♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl...

By Raven-Alice

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Sie rettet sein Leben - Er will sie töten ✰✰✰ Ein düsterer Vampir, ein verhängnisvoller Zauber und eine alles... More

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By Raven-Alice

Die nächsten zwei Tage verbrachte Melissa ihre Vormittage stets im Café. Der Job war anstrengend, aber er brachte ihr ebenfalls Freude und Helena war eine Chefin, wie man sie sich nicht besser wünschen konnte. Und zu Melissas großer Erleichterung kam es nicht wieder zu unangenehmen Fragen. Helena selbst schien überhaupt nicht bemerkt zu haben, in welche Verlegenheit sie Melissa gebracht hatte, und sie vermied es sorgfältig, ein weiteres Mal zu früh zur Arbeit zu erscheinen. Die Nachmittage hielt sie sich für ein wenig Zeit mit Amia offen, dessen Nähe sie immer mehr zu schätzen lernte. Mit Begeisterung zeigte das Mädchen ihr ihre Welt. Ihre Lieblingsschätze, meist Fundstücke vom Strand, ihre liebsten Plätze im Wald und ihre Sammlung selbstgemalter Bilder.

»Welches Bild magst du am meisten?«, wollte das Kind von Melissa bei einer dieser Gelegenheiten wissen. Sie schmunzelte, hatte sie doch eine Ahnung, worauf Amia hinauswollte.

»Natürlich das, auf dem du uns alle gemalt hast.«

Amia strahlte. »Ja, das ist das Beste. Ich mag es, wenn wir zusammen sind wie auf dem Bild.«

Melissa nickte nachdenklich. Tatsächlich verbrachten die Familienmitgliedern jetzt deutlich mehr Zeit gemeinsam, was insbesondere daran lag, dass Nicolas nun auch an den Abendessen teilnahm.

Als wäre es nie anders gewesen, erschien er am Abend nach ihrem Besuch des Leuchtturms im großen Wohnraum und ließ sich neben sie an den Tisch nieder, nicht ohne ihr zuvor wie beiläufig über die Schultern zu streicheln. Adam hatte die Augenbrauen hochgezogen und resigniert geseufzt, doch Tara konnte ein breites Grinsen nicht unterdrücken. Dennoch erkannte Melissa in dem Gesicht der Vampirin noch etwas anderes, dass sie nicht recht zu deuten wusste. Konnte das Sorge sein? Zweifel? Oder pure Überraschung?

Als sie am Abend in ihrem Bett lag, klopfte es leise an der Tür der Gartenhütte und Nicolas bat sie um einen Gute-Nach-Kuss. Fast schüchtern hatte er gewirkt, wie ein kleiner Junge in einem großen Männerkörper. Der Anblick hatte sie dermaßen irritiert, dass sie sich anstrengen musste, um nicht in lautes Lachen auszubrechen.

Sanft und zurückhaltend hatten sie sich geküsst, bis sie eingeschlafen war, den Kopf auf seiner Brust gebetet. Sie könnte sich an dieses Kissen gewöhnen.

Erschrocken zuckte Melissa zusammen, als Amia an ihrer Hand zupfte. »Sagst du mir nicht, ob du mitkommen möchtest?« Erwartungsvoll strahlte das Kind sie an, noch immer ein Exemplar ihrer Bildersammlung in der Hand.

»Oh, entschuldige bitte, Amia, ich wa im Gedanken. Was hast du gefragt?«

»Ob du mitkommen möchtest. Zu dem Fest heute Abend in der Stadt. Adam und Tara haben mir versprochen, mit mir hinzugehen. Oh, das wäre toll, wenn du mitkommst. Und Nicolas.« Mit riesigen braunen Augen und vorgeschobener Unterlippe blickte Amia sie bittend an. Der Blick ließ sie an einen Hundewelpen denken. Hätte sie es nicht besser gewusst, würde sie glauben, Amia hatte das vor dem Spiegel geübt.

»Ähm ...« Melissa hatte eine Ahnung, von welchem Fest Amia sprach, sie hatte in der Stadt genug Plakate gesehen, welche zum märchenhaften Herbstfest einluden. Viele Geschäfte hatten ihre Schaufenster mit den unterschiedlichsten Sagengestalten dekoriert. Helena hatte gleich eine ganze Schar Feen, jede auf ihre Art einzigartig, in ihrem Laden verteilt, zur Freude der Gäste. Aber insgeheim hoffte sie, dass Nicolas sie abends wieder in ihrer Hütte besuchen kommen würde und sie Zeit nur zu zweit hätten. Und dann war da auch der »Ausflug«, den Nicolas dringend unternehmen musste. Wie lange konnte sie ihm noch zumuten, diesen aufzuschieben?

Melissas Zögern ließ Amia die Mundwinkel nach unten ziehen, sodass sie dem Abbild eines traurigen Hundewelpen gleichkam. Am liebsten hätte sie das Kind umarmt und fest gedrückt, doch Amia wartete noch immer auf eine Antwort. - Ach egal, einen Tag länger würde Nicolas schon warten können und Helena hatte Melissa ohnehin bekniet beim Aufräumen nach dem Fest zu helfen. Da war es doch praktisch, wenn sie bereits vor Ort wäre. »Okay, ich komme mit. Wird sicherlich toll.« Konnte ja nicht schaden, einmal auszugehen. Sie würden sich bestimmt amüsieren. Mit Amias flackernden Kulleraugen hatte ihre Entscheidung zumindest nichts zu tun.

Kurz vor ihrem Aufbruch in die Stadt hüpfte Amia wie ein Flummiball zwischen den übrigen Hausbewohnern hin und her und konnte sich kaum entscheiden, wem sie als erstes von ihren liebsten Märchengestalten erzählen sollte.

»Ich mag ja Feen und Riesen und Gnome total gerne, obwohl Zauberer und Hexen auch total cool sind. Meine Freundin in der Schule liest am liebsten Vampirgeschichten. Kann ich nicht verstehen, die sind doch alle falsch. Meistens machen Vampire echt nur langweiliges Zeug ...«

»Hey, jetzt aber mal halblang, ich mache nie langweiliges Zeug ...«, beschwerte Adam sich sogleich lachend.

»Klar machst du das. Stundenlang rumsitzen und warten, bis ein Tier vor deine Kamera läuft, das ist ... superlangweilig! Amia gähnte theatralisch. Adam packte sie aus Rache und kitzelte ihren Bauch. Amia quietschte vergnügt auf und wand sich aus Adams Griff, um sich direkt danach hinter Melissas Rücken zu verstecken.

»Hilfe, Melissa, du musst mich retten vor dem fürchterlichen Kitzel-Vampir!«

Kopfschüttelnd und mit einem breiten Grinsen im Gesicht drehte Adam sich um und griff nach seiner Jacke. Da zupfte Amia an Melissas Arm und, als diese sich zu dem Kind hinabbeugte, flüsterte sie ihr ins Ohr: »Aber meine allerliebste Geschichtenfigur kennst du bestimmt nicht ...«

»Wer ist das denn?«, fragte Melissa. Sogleich sauste das aufgedrehte Mädchen los, rannte die Treppe rauf und wenige Sekunden später wieder hinab, ein Kinderbuch in ihren kleinen Händen.

»Schau!« Amia schlug das Buch auf und deutete auf eine Figur in diesem. »Das ist Nala, eine Häschen-Elfe. Sie ist ein blaues Häschen und kann zaubern. Und sie findet die Nachtregenbogenblume, obwohl alle Tiere im Wald ihr gesagt haben, dass es diese nicht gibt. Nur ihre Freundin, die kleine Maus, hat die Nachtregenbogenblume einmal gesehen und das Nala verraten. Und weil Nala ihrer Freundin vertraut, dass sie nicht flunkert, konnte sie ebenfalls diese außergewöhnliche Blume finden und allen anderen Tieren zeigen.«

»Das klingt nach einer wundervollen Geschichte, ich hoffe, wir lesen sie bald zusammen!«

»Natürlich! Am besten Morgen! Und ich habe noch etwas tolles!« Sie hob ihre Hand, in der sich ein Haarreif mit blauen Häschenohren befand, die Melissa bis dahin nicht aufgefallen waren. »Ich will mich hübsch für das Festmachen und aussehen wie Nala!« Sorgfältig setzte Amia sich die Häschenohren auf den Kopf und strahlte Melissa breit an. »Wie gefällt es dir?«

»Du wirst das süßeste Häschen in der gesamten Stadt sein. Wie schade, dass ich nicht so ein wunderbares Kostüm habe.«

Amia hielt kurz inne und sah Melissa überrascht an. Dann rannte sie abermals hoch in ihr Zimmer, um kurz darauf außer Atem zurückzusein. »Ich dachte, Erwachsene wollen sich nicht so gerne verkleiden ... hat Adam mir gesagt, als ich ihn gefragt habe, als was er gehen möchte. Aber ich glaube, du darfst das trotzdem.« Stolz hielt das Kind Melissa einen zweiten Haarreifen mit exakt den gleichen langen hellblauen Häschenohren hin, wie es selbst welche trug. »Hier, die leihe ich dir. Da können wir beide als Nala gehen!« Und schon hüpfte Amia in die Garderobe, um sich selbst Jacke und Schuhe zu schnappen.

