♥︎Bad Salvation♥︎ - The Girl...

By Raven-Alice

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Sie rettet sein Leben - Er will sie töten ✰✰✰ Ein düsterer Vampir, ein verhängnisvoller Zauber und eine alles... More

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By Raven-Alice

Es war ein merkwürdiges Gefühl, neben dem großen dunklen Vampir durch die taghellen Straßen der Kleinstadt zu schlendern. Nicht nur Melissa nahm Nicolas' dunkle Präsenz und ungewöhnlich attraktive Erscheinung wahr, auch viele Köpfe der Passanten drehten sich zu dem geheimnisvollen Mann im schwarzen Mantel mit dem auffälligen roten Drachen um. Ob sie erahnten, wem sie da begegneten?

Doch nervöser als die Blicke der vorbeieilenden Menschen machte Melissa Nicolas' Anwesenheit selbst. Sie wusste nicht so recht, wie sie mit der Situation umgehen sollte, zu gegenwärtig war die Erinnerung an den intensiven Kuss in ihrer Hütte. Und jetzt ging Nicolas neben ihr her, als wäre nichts gewesen. - Nein, das stimmte nicht, er hatte sie eingeladen, nicht als Mittel zum Zweck, sondern um sie kennenzulernen! Durfte sie das glauben? Nicolas hätte nahezu jede Frau um ein Treffen bitten können, ohne abgewiesen zu werden. Und vermutlich hatte er das sogar oft genug getan. Warum ignorierte er dennoch Adams Wunsch, ausgerechnet Melissa in Ruhe zu lassen? War es für ihn ein reizvolles Spiel oder hatte er ernstere Absichten?

Während sie schweigend - warum sagte er denn nichts? - nebeneinander hergingen, berührte seine Hand wie zufällig die ihre und augenblicklich rauschte ein warmer Schauer durch ihren Körper. Verdammt, er hatte nur ihre Hand gestreift!

Melissa realisierte, wie ihr Puls sich beschleunigte, und sie biss sich verzweifelt auf die Unterlippe. Prüfend blickte sie Nicolas an, dessen Mundwinkel amüsiert zuckten. Natürlich konnte er ihre Nervosität hören. Melissa stieß genervt die Luft aus.

Wie beiläufig legte Nicolas den Kopf schief und sah sie übertrieben fragend an. »Gefällt dir etwas nicht?«

Da war er wieder, dieser Provokateur! »Du weißt genau, was das Problem ist! Wie wäre es, wenn wir dir Ohropax kaufen? Nur, damit wir gleiche Bedingungen haben?«

»Auf keinen Fall!« Nicolas blieb abrupt stehen und sein Lächeln wurde breiter. Jetzt war es an Melissa, ihn fragend anzusehen. Er beugte sich ein Stück vor, so dass sein Mund sich direkt neben Melissas Ohr befand. »Ich möchte jeden einzelnen Laut von dir hören!«

Hitze pulsierte durch ihre Adern und ihr Herzschlag verdoppelte sich noch einmal. Verflucht, das Auto war kaum zehn Meter von ihnen entfernt, fast hätte sie es geschafft, dieses ohne Vorkommnisse zu erreichen. Klangen Nicolas Worte nur in ihrem Kopf so zweideutig? Und warum fiel ihr ausgerechnet jetzt ihr Traum von letzter Nacht ein? Nicht hilfreich! Sie holte tief und langsam Luft. Nur, um ein wenig die Würde zu bewahren. Jede Tarnung konnte sie ohnehin vergessen. Sie hörte ein raues Schmunzeln an ihrem Ohr und eine Horde Schmetterlinge tanzte in ihrem Magen Samba.

»Beruhig dich, Melissa. Ich habe nicht vor, dich heute zu verführen.«

Oh. Hatte er nicht? Das war ... sie konnte leider nicht zugeben, zu welchem abschließenden Ergebnis sie kam.

Schnell hechtete Melissa zu Nicolas' Wagen und sprang zur Beifahrerseite. Okay, ein paar Meter Luft. Das war gut. Verflucht gut. Das gab ihr Gelegenheit ihre verklärten Gedanken zu sortieren.
Sie stiegen in den Wagen und Nicolas startete den Motor. Melissa hoffte inständig, das Motorengeräusch würde ihren Herzschlag für Nicolas ein wenig kaschieren, aber vermutlich war der teure Wagen doch zu leise für diese Zwecke.

Verstohlen blickte sie Nicolas an, dessen belustigtes Grinsen nicht aus seinem Gesicht verschwinden wollte. Sie sollte ihn fragen, wo er mit ihr hinfuhr. Aber die Wahrheit war, dass es ihr überhaupt nicht wichtig war. Die Tatsache, dass er sie eingeladen hatte, mit ihm zu kommen, war alles, was zählte. Sie wäre vermutlich auch zu ihm in den Wagen gestiegen, wenn er sie gebeten hätte, mit ihm zusammen die Gartenabfälle wegzubringen.

Schweigend saßen sie im Auto und lauschten dem Radio, während sie die Küstenstraße entlangfuhren.

Schließlich ergriff Nicolas das Wort. »Melissa, ich weiß, dass du nervös bist. Aber ich verspreche dir, ich werde dich heute nicht in Verlegenheit bringen, wenn du das nicht möchtest.«

Melissa zog eine Augenbraue nach oben. »Wenn ich dir das glauben könnte ... Andererseits, du hast einmal gesagt, du hältst deine Versprechen ...«

»Oh, hab ich das? Nun, dann wird das eine verdammt harte Prüfung für mich.«

Jetzt grinste Melissa. »Und du glaubst, du kannst sie bestehen?«

»Ich weiß, dass ich manchmal ein Idiot sein kann«, fuhr Nicolas fort. »Aber ich genieße deine Gegenwart wirklich.«

Melissa starrte ihn an, überrascht von seinen klaren Worten.

»Ich möchte nur einen entspannten Tag mit dir verbringen.«

»Okay,« sagte Melissa zögerlich, »dann aber bitte auch keine Provokationen.«

»Was? Ich würde niemals ...«

Melissa hob die Augenbrauen und sah streng auf Nicolas hinab.

»Okay, okay, keine Provokationen.« Er wirkte ein wenig enttäuscht.

»Fantastisch! Versuchen wir es.«, sagte Melissa, wohlwissend, dass ihr Körper ihre lässige Stimme Lügen strafte.

»Hast du Hunger?«, wechselte Nicolas das Thema. Bevor Melissa antworten konnte, knurrte ihr Magen wütend auf.

»Oh, hast du noch nichts gegessen seit dem Frühstück?«

Melissa entsann sich, dass sie heute Morgen das Haupthaus gemieden hatte, um sich nicht von Nicolas möglicher Anwesenheit von ihrem ersten Arbeitstag ablenken zu lassen. »Welches Frühstück?«, nuschelte sie.

Abrupt trat Nicolas auf die Bremse und parkte den Wagen am Straßenrand.

»Willst du mir ernsthaft erzählen, du hungerst schon den gesamten Tag?«

»Essen hat sich irgendwie nicht ergeben ...« Schuldbewusst blickte sie ihn an. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie sich ihr Magen schmerzhaft zusammenzog.

»Für die Zukunft sollte ich offenbar immer einen Schokoriegel vorrätig haben ...« Nicolas schüttelte verständnislos mit dem Kopf, stellte den Motor ab und öffnete die Fahrertür. »Aber gut. Ich hatte es zwar etwas anders geplant, doch so wird es auch funktionieren.«

Er schwang sich aus dem Inneren des Gefährts und Melissa verfolgte überrascht, wie er zum Kofferraum ging, etwas herausholte und sich dann der Beifahrertür näherte. Mit einer eleganten Armbewegung öffnete er diese und deutete Melissa auszusteigen. Erst als sie bereits stand, nahm sie den Picknickkorb in Nicolas' Hand wahr. Sofort sendete ihr Bauch ein deutliches Knurren aus, was ihr einen vorwurfsvollen Blick von Nicolas einbrachte.

»Du hast Essen mitgebracht?«

»Reiner Eigenschutz. Menschen sind normalerweise deutlich umgänglicher, wenn sie gesättigt sind«, sagte Nicolas sachlich.

Melissa lachte auf und musste an die Szene in der Nacht denken, als sie Nicolas und Adam belauscht hatte. Diese Feststellung traf offenbar nicht nur auf Menschen zu. Aber das war nichts, was ihr im Moment sonderliches Kopfzerbrechen bereitete. Es gab Dringlicheres. Sehnsuchtsvoll heftete sich ihr Blick auf den Korb in Nicolas' Hand. Hoffentlich hatte er etwas Schmackhaftes mitgebracht. Irgendetwas, das kein Black Pudding war. Oder auf sonstige Art und Weise blutig.

»Da ich aus bekannten Gründen nicht riskieren kann, dass du vor Hunger tot umfällst, müssen wir unsere fürstliche Mahlzeit an diesen rauen Ort vorverlegen.« Einladend zeigte er zu dem Felsgestein, in dessen Hintergrund das Meer toste.

»Du lässt mich wieder zu den Klippen? Ich hätte gedacht, das Risiko gehst du nicht noch einmal ein.«

»Glaub mir, du wirst nicht mal in die Nähe des Abhangs kommen. Dafür werde ich sorgen. Also, wenn du es nicht darauf anlegst, dass ich mich heldenhaft auf dich werfe, um dich vor einem erneuten Sprung abzuhalten, halte genügend Abstand.«

Der erste Teil klang ... nicht so schlecht. Melissa musste ein Grinsen unterdrücken. »Ich werde über diese Option nachdenken ...«

»Ich scherze nicht.« Drohend blickte Nicolas sie an.

»Ach was, vermutlich bist du derjenige, der mich direkt bis an den Strand schleift und ins Wasser wirft, nur damit du mich danach ausziehen kannst.«

»Verlockendes Angebot. Über diese Option werde ich nachdenken.« Nicolas machte sich gar nicht erst die Mühe, sein Grinsen zu verbergen.

»Vergiss dein Versprechen nicht!«

»Was? Du darfst solche Sachen sagen, aber ich nicht?«, fragte Nicolas entrüstet.

»Im Gegensatz zu dir habe ich nichts versprochen. Und irgendwer muss den Job ja machen.«

Melissa zeigte Nicolas ihr schönstes provokantes Lächeln und machte sich auf den Weg zu den Klippen. Sie spürte, wie sie sich langsam entspannte. Mit einem solchen Schlagabtausch konnte sie deutlich besser umgehen, als mit dem Schweigen, welches sie auf dem Fußweg in der Stadt begleitet hatte.

Einige Meter vom Abgrund entfernt breitete Nicolas eine Decke aus und und mit einem charmanten Lächeln forderte er Melissa auf, sich zu setzten. Als er sich neben sie niedergelassen hatte, öffnete er den Picknickkorb und begann, den Inhalt auszupacken. Zunächst holte er eine Spinat-Feta-Quiche mit einer knusprigen, goldbraunen Kruste heraus, dessen Duft Melissa das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Anschließend förderte er Sandwiches zu Tage, jedes davon liebevoll zubereitet, gefüllt mit hauchdünnen Scheiben von geräuchertem Lachs und frischem Gurken. Als krönenden Abschluss brachte Nicolas eine Schale mit saftigen Mango und Ananasstücken hervor.

Die Sonne schien ebenfalls ihren Teil zum Essen beitragen zu wollen, indem sie mit aller Kraft, die sie im Herbst noch aufbringen konnte, auf die schroffe Landschaft hinabschien. Selbst der Wind wehte ungewöhnlich sanft.

Melissas Augen wurden immer größer beim Anblick der Köstlichkeiten und ihr Magen gab deutlich zu verstehen, dass ihm der Vorgang zu lange dauerte.

»Wow! Und das hast du alles für mich gemacht?«

»Genaugenommen habe ich die Quiche käuflich erworben.« Entschuldigend blickte er sie an. »Aber ja, das ist alles für uns. Ich hoffe, es ist etwas Einladendes für dich dabei.« Sanft ruhte sein Blick auf ihrem Gesicht.

Mit offenem Mund starrte Melissa ihn an. War das noch der gleiche Mann, den sie kennengelernt hatte? Konnte jemand ernsthaft so unterschiedliche Facetten haben? Oder war das alles doch ein Spiel? Was beabsichtigte Nicolas? Und warum sah er so unverschämt anziehend aus, wie er da in der Sonne saß, seine dunklen Haare seine Stirn umwehten und seine tiefgrünen Augen zu leuchten schienen? Am liebsten hätte sie sich vorgebeugt, um die kleine Lücke zwischen ihren Gesichtern zu überwinden und dort weiterzumachen, wo sie am Vortag aufgehört hatten. Doch etwas hielt sie ab.

Ihr Magen protestierte lautstark wegen der erneuten Verzögerung, aber Melissa konnte nicht anders, als zu fragen: »Warum tust du das?«

»Dich nicht verhungern lassen?«

»Ja! ... Nein. Also auch. Warum holst du mich ab nach meinem ersten Arbeitstag? Warum machst du einen Ausflug mit mir und servierst mir ein Festmahl? Warum bist du so bedacht darauf, dass es mir gut geht? ... Und warum hast du mich geküsst?« Okay, die letzte Frage hatte ihren Mund ohne ihre Einwilligung verlassen. Jetzt, wo sie heraus war, hatte sie schreckliche Angst vor der Antwort.

Einen unerträglich langen Moment sah Nicolas sie nur schweigend an. Melissa spürte, wie ihr Herz immer schneller schlug. Und als sie bereits glaubte, Nicolas würde ihr eine Antwort schuldig bleiben, legte er seine Hand auf ihre und sagte leise: »Weil du mich um den Verstand bringst, Melissa. Schon seit dem ersten Tag, an dem ich dich gesehen habe.«

Ihr blieb der Mund offen stehen. Er konnte unmöglich ernst meinen, was er sagte. »Du wolltest nichts anderes als mich loswerden ...«

»Ja, das wollte ich. So schnell wie möglich. Bevor ich nicht mehr in der Lage wäre, dich fortzuschicken. - Diesen Punkt haben wir lange verpasst.« Nicolas betrachtete sie so intensiv, als wolle er keine ihrer Regungen verpassen.

Sie konnte kaum glauben, was sie gerade gehört hatte. War das wahr, was er sagte? Sie wünschte es sich so verzweifelt. Hilflos erwiderte sie Nicolas' Blick.

»Der Kuss war ein Fehler. Ein wunderschöner Fehler, aber trotzdem ein Fehler. Ich habe mich nicht zurückhalten können. Melissa ... ich will dich nicht bedrängen. Ich möchte, dass du dich sicher bei mir fühlst, dass du mir vertraust.«

Irritiert blinzelte sie, bevor sie sich wieder fing. »Aber ich vertraue dir ... mehr als du es selbst tust. Ich hatte nie daran gezweifelt, dass du mich beim Sturz von der Klippe auffangen würdest.«
Nicolas' Augen verengten sich bei der Erinnerung an ihre waghalsige Handlung, doch er ging nicht weiter auf diese ein. »Das meine ich nicht. Ich möchte, dass du dich bei mir entspannen kannst. Das du dich fallen lassen kannst ... also nicht unbedingt von den Klippen ... dass du du selbst sein kannst.«

»Warum?«

»Weil du gerne in meiner Nähe sein sollst. Es ist mir mittlerweile egal, ob wir den Zauber auflösen können ... Ich möchte dich nicht wieder gehen lassen.« Seine Stimme war kaum mehr als ein raues Hauchen, mit einer Spur Verzweiflung.

In Melissas Kopf rasten die Gedanken. Er wollte sie bei sich haben. Nicht nur heute, nicht nur aus Spaß. Er meinte es ernst. Oder täuschte sie sich?

»Adam hat gesagt ...«

Laut aufstöhnend ließ er ihre Hand los und fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. »Adam hat nur gesagt, was er in den letzten zwei Jahren mitbekommen hat. Er hat recht, ich habe nie akzeptiert, dass eine Frau bei mir bleibt. Sie waren für mich Mittel zum Zweck. Ich habe dafür gesorgt, dass sie ein paar nette Stunden hatten und mir genommen, was ich brauchte. Ich habe nicht zugelassen, dass mir eine zu nahe kommt. Nie. Ist es das, was du hören wolltest?«

Kaum wahrnehmbar schüttelte Melissa den Kopf. Nicolas Geständnis wirkte wie ein kalter Eisguss auf sie. Ihr Gehirn weigerte sich, seinen Worten einen Sinn zu geben, herauszukristallisieren, welche Bedeutung diese für Melissa selbst haben könnten.

»Melissa, nichts davon hat was mit dir zu tun. Du bist mir bereits jetzt näher, als es irgendeine Frau seit unzähligen Dekaden war.«

Etwas in Melissa zog sich zusammen. Sie konnte nicht anders, als Nicolas jedes Wort zu glauben. Sie wollte es glauben, so unglaublich dringend wollte sie es. Doch gleichzeitig wusste sie, dass es ein Fehler war. Selbst wenn er es ernst meinte, so würde er sie doch irgendwann im Stich lassen. So wie es letzten Endes jeder tat. Es war gefährlich, zu vertrauen.

Aber sein verzweifelter Blick wirkte so entwaffnend auf sie, es fühlte sich an, als hätte sie keine andere Wahl. Und wenn es nur für den Moment wäre, nur für eine begrenzte Zeit, so wollte sie sich nehmen, was sie bekommen konnte. Ihr zukünftiges Ich würde sie hassen, für das, was sie im Begriff war zu tun. Aber dieses war noch nicht hier und hatte jetzt kein Mitspracherecht. In diesem Moment gab es nur dieses unglaubliche Märchen, in das sie hoffnungslos versinken wollte. Und es gab Nicolas, der sie erwartungsvoll anblickte.

Sie beugte sich vor und schloss die Augen.

Doch anstatt seiner samtigweichen Lippen auf den ihren, spürte sie zwei seiner Finger sich sacht auf ihren Mund legen.

»DAS verschieben wir auf später. Ich möchte ungern erleben, wie du in meinem Armen völlig unterzuckert zusammenbrichst, während eine köstliche Mahlzeit auf dich wartet. Jetzt wird erst einmal gegessen.«

Eine tiefe Enttäuschung breitete sich in Melissa aus und doch konnte sie nicht leugnen, dass Nicolas' Worte nicht ganz von der Hand zu weisen waren. Sie hatte das Gefühl, als wenn sich ein Kreisel in ihren Kopf drehte und fühlte sich erstaunlich schwach. Und das war nicht gänzlich Nicolas' Verschulden.

Sie ließ ihren Blick über die Köstlichkeiten schweifen und entschied sich für eines der Sandwiches. Jetzt wo das Buffet eröffnet war, hatte sie keine Muße mehr, darauf zu warten, bis die Quiche angeschnitten wäre. Herzhaft biss sie in das belegte Brot und sie musste sich widerwillig eingestehen, in diesem Moment war es nicht weniger anziehend als Nicolas selbst.

»Wo wolltest du eigentlich mit mir hin?« Fragend sah Melissa Nicolas an. Gesättigt und zufrieden war es gleich viel unbeschwerter, ein normales Gespräch zu führen.

»Das ist noch immer ein Geheimnis. Du wirst es selbst herausfinden müssen.«

Skeptisch betrachtete Melissa die dunklen Wolken, die sich ihnen von der Meeresseite zügig näherten. Der Wind hatte in der letzten halben Stunde deutlich aufgefrischt. »Könnte ich das eventuell bald tun? Es sieht aus, als könnte es demnächst ungemütlich werden.«

Nicolas, der mit dem Rücken zum Meer saß, folgte ihrem Blick und runzelte die Stirn. »Das klingt in der Tat wie eine gute Idee. Ich schlage vor, wir brechen gleich auf.«

Schnell packten sie alles zusammen und stiegen in den Wagen, als bereits die ersten Tropfen niederprasselten. Der Regen nahm rasch an Intensität zu und Melissa beobachtete, wie dieser in Strömen auf die Windschutzscheibe niederging. Die Fahrt verlief in Stille, nur das Trommeln des Regens und das Rauschen des Meeres waren zu hören. Doch diesmal fühlte Melissa sich deutlich entspannter und sie genoss die Nähe zu Nicolas. Etwas an ihrem Gespräch hatte sie beruhigt.
Ganz anders als die schauergeplagte Landschaft um sie herum, war es im Auto trocken und kuschelig warm. Hin und wieder drehte Melissa den Kopf zu Nicolas und tat so, als lächelte sie ihn nur kurz an. Inständig hoffte sie, dass er nicht mitbekam, dass sie in Wahrheit die gesamte Fahrt über ein grenzdebiles Lächeln im Gesicht trug, das sie nicht ablegen konnte.

Irgendwann bog Nicolas auf einen unbefestigten Weg ab, der auf eine Landzunge führte, an dessen Ende ein alter, verlassener Leuchtturm in den Himmel ragte. Langsam fuhr er bis zu dem verwahrlosten Gebäude vor und hielt direkt vor dem Eingang an. Melissa sah ihn fragend an. »Wo sind wir?«, fragte sie.

»An unserem Ziel«, raunte Nicolas.

Skeptisch hob Melissa die Augenbrauen. »Soll das so eine Art Test sein?«

»Test? Nein, wie kommst du darauf? Ich möchte mit dir diesen herrlichen Leuchtturm besichtigen. Ich bin sicher, er wird dir gefallen.«

Melissa war deutlich weniger überzeugt als Nicolas. Warum brachte er sie an so einem verlassenen Ort? Was versprach er sich davon? Um sich besser kennenzulernen gab es ganz bestimmt geeignetere Plätze. Sie konnte sich keinen rechten Reim auf die Sache machen.
Bevor Melissa eine Chance bekam, weiter über den Besuch im Leuchtturm nachzudenken, stand Nicolas schon neben ihr, die Beifahrertür hatte er weit geöffnet. »Darf ich bitten?«

Nur zögernd verließ Melissa die angenehme Wärme des Wagens und tauschte diese gegen nassen Wind im Gesicht ein. Schnell eilten sie die letzten Meter zur Eingangstür des Turmes und Nicolas schob einen rostigen Schlüssel in das Schloss.

Er hatte einen Schlüssel zu einem verlassenen Leuchtturm?

Quietschend öffnete sich die schwere Eisentür. Alles in Melissa sträubte sich, in die schwarze Dunkelheit vor ihr zu treten. Einen Moment sah Nicolas sie fragend an, dann schien ihm etwas einzufallen und verschwand in dem bedrohlichen Nichts im Türrahmen. Keine Sekunde später erstrahlte eine von der Decke baumelnde, nackte Glühbirne einen kargen Raum mit einer einzigen hochreichenden Treppe, die zu einer weiteren Tür in die nächste Etage führte. Der Raum selbst war trocken und relativ spinnenwebfrei war. Seltsam, als wenn hier jemand regelmäßig sauber machte.

»Tut mir leid, ich vergesse manchmal, dass Menschen im Dunkeln weit weniger Sehkraft haben als ein Vampir. Ich hoffe, so ist es besser. Komm rein, du wirst noch ganz nass.« Behutsam ergriff er Melissa am Ellbogen und zog sie über die Türschwelle.

Diese drehte sich verwundert im Raum um. »Warum sind wir hier?«

»Hier ist nur der Eingangsbereich. Unser Ziel liegt hinter der Tür dort oben.« Mit einer Hand deutete Nicolas auf das Ende der Treppe.

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