#6 - Hey Schicksal, hast du 'nen Clown gefrühstückt?

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Wir hatten noch ein wenig trainiert, damit wir alle nicht einrosteten. Die Energie in dem Studio war der Burner. Alle waren total aufgedreht und freuten sich so sehr über die Email von diesem Herrn Johnson.

Und sie freuten sich so sehr für mich, und das war mir so viel wert. Das bedeutete mir unendlich viel, denn meine Crew war schon immer meine zweite Familie gewesen. Dass sie so hinter mir standen, bestärkte mich nur noch mehr.

Nicht jede Crew hatte so einen Zusammenhalt und gönnte dem anderen den alleinigen Erfolg beim Tanzen.

Als ich nach Hause kam, wurde ich erst von Leo aufgehalten, dem ich ebenfalls alles noch haarklein erzählen musste, und dann von Mom, die gerade mit Papa skypte, sodass ich auch noch einmal ihm alles erzählte.

Jedes Mal, wenn die Worte wieder aus mir herauskamen und ich sagte, dass AMCK mich unter Vertrag nehmen wollte, wurde ich immer hibbeliger. Langsam ging es wirklich in mein Hirn rein und ich freute mich so sehr, dass ich es gar nicht mehr in Worte fassen konnte. Es war einfach der Hammer. Ich würde am liebsten nur wie ein kleines Kind durchs Haus hüpfen und laut singen.

„Okay, jetzt muss ich aber wieder in New York anrufen", sagte ich, verabschiedete mich von Papa und gab Mom das iPad zurück.

Ich verzog mich (hüpfend, wie sonst) in mein Zimmer.

Guuut, dann rufen wir doch dort mal noch einmal an.

Ich wartete gespannt wie ein Flitzebogen, bis Mister Ray Johnson abhob.

„Hallo Samantha!", begrüßte er mich. „Da habe ich die deutsche Nummer auf meinem Telefon gesehen und wusste sofort, dass Sie das sind!"

Ich lachte.

„Hallo Mister Johnson."

„Und, was sagt Ilona?"

„Sie muss leider aus persönlichen Gründen ablehnen", sagte ich und fühlte eine kleine Traurigkeit, die sich in mir breit machte. Es wäre der Hammer gewesen, das alles mit Ilona zusammen zu erleben. Jemand, mit dem ich meine Erlebnisse teilen konnte, jemand, der immer an meiner Seite stand. Aber ich würde das auch alleine hinkriegen, da war ich mir zu einhundert Prozent sicher. Mich würde jetzt nichts so schnell umhauen. Und außerdem würde ich neue Leute kennen lernen, die mit mir die Erlebnisse und Erfahrungen teilen konnten.

„Aber wenn es ginge, würde sie vereinzelt für ein paar Sachen tanzen, wenn Sie Bedarf an Tänzern haben. Nur klappt es bei ihr nicht, dass sie es als richtigen Nebenjob geschweige denn als Hauptberuf machen möchte", erklärte ich.

Sofort wurde das Kribbeln in meinem Magen stärker.

Hauptberuf.

Man musste sich das Wort nur mal auf der Zunge zergehen lassen.... Als Hauptberuf Tänzerin.

Hallo, ich heiße Sam Ferroni und bin professionelle Tänzerin von Beruf.

Alter. Schwede.

Das war eindeutig zu viel in meinem Kopf.

Oh, aber vielleicht sollte ich dem netten amerikanischen Herrn am Telefon doch mal wieder zuhören!

„Das ist schade. Aber es lässt sich sicher einrichten, dass sie, wenn sie Zeit hat, auch einmal irgendwo mitwirken kann. Wir werden es sehen", sagte er gerade und ich konnte das breite Lächeln schon bis hierher hören.

Mir fiel auf, dass ich gar nicht wusste, wie der werte Herr eigentlich aussah. Ich musste ihn später dringend einmal googlen, damit ich mir auch ein Bild zu dieser tiefen, sympathischen, autoritären Stimme machen konnte.

„So, dann brauchen wir jetzt nur noch einen Termin für Sie, wann Sie nach New York kommen können und Sie direkt starten können. Darf ich Sie fragen, was Sie momentan beruflich eigentlich tun?"

HeartdanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt