Aufbrausend, Ahnungslos, Alpha

By quedarse

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Cass ist ein normaler Werwolf. Ausser, dass sie ihren Gefährten drei Monate nach ihrem Geburtstag noch nicht... More

Kaugummi
Kraft
Hintern
Fremd
Das Biest in mir
Atmen
Unruhe
Gefährte
Bring mich in Versuchung
Wo warst du
Wilderer
Northern Lake
Schokolade
Familie
Kontrolle
Der Sommer kommt
Hitze
Meins
Gebrochen
Tränen
Du und Ich
Garten Eden
Ich muss
Luna
Wie ein Paar
Vergangenheit
Wasserfest
Silbermondrudel
Bitte
Beinahe
Epilog

Nur fünf Minuten

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By quedarse

16 Jahre alt, Clarisia

Der mächtige Wolf schleuderte sein Gegenüber durch die Luft.
Die helle Gestalt blieb regungslos auf dem Boden liegen und die Angst schlich sich eiskalt in meinen Brustkorb.
Mit angehaltenem Atem sah ich zu, wie unser Alpha sich zurück in seine Menschengestalt verwandelte.

"Steh auf!", befahl er mit schneidender Stimme.
Der sandfarbene Wolf wurde langsam kleiner, das dichte Fell zog sich in die Haut zurück.
Etliche Schrammen bedeckten Damiens Körper. Er stemmte sich auf die Knie und wollte sich erheben, doch seine Beine gaben nach.
"Ich kann nicht", brachte er heraus.
"Du musst", erwiderte sein Vater in einem Tonfall, der keine Widerrede zuliess.
"Du bist ein Alpha. Wenn du nicht mehr aufstehst, tötet dich dein Gegenüber."

Mit schmerzverzerrtem Gesicht kam Damien schwankend auf die Füsse.
Staub und Blut bedeckten seine verschwitzte Haut.
"Sieh mich an", forderte unser Alpha. "Sieh deinem Feind stets in die Augen, er darf nicht erkennen, dass du Angst hast."
"Ich habe keine Angst!", entgegnete Damien heftig.
Er hob das Kinn und starrte seinem Vater ins Gesicht, doch sein Körper zitterte wie welkes Laub im Wind.

"Komm, lass uns gehen." Florin legte einen Arm um meine Schultern, sanft zog er mich fort.
Am Abend suchte ich vergeblich das Jugendhaus nach Damiens grosser Gestalt ab.
"Wo ist Damien?", fragte ich schliesslich Jayce, der es sich auf dem Sofa gemütlich gemacht hatte.
"Oben", antwortete er, ohne den Blick vom Fernseher zu lösen.
Ich räusperte mich. "Wie geht es ihm?"
"Gut." Jayce zuckte mit den Schultern. "Er wollte nichts essen, aber er hat gesagt, dass es ihm gut gehe."

Ich verzog die Lippen zu einem schmalen Strich. Nachdem ich eine halbe Stunde mit mir selbst gerungen hatte, tapste ich die Stufen hoch und klopfte an seine Tür.
"Lass mich in Ruhe", ertönte seine tiefe Stimme durch das Holz.
"Jayce hat gesagt, dass du nichts gegessen hast", sagte ich. "Ich habe dir Schokolade mitgebracht."
"Geh weg", erwiderte er gereizt.
Am liebsten hätte ich mich umgedreht und getan, was er gesagt hatte.
Doch das Gewissen nagte an mir, das war ich ihm schuldig.

"Die Schokolade mit der Milchfüllung", doppelte ich nach.
Einen kurzen Moment herrschte Schweigen.
Dann hörte ich das Rascheln der Bettdecke. "Komm rein."
Mit einem tiefen Atemzug stiess ich die Tür einen Spaltbreit auf.
Ich straffte die Schultern und trat in sein Zimmer. Auf dem Pult stapelten sich Bücher über fremde Werwolfsrudel, dreckige Wäsche lag zerstreut auf dem Boden. Ein Poster einer Band war an die Wand gepinnt. Das Bild darauf wirkte düster, die Bandmitglieder trugen gruselige Masken.
Slipknot, entzifferte ich den roten Schriftzug.
Mein Blick fiel auf Damien, der sich wankend von seinem Bett erhob, die Zähne zusammen gebissen, sodass die Kiefermuskeln hervortraten.

"Meine Güte, du musst nicht aufstehen", sagte ich hastig. "Ich bin nicht dein Feind."
Damien trug ein weisses Shirt, welches ihm zwei Nummern zu gross war und graue Boxershorts.
Obwohl ich ihn bei den Verwandlungen schon oft in Unterwäsche gesehen hatte, beschlich mich ein beklemmendes Gefühl.
Das hier war anders.
Hastig lenkte ich meinen Blick hinauf in sein Gesicht. Seine gleichgültige Maske war gefallen, ich konnte den Schmerz auf seinen Zügen erkennen.

"Wo ist die Schokolade?" Auffordernd streckte er eine Hand aus, mit der anderen stützte er sich am Bettpfosten ab.
"Setz dich hin", wies ich ihn an. "Dann gebe ich sie dir."
Lamgsam liess er sich auf die Matratze sinken, ein tiefer Seufzer hob seine Brust.
Mit gerunzelter Stirn drückte ich ihm die Tafel Milchschokolade in die Finger.
Die Verpackung raschelte leise, als er sie öffnete. Verkrustetes Blut klebte an Damiens geschwollenen Lippen und ein blauer Schatten hatte sich bereits über sein rechtes Auge gelegt.
Mein Blick fiel auf sein Schienbein, an dem sich ein riesiger, dunkler Bluterguss ausgebreitet hatte.

"Das sieht nicht gut aus", bemerkte ich besorgt. "Du solltest zu Lincoln gehen."
"Kira bringt mich morgen hin", erwiderte er mit vollem Mund.
Nachdem er die halbe Tafel verputzt hatte, warf er mir einen prüfenden Blick zu. Auffordernd zog ich die Brauen in die Höhe, woraufhin er sich vorsichtig auf das Kissen bettete.
Unschlüssig blieb ich stehen, ich griff nach der angebrochenen Tafel Schokolade und legte sie auf den Nachttisch.

"Cass?" Damiens Stimme klang leise.
"Ja?" Die Arme vor der Brust verschränkt sah ich auf ihn hinunter.
"Setzt du dich kurz hin?", fragte er, den Blick an die dunkle Decke gerichtet.
"Ehm", gab ich überrascht von mir.
"Nur fünf Minuten", sagte er schnell.
Nach kurzem Überlegen nickte ich. "In Ordnung."
Damien rückte an das andere Ende des Bettes. Kaum setzte ich mich auf die Bettkante, entspannte sich sein Körper.
Seine Atemzüge wurden tiefer und er schloss die Lider.
Ich lehnte den Kopf gegen den Bettpfosten, zog meine Beine auf die Matratze und verharrte einen Augenblick.

Eine Bewegung weckte mich.
Ich öffnete die Augen und erstarrte.
Nur wenige Zentimeter von mir entfernt lag Damiens Gestalt, er schlief, doch ein schmerzerfülltes Wimmern drang aus seiner Kehle.
Ich unterdrückte den Impuls in sein Gesicht zu fassen.
So nahe liess er mich sonst nie an sich heran. Ich wollte mit den Fingern die buschigen Brauen nachzeichnen und ihn in die Wange kneifen, weil er sich ständig wie ein Vollidiot aufführte.
Neben ihm zu liegen vermittelte mir das Gefühl von Geborgenheit, was bestimmt an dem Alpha-Blut in seinen Adern lag.
Die helle Leuchtziffer des Weckers zeigte ein Uhr nachts an.
Ein erneutes Wimmern entwich Damiens Mund, nach kurzem Überlegen pikste ich ihn mit spitzem Finger in die Schulter.

"Damien", raunte ich. "Willst du nicht ein Schmerzmittel nehmen?"
Seine Lider öffneten sich und ich konnte in das grünliche Blau seiner Augen sehen.
Das Lächeln, das auf sein Gesicht trat, beschleunigte das Pochen meines Herzschlags.
Nach zwei Sekunden wich das Lächeln einem entsetzten Ausdruck.
Damien rückte von mir ab und zuckte vor Schmerzen zusammen.
"Was zum Teufel machst du hier?", fuhr er mich an.
Alarmiert setzte ich mich auf. "Du hast mich gebeten zu bleiben."

"Fünf Minuten!", fauchte er. "Ich habe dich nicht gefragt hier zu schlafen!"
"Oh, entschuldige, dass ich eingenickt bin!", erwiderte ich heftig.
"Sch!", machte er, während er mich böse anfunkelte. "Ansonsten hört dich noch Jemand!"
Ich sprang auf die Füsse und stemmte die Hände in die Hüften. "Ich bin sowieso nur hergekommen, weil ich mich revanchieren wollte, als ich Krämpfe hatte!"
"Was faselst du denn schon wieder! Deine hormonellen Schwankungen interessieren mich nicht, Rollins!", knurrte er mit gedämpfter Stimme. "Jetzt verschwinde aus meinem Zimmer!"

"Weisst du was?" Aufgebracht starrte ich in sein zerschundenes Gesicht. "Das nächste Mal kannst du Jemand anderen darum bitten deine Hand zu halten, damit du einschlafen kannst!"
Blitzschnell packte Damien mein Handgelenk. Seine Finger fühlten sich rau an und warm, die Berührung jagte ein Kribbeln meinen Arm hinauf.
"Clarisia, wenn du Jemandem davon erzählst, wirst du dir wünschen nie geboren worden zu sein!", knurrte er drohend.
Ich wand mich aus seinem Griff. "Verrotte in der Hölle!"
Ich wirbelte auf dem Absatz herum und stapfte zur Tür, sein tiefes Grollen im Ohr.

Damien

"Nein." Brian schüttelte bestimmt den Kopf. "Ich werde nicht gegen Cass kämpfen."
Die besagte Person rollte ausgiebig mit den Augen und ich unterdrückte schnaubend ein Lachen.
"Jetzt stell dich nicht so an", bemerkte Jessy genervt.
Sie band ihre hellen Haare zu einem straffen Pferdeschwanz zusammen und streifte den grauen Pullover ab.
"Ich habe keine Lust mich von Cass vermöbeln zu lassen", fauchte Brian. "Und wenn ich mich gegen sie verteidige, reisst er mir den Kopf ab."

Mit spitzem Finger deutete er anklagend auf meine Brust. Meine Brauen wanderten langsam in die Höhe bis ich ein amüsiertes Grinsen nicht mehr unterdrücken konnte.
Cass schüttelte entnervt den Kopf, die ganze Diskussion war ihr sichtlich peinlich.
"Du benimmst dich wie ein kleines Kind", seufzte Jessy. "Wir können tauschen, ich kämpfe schon gegen Cass."
"Wenn das geklärt ist, können wir dann endlich anfangen?" Cass verschränkte die Arme vor der Brust und warf Brian einen finsteren Blick zu.

Jessy und ich stellten uns Cass und Brian gegenüber auf, gerade als Arnie vorüber ging. Unser Trainer stutzte, mit gerunzelter Stirn blieb er stehen.
"Ich hatte gesagt Jungs gegen Mädels", sagte er, während er uns prüfend musterte.
"Brian getraut sich nicht gegen Cass zu kämpfen", petzte Jessy sofort. "Deshalb haben wir getauscht."
Brian zog die dunklen Brauen zusammen und funkelte unsere Freundin wütend an. "Nur weil..."
"Ist mir egal!", unterbrach ihn Arnie, er hob abwehrend die Hände in die Höhe. "Eure Gruppe ist ein Fall für sich."
Ein tiefer Atemzug hob seinen Brustkorb. "Weitermachen!"

Ich ging leicht in die Knie, um einen festen Stand zu haben, elektrisierendes Adrenalin rauschte durch meine Adern.
Meine Sicht verschärfte sich als die Bestie an die Oberfläche meines Bewusstseins drang.
Ein leises Knurren entwich meiner Kehle und Jessy preschte als Erste vor.
Mit geballten Fäusten und flatternden Haaren stürzte sie sich auf Brian.
Die Bindung der Mondgöttin machte es für mich schier unmöglich Cass anzugreifen, weshalb ich meine ganze Wut auf Brian losliess.
Cass hingegen schien nicht von der Prägung beeinflusst zu sein.
Ihre Angriffe waren schnell, hart und erbarmungslos.
Mehrmals traf sie mich an der Flanke, dem Bauch und den Oberschenkeln, jedes Mal, wenn es mir nicht gelang ihre Fäuste abzuwehren.

Als Arnies tiefe Stimme das Training unterbrach, sah Brian aus wie gekaut und wieder ausgespuckt.
Jessy hingegen hatte kaum einen Kratzer, mit selbstgefälliger Miene löste sie ihre verschwitzten Haare.
Cass lachte über Brians Jammern. "Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass Jessy das mit Absicht gemacht hat?"
Jessy grinste breit. "Das war klar, dass Damien Cass verschont und solange ich sie nicht angriff, würde auch sein Beschützerinstinkt nicht mit ihm durchgehen."
Mit einem Schmunzeln streckte ich die Hand aus und die Tochter unseres Beta-Wolfes schlug kräftig ein.

"Hirn über Muskeln, Brian", wandte sie sich frech an unseren Teamkollegen.
"Ach, sei still", murrte dieser und liess sich mit einem Stöhnen zu Boden sinken.
Mit dem Unterarm wischte ich über meine verschwitzte Stirn. Meine Rippen schmerzten, Cass' Schläge hatten bestimmt blaue Flecken auf meiner Haut hinterlassen.
Ein tiefes Grollen rumorte in meiner Brust und ich warf meiner Gefährtin einen funkelnden Blick zu.
"Du hättest ruhig etwas Rücksicht nehmen können", knurrte ich.
Cass hob das Kinn an, ihre Wangen glühten vom Kampf und ihre Haare klebten dunkel an ihren Schläfen. "Warum?"

"Weil wir Gefährten sind!", schnauzte ich sie an.
Jessy musterte mich betreten, sie half Brian auf die Füsse.
"Und?", erwiderte Cass hitzig. "Heisst das nun, dass wir nur noch wie Weicheier kämpfen sollen?"
"Willst du damit sagen, ich kämpfe wie ein Weichei?", fauchte ich, heisse Wut brodelte in meinem Magen hoch.
"Na, vorhin hast du...", begann sie mit gereizter Stimme, doch sie unterbrach sich.

Cass atmete tief durch, ihre Miene veränderte sich.
Ihre Augen wurden gross und tief.
Sie hob das Gesicht und lächelte mich an. Das kleine Grübchen zeichnete sich dabei in ihrer Wange ab, sie sah damit einfach unfassbar süss aus.
Ein Kribbeln durchwanderte meinen Bauch, meine Wut verpuffte augenblicklich. Selbst überrascht über meinen Emotionswechsel, erwiderte ich ihr Lächeln und musste dabei wie ein hirnloser Vollpfosten aussehen.

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"Während der Begrüssung wird es deine Aufgabe sein, unser Rudel unter Kontrolle zu halten." Mein Vater sah mich über den Rand seiner Kaffeetasse mit strenger Miene an. "Unser Rudel mag keine fremden Wölfe in unserem Territorium, ich will deshalb umso mehr, dass sich unsere Rudelmitglieder benehmen."
Ich nickte, die Arme fest vor der Brust verschränkt. "Verstanden."
"Noah, dein Beta-Wolf wird an deiner Seite sein", fuhr mein Vater fort, er trank einen Schluck von seinem Kaffee. "Und natürlich deine Luna."

Meine Brauen zogen sich zusammen, die Muskeln meines Rückens verspannten sich. "Aber wir haben uns noch nicht markiert."
Mit einem Klirren stellte mein Vater die Tasse auf den Wohnzimmertisch, ein ungeduldiger Seufzer hob seine Brust. "Gerade wenn ein fremdes Rudel kommt, sollte die junge Luna deine Markierung tragen."
Fest biss ich die Zähne zusammen, ein leises Knurren rumorte in meiner Brust, woraufhin mein Vater die Augen verengte.

"Amir, lass ihnen ihren Willen", schaltete sich meine Mutter ein. "Sie sind bereit dazu, wenn sie es sind."
Sie kam hinüber ins Wohnzimmer und setzte sich neben meinen Vater auf das Sofa. Sie überschlug ihre Beine, ihr Fuss wippte in einem langsamen Takt.
"Ich werde mich um Clarisia kümmern", sagte sie mit ernster Miene. "Du musst nicht besorgt sein, Damien."
Mein Bauch krampfte sich schmerzhaft zusammen.
"Ich bin nicht besorgt!", fauchte ich und ballte die Hände zu Fäusten.
Der Fuss meiner Mutter hörte auf zu wippen. "Das ist ganz normal, dass du dir Sorgen um deine Gefährtin machst."

"Warum, zum Teufel, sollte ich mir Sorgen machen?" Aufgebracht funkelte ich meine Mutter an. "Sie kann ganz gut auf sich selbst aufpassen!"
"Damien", begann meine Mutter sanft. "Dafür brauchst du dich nicht zu schämen."
"Hörst du mir nicht zu?", knurrte ich, mein Puls pochte heiss in meinem Kopf.
Ein tiefes Knurren liess mich innehalten.
Mein Vater erhob sich, seine hochgewachsene Gestalt warf einen langen Schatten auf den Fussboden. "So redest du nicht mit deiner Mutter!"
Mit einem frustrierten Schnauben wirbelte ich auf dem Absatz herum.

"Ihr könnt mich", murrte ich leise.
"Was hast du gesagt?", donnerte mein Vater, doch in diesem Moment erreichte ich die Tür.
"Damien, bitte." Die sanfte Stimme meiner Mutter liess mich innehalten.
Langsam drehte ich mich um, schwere Atemzüge hoben meinen Brustkorb.
"Du brauchst keine Angst um sie zu haben", sagte sie, der Blick ihrer bernsteinfarbenen Augen musterte eindringlich mein Gesicht.
Ihre Worte trafen etwas in meinem Innern. Kalt und schmerzhaft zog sich mein Magen zusammen.

"Ich habe keine Angst!", presste ich zwischen zusammen gebissenen Zähnen hervor.
Ohne auf eine Antwort zu warten, öffnete ich die Tür und entwischte hinaus ins Freie.
"Wo willst du denn hin?" Die Frage liess mich den Kopf von der staubigen Strasse heben.
Kira stand vor mir, ihre Gestalt wirkte schmal neben der ihres Gefährten. Fest verschränkten sich ihre Finger mit denen von Lincoln.
"Hmpf", machte ich, die Lippen zu einem schmalen Strich verzogen.
Die hellen Brauen meiner Schwester wanderten in die Höhe, ihre Stirn runzelte sich besorgt. "Habt ihr euch wieder gestritten?"
"Und?", erwiderte ich gereizt.

Lincoln warf mir einen missbilligenden Blick zu, doch das war mir egal.
Sollte er sich um sein eigenes, perfektes Leben kümmern. Silbrigweisse Strähnen durchzogen die dunklen Haare an seinen Schläfen und liessen ihn nur noch charismatischer aussehen.
"Damien, wir wollten mit dir reden", begann Kira, zögerlich trat sie einen Schritt auf mich zu.
Ich atmete tief durch, um die brodelnde Wut in meinem Innern zu beruhigen und steckte die Hände in die Hosentaschen. "Worüber denn?"
Kira lächelte ihren Gefährten an, der die Geste erwiderte. Sie legte eine Hand auf ihren Bauch, ihre Finger strichen liebevoll über den geblümten Stoff ihres Kleides.

"Nun, ich bin schwanger", sagte sie und ihre blauen Augen wirkten so glücklich, wie ich sie schon lange nicht mehr gesehen hatte. "Wir werden Eltern."
Perplex sah ich in ihr strahlendes Gesicht.
"Das... das ist grossartig!", stotterte ich.
Kira breitete die Arme aus und ich drückte sie lachend an mich.
"Ich freue mich für dich", flüsterte ich in ihr Ohr, woraufhin sie leise kicherte.
Als sie mich wieder losliess, streckte ich die Hand aus. "Gratuliere."
Lincoln schlug ein, seine Finger waren schmal und weich, Arzthände eben.

Meine Schwester zupfte sanft an meinem Ärmel. "Wir wollten dich fragen, ob du der Pate werden willst."
Ein Kloss bildete sich in meinem Hals und ich schluckte schwer.
"Möchtest du nicht?" Kira musterte aufmerksam meine Miene.
"Doch!", brachte ich heraus. "Doch natürlich möchte ich!"
Meine Stimme klang heiser und ich räusperte mich. "Mehr als alles in der Welt möchte ich der Pate eures Kindes sein."
Kira schlang ihre Arme um meinen Nacken und drückte mich nochmals fest an sich.

"Wir wollten es unseren Eltern sagen", meinte sie freudestrahlend. "Möchtest du nicht mitkommen?"
Sachte schob ich sie von mir weg und verzog mein Gesicht. "Nicht wirklich."
Als ich ihre enttäuschte Miene sah, fügte ich hinzu: "Aber sie werden sich bestimmt unglaublich freuen."
Kira nickte, sie warf ihrem Gefährten einen kurzen Blick zu. "Lässt du uns kurz allein? Ich werde gleich nachkommen."
Lincolns Stirn kräuselte sich, doch er respektierte ihren Wunsch. Über die Schulter warf er ihr einen prüfenden Blick zu.

"Nur fünf Minuten", bekräftigte Kira, sie lächelte, doch diesmal schien das Lächeln ihre Augen nicht zu erreichen.
Kaum schloss sich die Tür hinter ihrem Gefährten, brach Kira in Tränen aus.
Weil ich nicht wusste, was ich sonst tun sollte, zog ich sie in meine Arme.
"Ich habe solche Angst", schluchzte sie, das Gesicht fest gegen meine Brust gepresst.
Tröstend strich ich mit den Händen über ihren bebenden Rücken.
"Was ist, wenn ich das nicht schaffen kann?" Kira hob den Kopf, ihre wässrigen Augen sahen mich beinahe flehend an.
Die Tränen auf ihren Wangen liessen mein Herz schmerzen.

"Was ist, wenn ich keine gute Mutter bin?" Ihre Stimme zitterte so stark, dass ich ihre Worte kaum verstehen konnte.
Ich legte die Hände an die Seiten ihres Gesichtes und erwiderte ernst ihren Blick. "Kira, du wirst eine wundervolle Mutter werden. Und das weiss ich, weil du eine wundervolle grosse Schwester bist."
Ihre Unterlippe bebte, noch mehr Tränen traten in ihre blauen Augen.
Sanft strich ich mit den Daumen über ihre Wangen und lächelte sie liebevoll an. Kira schniefte laut, doch sie erwiderte mein Lächeln.

"Hast du mit Lincoln darüber gesprochen?", fragte ich vorsichtig, als sie sich wieder gefasst hatte.
Sie nickte, während sie mit einem Taschentuch die Tränen abtupfte. "Ja, aber er macht sich nur Sorgen, wenn ich weine."
"Ich mache mir auch Sorgen, wenn du weinst", bemerkte ich säuerlich.
"Mhm, aber du willst mir nicht gleich Antidepressiva verschreiben", entgegnete sie und brachte sogar ein Grinsen zustande.
Froh darüber, dass ihre Tränen versiegt waren, lächelte ich meine Schwester an.
"Kann ich es weitererzählen?"

Ich nickte auf ihren Bauch.
"Es ist noch ganz frisch", antwortete sie. "Aber deiner Gefährtin darfst du es sagen."
Ich gab ein leises Schnauben von mir. "Warum sollte ich es Cass erzählen wollen?"
Kira schwieg, ein Schmunzeln schlich sich auf ihre geschwungenen Lippen.
Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste mich auf die Wange.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

Aw, irgendwie süss, nicht?

Leichter Erwachsenen-Content im nächsten Kapitel ;)

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