#21 - Zerknuddelt

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Manchmal spürte man einfach, wenn alles stimmte. Es kam nicht oft vor, aber es konnte passieren. Wenn die Dinge in dem eigenen Leben alle am rechten Fleck waren, wenn die Personen, die man liebte, glücklich waren, und wenn man einfach zufrieden mit sich selber, seiner eigenen Person, war.

Natürlich, es gab immer etwas zu verbessern, besonders wenn man so ein (manchmal schon krank) perfektionistisch veranlagter Mensch war wie ich. Ich fand immer etwas, das ich besser machen oder verbessern konnte. Aber manchmal war auch ich mit allem zufrieden. Naja, oder eher sehr, sehr selten.

Aber jetzt gerade war einfach so ein Zeitpunkt.

Ich lag in meinem Bett in New York und hatte die Augen weiterhin geschlossen. Ich hatte keine Ahnung, wie viel Uhr es war, wie viele Stunden ich geschlafen hatte, in wie vielen Stunden Papas und Janas Flug ging – das Einzige, was zählte, waren die tiefen, langsam Atemzüge, die ich in meinem Nacken spürte. Sie strichen so sanft über meine Haut, dass sie sich wie Liebkosungen anfühlten.

Wie ein Geist, wie ein Schmetterlingsflügel, wie eine Feder.

Kaum spürbar und doch da.

Ich drehte mich um, die Augen weiterhin geschlossen, und drückte mein Gesicht gegen Harrys Hals. Ich konnte das Vibrieren seines Adamsapfels spüren, als er ein wenig lachte. Er verstärkte seinen Griff um meine Taille und zog mich noch fester an sich.

Ich spürte seinen Herzschlag und merkte, wie meiner mit seinem im Einklang schlug.

Eine Seele in zwei Körpern.

In dieser wunderbaren, geborgenen Wärme schlummerten wir noch eine gefühlte Ewigkeit weiter, bis ich merkte, dass ich langsam echt dringend mal auf die Toilette musste. Und außerdem wollte ich rechtzeitig aufstehen, um wenigstens noch ein wenig Zeit mit Jana und Papa zu verbringen. Jetzt war ich schon endlich mal hier in New York mit ihr, dann sollte ich auch ein wenig mit ihr rumhängen. Und wir waren bei Papa, den ich so selten sah, also sollte ich meinen Hintern doch mal aus unserem kleinen Nest schwingen und die beiden aufsuchen.

Ich öffnete meine Augen und blickte in mein Lieblingsgrüneaugenpaar auf der ganzen weiten Welt.

„Hast du mich beobachtet?", fragte ich ihn misstrauisch und musste aber gegen meinen Willen ein wenig lächeln. Ich biss mir auf die Unterlippe, damit er mein Lächeln nicht sehen konnte.

Sein Blick sprang prompt zu meinem Mund und dann wieder zu meinen Augen.

„Natürlich, was denkst du denn", antwortete er leichthin und schämte sich kein bisschen dafür, dass ich ihn beim Starren erwischt hatte. Naja, aber ich schämte mich ja auch nicht, wieso auch. Wenn wir das nicht durften, wer dann?

„Wenn du wüsstest", er vergrub das Gesicht in meinen Haaren, „wie oft ich dich anschaue, wenn du nicht herschaust, wärst du wahrscheinlich entsetzt."

„Nein, ich würde mich geehrt fühlen", gab ich wahrheitsgemäß zurück.

Er hob das Gesicht wieder aus meinen Haaren und sah mich an.

„Wieso das denn?"

„Naja, ich bin diejenige, die einer der besten, nettesten, liebsten Menschen – der Mensch, den ich über alles liebe – auf der Welt am liebsten anschaut?", sagte ich und sah ihn an, als hätte er nicht alle Tassen im Schrank.

Ein kleines Lächeln erschien auf seinem Gesicht und brachte ein Grübchen zum Vorschein. Ich konnte nicht anders und musste mit dem Daumen darüber fahren, wodurch es sich nur noch vertiefte, weil Harry stärker lächelte.

„Weißt du, das ist auch eine der Sache, die ich so sehr an dir schätze", erklärte er mir und fuhr unter der Decke mit der Handfläche leicht über meinen Rücken, „so gut wie jeder hätte auf meine Frage geantwortet mit: ‚weil du Harry Styles bist', aber du nicht. Für dich bin ich nicht der berühmte Superstar, den jeder anbetet, obwohl sie ihn alle nicht einmal persönlich kennen. Für dich bin ich der dämliche Harold aus dem Hinterland von England aus einer Stadt, die vorher kein Schwein kannte, bis ich bei X-Factor war. Du bist nicht mit mir zusammen, weil du durch mich berühmt werden willst oder weil meine Berühmtheit der einzige Grund war, der dich angezogen hat. Und das ist Gold wert, Sam, das ist so viel wert, dass ich es nicht in Worte fassen kann. Vielleicht sieht es in deinen Augen nicht so bedeutend aus, aber ich habe so viel in den letzten drei Jahren erlebt, dass ich sagen kann: ja, das ist besonders und das ist mehr wert, als man sich ausmalen kann. Danke dafür."

HeartdanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt