#26 - Auf zu den Engelchen

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Meine Hand glitt von der Türklinke und meine Augenbrauen zogen sich zusammen.

Ja, okay, ich war in New York, aber es war Sonntag und ja, ich wusste, dass es Shops gab, die sonntags offen hatten, aber ich konnte mir nicht vorstellen, dass das sonderlich schöne Sachen dann waren und geschweige denn dass ich sofort etwas fand, was mir gefiel. Und nicht zu teuer war.

Also: Koffer durchforsten.

Ich kickte die Wohnungstür hinter mir zu, streifte meine Sneakers von meinen Füßen und ging auf direktem Wege in mein Zimmer. Ich klappte meinen riesigen Koffer auf und überlegte. Ich setzte mich im Schneidersitz davor und biss mir nachdenklich auf die Unterlippe. Was hatte ich denn mitgenommen, was hatte ich denn mitgenommen...

Einen Augenblick später hätte ich mich am liebsten selber abgeknutscht. Ich hatte einen schicken, schwarzen Overall mitgenommen, das wusste ich ganz sicher. Er war elegant, ärmellos und knöchellang. Meine schwarzen High Heels waren in einer Plastiktüte ebenfalls in meinem Koffer.

Ich atmete tief durch und lobte mich selber, dass ich ab und zu doch einmal mein Hirn einschaltete und mitdachte. Man konnte es kaum glauben, aber manchmal geschah es doch. Aus Versehen.

„Wenigstens einmal meint es das Schicksal gut mit mir, kaum zu glauben", murmelte ich und schnaubte dann belustigt.

Gut, jetzt hatten wir das Kleidungsproblem gelöst, jetzt konnte ich mich den wichtigen Dingen des Lebens widmen: Essen.

Was gab es schließlich Wichtigeres als Essen?!

In der Küche fand ich einen großen Eisbergsalat im Kühlschrank. Ich hatte ja jetzt offiziell einen sportlichen Beruf, also sollte ich mich besser auch gesund ernähren.

Ich briet mir ein bisschen Fleisch an, schnitt die Tomaten, den Salat, ein paar Gurkenscheiben und was ich eben noch so im Kühlschrank finden konnte, klein und mixte mir ein Dressing zusammen. Am Ende hatte ich einen wunderbaren, riesengroßen gemischten Salat, der himmlisch schmeckte.

Zufrieden stopfte ich ihn in mich hinein. Ich räumte die Küche auf und überlegte, wie ich jetzt am besten vorgehen sollte.

Erst einmal ging ich duschen. Ich ging irgendwie zu oft duschen in letzter Zeit. Aber ich hatte draußen ein wenig geschwitzt und ich musste meine Haare schließlich richtig machen und mein Gesicht durfte nicht glänzen und dann konnte ich auch gleich duschen gehen.

Meine Gedanken wanderten die ganze Zeit zur Fashion Show. Wie würde das für mich sein? Es würde sich sicher komisch anfühlen, alleine dort herumzulaufen. Ich würde ja niemanden kennen – nein, falsch: Mich würde niemand kennen. Ich würde dort wahrscheinlich den Großteil der Menschen kennen, die dort herumliefen. Aber ich war ein Nobody, der irgendwo in den hinteren Reihen zu sitzen hatte und auf den niemand achten würde. Ich würde dort ein wenig herumlaufen und zusehen dürfen, wie Harry und die anderen vier angehimmelt und abgelichtet und interviewt wurden.

Und ich würde genau sehen, wenn Harrys Blick die ganze Zeit zu mir wandern würde. Ich würde in seinen Augen sehen, dass er so gerne zu mir herkommen würde. Aber das ging nicht. Wir mussten warten, bis Ray Johnsons Plan aufging und ich mir selber einen Namen verschafft hatte. Sonst würde es wirklich heißen:

Sam Ferroni, das Mädchen, das durch Harry Styles berühmt wurde und ihn nur ausnutzen will.

Wenn ich diese Worte auch nur in meinem Kopf dachte, blähten sich meine Nasenflügel auf und meine Nackenhärchen stellten sich auf. Es war genau das Gegenteil! Wir hatten extra dafür gesorgt, dass niemand von uns erfuhr, und dann wollte man mir ankreiden, ich würde nur mit ihm zusammen zu sein, weil ich berühmt werden wollte.

HeartdanceWhere stories live. Discover now