Verdutzt stand Melissa mit den Öhrchen in der Hand da und begutachtete diese skeptisch. Wie konnte sie dem Kind erklären, dass sie das mit dem Kostüm nicht so ernst gemeint hatte?

»Du wirst ein wahrer Hingucker sein!«

Melissa zuckte zusammen. Lässig lehnte Nicolas im Türrahmen und beobachtete Mellissa, ein unverhohlen belustigtes Grinsen im Gesicht. »Verdammt! Du kannst dir das nicht abgewöhnen, was?«

»Was denn? Ich wollte mich doch bemerkbar machen, aber dann hätte ich euch bei der Kostümwahl stören müssen. Du glaubst doch nicht, dass ich so unhöflich bin?«

Nicolas hatte wenig Begeisterung gezeigt, als sie ihm ihre Pläne für den Abend erklärte, doch als Amia ihn ebenfalls bat, zum Fest mitzukommen, konnte er genauso wenig ablehnen, wie Melissa es gelungen war.

Ohne auf Nicolas vorgetäuschte Ausrede einzugehen, verzog Melissa das Gesicht. »Ich werde mich blamieren ...«

»Wirst du nicht.« Nicolas löste sich vom Türrahmen, griff nach den Hasenohren und setzte sie Melissa ins Haar. Das schelmische Grinsen verließ sein Gesicht und machte einem warmen Lächeln Platz. »Auf so einem Fest laufen genug Leute rum, die deutlich verrückter gekleidet sind, als jemand mit einem Haarreif ... Und du wirst definitiv das süßeste Bunny der Stadt sein.« Dann legte er Melissa die Arme um die Taille und zog sie eng an sich, bevor er ihr einen Kuss auf den Mund hauchte. »Und die hübscheste Frau. Lass uns gehen, die anderen warten schon auf uns ... mein Häschen!«

Mit gespielter Empörung boxte Melissa ihm gegen die Brust, doch der große Mann schien das nicht einmal zu bemerken. »Hey! Nenn mich nicht so, ich habe einen Namen!«

»Weiß ich doch!« Nicolas schmunzelte und fuhr betont langsam mit den Fingern über ihre Hasenohren. »Aber ich fürchte, solange du dieses Schmuckstück trägst, will er mir einfach nicht einfallen.«

Nicolas hatte nicht zu viel versprochen. Auf dem Fest unter dem sternenklaren Nachthimmel tauchten zwischen den normalen Besuchern immer wieder Menschen in den verschiedensten Verkleidungen auf, und zwar nicht nur Kinder. Allerdings lag der Schwerpunkt hierbei auf Hexen und Zaubererkostüme, einige Elfen hatte Melissa erblickt und sogar einen Gnom. Doch sie selbst und Amia waren definitiv die einzigen Hasenohrträger. Jedoch kaum jemand schenkte ihrem Kopfschmuck weitere Beachtung, zu bunt war das Treiben in der Stadt. Es waren die unterschiedlichsten Stände aufgebaut, beleuchtet mit den fantasiereichsten Laternen, Lampen und Lichtern. Von Verkaufsständen für regionale Kunstgegenstände oder angebliche magischen Artefakten, sowie märchenhafte Bücher, über verschiedenartige kulinarische Angebote bis hin einem Zelt in dem man sich die Zukunft voraussagen lassen konnte, war alles dabei. Sogar Live-Musik wurde gespielt und hob die Laune der Besucher zusätzlich an. Unter einer bunten Zeltkuppel waren dutzende Sitzkissen auf einem Holzpodest verteilt, auf dem Kinder verschiedenen Alters saßen und gebannt einem Geschichtenerzähler lauschten. Als Amia diesen erblickte, zog sie an Melissas Hand und steuerte direkt auf den Stand drauflos. »Können wir ein wenig hierbleiben?« Mit großen Augen blickte sie Melissa an.

»Natürlich, mach es dir bequem.« Augenblicklich ließ Amia sich auf eines der Kissen sinken und hatte nur noch Augen und Ohren für den bunten Erzähler, der mit beneidenswertem schauspielerischen Talent die Kinder zu begeistern wusste.

Melissa wollte sich gerade auf die Geschichte einlassen, da spürte sie Nicolas Hand an ihren Arm tippen und mit einer Kopfbewegung forderte er sie auf, ihm zu folgen. »Aber wir können Amia doch nicht hier zurücklas...«

»Ich bin mir sicher, sie kommt klar mit Adam und Tara. Sie braucht keine vier Aufpasser«, unterbrach Nicolas sie. Dann hakte er sich bei Melissa unter und zog sie im Strom der Menschen mit.

An einem der Stände kauften sie sich eine Portion schokolierte Himbeeren und teilten diese, obwohl Melissa den Verdacht hegte, dass sie die süßen Beeren deutlich ausgiebiger genoss als Nicolas. Dieser erschien ihr wieder recht blass und fast hatte sie ein schlechtes Gewissen, weil ihre Entscheidung Amia auf dieses Fest zu begleiten, der Grund dafür war, dass er weiter auf seine Mahlzeit warten musste. Als er sie jedoch neckend an ihren blauen Ohren zupfte, beschloss sie, dass ein schlechtes Gewissen überbewertet war und Nicolas einen Tag Fasten ertrug.

Sie gingen weiter und vor einem Malerstand mit Bildern in den verschiedensten Größen, hielt Nicolas an. »Gefallen dir die Kunstwerke?«

Fasziniert betrachtete Melissa ein Bild nach dem anderen. Zahlreiche Landschaftsbilder waren ausgestellt, einige mit Sonnenuntergang, andere mit Mondschein, Seenlandschaften waren ebenso zu finden, wie Wälder oder Küste. Melissa war erstaunt von der Kunstfertigkeit, die diese Bilder an den Tag legten. Am meisten beeindruckten sie jedoch die ausgestellten Portraits. Egal ob es sich um Männer, Frauen oder Kinder handelte, ja sogar ein Hund war dabei, die Bilder sprühten allesamt voller Lebendigkeit und Lebensfreude. »Wow! Das ist unglaublich. Ich wünschte, ich könnte so malen«, murmelte Melissa vor sich hin.

Nicolas zog eine Augenbraue hoch und betrachtete sie nachdenklich. »Ich glaube nicht, dass du diesen Bildern deutlich nachstehst.«

Sie riss die Augen auf. »Was? Aber ... wie kommst du auf so eine Idee?«

Geheimnistuerisch öffnete Nicolas ein Stück weit seinen Mantel, sodass er in die Innentasche fassen konnte, und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus. »Kennst du das hier?«Langsam begann er das Papier zu entfalten.

Melissa war verwirrt. Was konnte er ihr so Besonderes zeigen wollen. Als sie erkannte, um was es sich handelte, brachte sie nur ein überraschtes »Oh« heraus. Nicolas hielt ihr eine Bleistiftzeichnung von Amias Kindergesicht hin. Melissa selbst hatte sie angefertigt in einer der vielen Stunden, die sie mit dem Mädchen und ihrer Stiftesammlung verbracht hatte. Fragend sah sie Nicolas an.

»Ich habe Amia gebeten, mir dieses Bild auszuleihen. Gänzlich überlassen wollte sie es mir nicht, sie hat gesagt, dass man Geschenke nicht weiter verschenken darf.«

»Und du interessierst dich für eine unfertige Zeichnung?«

»Nun, auf diese Weise habe ich etwas Persönliches von dir dabei und gleichzeitig ein wunderbares Bild von ... Amia.«

»Ich habe sie nicht einmal gut getroffen.« Melissa runzelte die Stirn.

»Vielleicht sind es nicht ganz genau Amias Züge ... dennoch finde ich es perfekt getroffen.« Kurz schien Nicolas weit weg mit seinen Gedanken zu sein, bevor er das Blatt wieder sorgfältig wegpackte und weitersprach: »Nachdem du selbst offenbar ein ausgeprägtes Talent zum Zeichnen hast, dachte ich mir, dir würde dieser Stand gefallen.«

»Das tut er.« Melissa betrachtete ein Pastellkreidewerk. »Ich wollte schon lange das Malen mit solchen Kreiden probieren. Aber bislang bin ich nie dazu gekommen, mir welche zu kaufen.« So ganz war das nicht richtig. In ihrem alten Leben hatte sie zwei oder dreimal im Laden für Künstlerbedarf gestanden und lange die unterschiedlichen Pastellkreiden begutachtet. Doch jedes Mal war sie zu dem Schluss gelangt, dass sie selbst für den Kauf der günstigsten Marke mindestens drei Tage auf das Abendessen verzichten müsse. Und bei der wenigen Zeit, die ihr neben ihren Jobs blieb, wäre ein solcher Kauf ohnehin unvernünftig gewesen.

»Da lässt sich Abhilfe schaffen.« Ohne auf Melissas fragenden Blick einzugehen, wendete Nicolas sich zu dem Künstler, dem der Stand gehörte und wenige Augenblicke später hielt er eine Packung mit Pastellkreiden in der Hand. »Vielleicht bekomme ich so einmal ein Kunstwerk von dir, dass ich dauerhaft behalten darf. Ich mag ja Bilder von Frauen mit roten Haaren und blauen Hasenohren ausgesprochen gerne. Nur so als Tipp.« Süffisant grinste er sie an.

Melissa seufzte resigniert auf und hoffte inständig, dass Nicolas niemals das kleine Fach in ihrem Bücherregal öffnen würde, indem sich mittlerweile Dutzende Bleistiftporträts befanden. Und diese zeigten alle die gleiche überhebliche Person.

Nicolas hatte Melissa soeben das neu erworbene Päckchen in die Hand gedrückt, als er mit einem mal stocksteif stehen blieb und sein Blick sich auf einen unbestimmten Punkt in der Ferne richtete. Dann packte er Melissas Arm und zog sie abrupt mit sich mit. »Komm, beeil dich. Da stimmt was nicht.«

»Aber was ist denn ...« Weiter kam Melissa vor Atemnot nicht, da der Vampir ein solches Tempo an den Tag legte, dass ihr nichts weiter übrig blieb, als zu rennen. Als sie wieder in die Nähe des Geschichtenerzählers kamen, vernahm Melissa ein panisches Kreischen, wie von einem kleinen Mädchen. Sie brauchte zwei weitere Sekunden, bis sie begriff, dass Amia die Ursache dieses Geräusches war.

In Bruchteilen von Sekunden malte Melissa sich aus, was dem Kind alles zugestoßen sein konnte, dass es so schrie. Doch es hatte sich eine regelrechte Menschentraube angesammelt, durch die Melissa keinen Meter hindurch kam. Sie keuchte und versuchte die Person direkt vor ihr, an die Seite zu ziehen, um vorwärts zu gelangen. Diese drehten sich entrüstet um und erzählte ihr etwas von Manieren oder Ähnlichem. Melissa hörte kaum zu, sonder startete einen erneuten Versuch ein paar Schritte weiter. Erst da realisierte sie, dass Nicolas auf weniger Gegenwehr stieß und sich unaufhaltsam einen Weg durch die Menschenschar bahnte. Ohne lange nachzudenken, nutzte sie die Schneise, die er hinterließ, und folgte ihm auf den Fuß. Sie presste sich durch die dichtgedrängten Leiber, bis sie blauer Hasenohren erkennen konnte. Oh Gott, Amia saß am Boden und ...

»Sind sie die Mutter von der Kleinen?« Ein Mann hatte sie an der Schulter gegriffen, zurückgerissen und musterte sie jetzt abfällig. Melissa starrte ihn entgeistert an. »Sie haben ja die gleichen komischen Dinger auf dem Kopf. Weil, wenn sie die Mutter sind, dann sollten sie der Göre echt mal Manieren beibringen. So rumzubrüllen mitten auf einem friedlichen Fest, bestimmt hat sie nur ihren Lolli ...«

Weiter kam der Mann nicht. Melissa drehte sich mit einem kräftigen Ruck aus dessen Griff und stieß diesem bei dieser Gelegenheit ihren Ellenbogen in die Seite. Zwar war der Stoß nicht sonderlich kräftig, der Mann war jedoch auf eine solche Reaktion nicht eingestellt und brachte nur ein überraschtes ›Na, hören sie mal!‹ hervor.

Sie konnte ihren Puls in ihren Ohren pochen hören, als sie bei Amia ankam und sich zu dem Mädchen kniete.

Erst da registrierte sie den Körper, welcher vor Amia reglos auf dem Boden lag. Eine Gestalt in einer braunen Jacke, aus der eine Kapuze ragte, die den Kopf halb verdeckte und nur wenig von den kurzen braunen Haaren freiließ. Eine zerrissene Blumenkette hing lose um den Hals.

Melissa schlug die Hände vor dem Mund, um einen Aufschrei zu verhindern, und das Päckchen mit den Pastellkreiden fiel zu Boden. Ihre Gedanken überschlugen sich, als sie versuchte zu verstehen, was sie sah. Das war Adams Jacke

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