter Woche :)

Ich hoffe wirklich, dass es gut geworden ist und euch gefallen hat und wenn ja, dann freue ich mich natürlich wie immer über Votes und KOmmentare! xx

Morgen ist übrigens meine zweite Prüfung also wäre Daumen drücken nett :P





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