#31 - Körbchen

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„Nichts", meinte Justin und zuckte nur unschuldig mit den Schultern. Mir war klar, dass er mich die ganze Zeit beobachtet hatte. Also ich meinte nicht die ganze Zeit, während ich meine Sachen zusammengepackt und er an der Wang gelehnt hatte, sondern wirklich die ganze Zeit. Von dem Moment an, als ich das Studio betreten habe und er festgestellt hat, dass wir uns schon einmal begegnet sind.

„Na dann", meinte ich grinsend und ging an ihm vorbei.

Er schloss zu mir auf und steckte seine Hände in die Taschen seiner Jeans.

„Sag mal...", fing er an und ich sah ihn neugierig von der Seite an. Er druckste ein wenig herum. „Hast du heute Abend schon was vor? Oder hast du Lust, etwas essen zu gehen? Ich sterbe gleich vor Hunger!"

Im Bruchteil einer Sekunde schossen mir tausend Gedanken durch den Kopf, als in mein Hirn sickerte, was genau er mich gerade gefragt hatte.

War er eigentlich momentan mit Selena zusammen? Ich meine, bei denen wusste man ja nie. Caro war ja der festen Überzeugung, dass sie es selber nicht wussten, ob sie zusammen waren oder nicht, und sie sich bestimmt immer nur stritten, weil der eine dachte, sie waren gerade zusammen, und der andere dachte, sie waren gerade getrennt.

Aber wenn er mit ihr zusammen war, würde er mich dann fragen? Nein, also war er Single. Und wenn er doch mit ihr zusammen war und mich fragte... dann fände ich das ganz schön unerhört und daneben.

Und wieso zum Teufel machte ich mir da überhaupt so viele Gedanken drüber? Wieso qualmte es schon fast aus meinen Ohren?

Es sollte mich nicht jucken, denn ich war wie gesagt nicht frei und würde deswegen mit keinem anderen ausgehen als mit Harry. Nur dass der ein blöder Idiot war, aber das nur am Rande.

Andererseits... wenn man Justin und mich zusammen sehen und ablichten würde und die Bilder im Internet landen würden, würde Harry sie sehen und dann könnte ich ihm eins auswischen und zeigen, wie sich das anfühlte, und –

„Ähm, sorry, ich muss jetzt echt dringend los", antwortete ich ein wenig zerknirscht und lächelte leicht. „Wir hören bestimmt eh in irgendeiner Weise bald wieder voneinander!"

„Okay", sagte er mit einem breiten Grinsen im Gesicht.

Er kam auf mich zu – inzwischen waren wir nämlich im Erdgeschoss – und umarmte mich.

Verdammt, er roch echt verboten gut.

„Bis dann, Sam!"

Er drehte sich an der Glastür ein letztes Mal um und schenkte mir ein Lächeln.

Ich sah ihm hinterher, bis ich seinen muskulösen Rücken, den man durch das Tanktop wirklich viel zu gut erkennen konnte, nicht mehr sehen konnte.

Irgendwie hatte ich es nicht gekonnt.

Ich hatte einfach nicht Ja sagen können. Ich meine, es wäre ja nichts dabei gewesen, mit ihm etwas essen zu gehen! Von meiner Seite wäre das nur freundschaftlich gewesen, mehr nicht.

Aber ich war so einfach nicht. Ich konnte das nicht. Ich konnte der Person, die ich mehr liebte als alles andere im gesamten Universum, nicht mit Absicht wehtun. Das konnte ich nicht. Andere taten so etwas, aber ich fand das schrecklich. Es gehörte sich nicht. Und man wollte selber doch auch nicht mit Absicht verletzt werden, warum sollte man es dann anderen antun?

Ich fand es nicht in Ordnung.

Und deswegen konnte ich nicht mit Justin irgendwo hin gehen, wo es außerhalb von unserem Job war.

Ein schlechtes Gewissen hatte ich trotzdem ein wenig.

„Willst du hier Wurzeln schlagen oder machst du dich endlich mal aus dem Staub?", erklang eine schnarrende Stimme an meinem linken Ohr.

HeartdanceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt