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Bucky

Stark Expo,
2. Weltkrieg

Während die Menge ihre Augen fest nach vorn auf die Bühne gerichtet hatte, legte der Leiter der Veranstaltung, Howard Stark, lächelnd von dem Licht der Scheinwerfer begleitet einen Hebel um. Ganz langsam hob der dort zur Schau gestellte Wagen vom Boden ab - und schwebte tatsächlich! Mit vernehmlichen "Oh!"'s und "Ah!"'s bestaunte das Publikum das Auto der Zukunft, bis es mehrmals laut knackte. Funken stoben aus den Radkästen, bevor der Wagen wieder zurück auf den Boden fiel, sodass die Plattform unter dem plötzlichen Aufprall erbebte. Stark nahm es jedoch nur mit einem weiteren Lächeln zur Kenntnis und kommentierte gelassen wie eh und je: „Ich sagte ja 'in wenigen Jahren', nicht wahr?"
Lächelnd drehte Bucky sich um, weil er Steve etwas sagen wollte, und bemerkte erst jetzt, dass sein Freund gar nicht mehr neben ihm stand. Selbst Steves Begleiterin wusste nicht, wohin er gegangen war.
Seufzend machte er sich auf die Suche.
Er fand Steve schließlich vor dem einzig nicht-futuristischen Pavillon der gesamten Ausstellung: dem Rekrutierungsstand der U.S. Army. Allerdings war niemand da. Offensichtlich wollte keiner an den Krieg denken, wenn man sich doch all die erstaunlichen Dinge ansehen konnte, die die Zukunft bringen würde.
Keiner außer Steve Rogers, der den Stand fasziniert anstarrte.
"Muss das jetzt wirklich sein?", fragte Bucky und trat neben ihn. Er kannte die Antwort schon, wartete aber dennoch - sei es nur um des Fünkchen Hoffnung wegen.
"Ich versuche mein Glück", erstickte Steve jenes Fünkchen im Keim und nickte energisch, um deiner Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen.
"Als wer?", wollte Bucky schroff wissen und konnte sich erneut denken, was in ihm vor sich ging. Diesmal fuhr fort: "Etwas als 'Steve aus Ohio'? Die kriegen dich. Oder, schlimmer noch, die nehmen dich in die Armee auf."
Wut kroch in Buckys Inneren auf.
Er selbst würde schon am nächsten Tag nach England reisen und sein bester Freund auf der ganzen Welt war nicht bereit, sich an diesem Abend mit ihm zusammen zu amüsieren, sich mit hübschen Mädels zu unterhalten und vielleicht ein bisschen zu tanzen. Zum ersten Mal verlieh Bucky seinen Befürchtungen darüber Ausdruck, dass Steve in den Krieg ziehen könnte und er sah, wie seine Ehrlichkeit Steve unvorbereitet traf.
"Das ist kein Kampf in der Gasse", Buckys Stimme nahm einen sanfteren Ton an, "sondern Krieg."
Steve schüttelte das magere Gesicht. "Nein. Es ist der Krieg. Der Krieg, den wir nicht verlieren dürfen. Der Krieg, der zählt - und ich möchte meinen Beitrag leisten."
Steve ging einen Schritt auf den Stand zu und Bucky legte ihm eine Hand auf den dünnen Arm. Eines der Mädchen, die sie begleiteten, rief ihm zu: "Hey, Bucky, gehen wir jetzt tanzen?"
"Klar doch", erwiderte er, wandte sich erneut Steve zu und forderte ihn auf: "Komm schon. Das ist mein letzter Abend."
Sein Freund drehte sich verlegen um. Bucky wusste, dass er nicht mehr tun oder sagen konnte, um Steve davon abzuhalten, diesen Stand zu betreten. Er reichte ihm die Hand und Steve schlug ein - vielleicht zum aller letzten Mal. Es war Zeit, Lebewohl zu sagen.
Ein stechender Schmerz bohrte sich geschmeidig wie eine Nadel in sein Herz, als er sagte: "Mach keine Dummheiten, bis ich wieder zurück bin." Falls ich je zurückkehren sollte.
"Geht doch gar nicht", scherzte Steve zurück, "der Dümmste ist dann doch weg. Und nicht den Krieg gewinnen, bevor ich dort bin."
Mit diesen letzten Worten betrat er den Stand.
Schweren Herzes sah Bucky seinem Freund hinterher. Er hoffte um seinetwillen, dass er bekam, was er sich wünschte. Allerdings bezweifelte er, dass Steve dann glücklicher sein würde.

Die Erinnerung verblasste mit einem einfachen Blinzeln vor seinen Augen und verwandelte sich in einen festes Stück seines Gedächtnisses, das immer mehr verlorene Fetzen seiner Vergangenheit zu Fassen bekam. Es war fast so, als würde sich der dunkle Schattenschleier in seinem Kopf immer mehr heben und das darunter Verborgene offenbaren - anders wusste er es nicht auszudrücken. Sein Schädel dröhnte, als er sich aus den Sessel hob und ... -
eine neue Erinnerung spielte sich vor seinen Augen ab. Zumindest waren es Stücke davon.
Zuerst überkam ihn das Gefühl zu fallen, schreiend, von dem stürmischen Winterwind mitgerissen. Er hörte eine vertraute Stimme seinen Namen rufen.
"Bucky!"
Dann das Aufblitzen von Weiß, die stechende Eiseskälte von Schnee.
Ein entsetzlicher Schmerz betäubte seinen zerfetzten, linken Arm. Alles, was er bevor der einhüllenden Dunkelheit wahrnehmen konnte, war die rote Farbe seines Blutes im rein weißen Schnee.
Er blinzelte den vergessenen Moment davon, ehe er auf seinen Metallarm blickte. So musstet er seinen biologischen Arm aus Fleisch und Blut verloren haben. In einem Fall aus solcher Höhe, dass es ein Wunder war, dass er noch atmete.
Steve, schrie ein lang unterdrückter Teil in ihm ihm zu, Steve hat deinen Namen geschrien, als du gefallen bist.
Wo war Steve jetzt? Ging es ihm gut? Lebte er noch? Und ... er stockte. Er war bei Hydra. Nein, er war nicht nur bei Hydra, er war ein Teil davon, war ihre persönliche Waffe. Ihr Werkzeug. Er erschaudert bei dem Gedanken, was er alles für die feindliche Organisation getan hatte. All die unschuldigen Menschen, die er ermordet hatte ... als er auf seine Hände hinabblickte, hätte er schwören können, dass seine Metallhand mit Blut verschmiert war. Die rote Flüssigkeit quoll aus den Rillen, die seinem Metallarm Flexibilität erlaubten, und tropfte hinunter auf den tristen Hotelboden.
Er wusste, er bildete es sich nur ein und dennoch ... das brennende Gefühl war entsetzlich und raubte ihm den Atem.
Er stand auf, um ins Bad zu gehen, als ...
sie war weg. Der Stuhl, auf den er das kleine Mädchen gefesselt und bis vorhin im Auge behalten hatte, war leer. Ihre Fesseln jedoch waren noch am Stuhl befestigt, und heile, nicht durchgeschnitten. Wie zur Hölle war sie entkommen? Es war nicht so als könnten Menschen einfachso Materie durchqueren. Oder doch?

Black Jackal | Bucky FFWhere stories live. Discover now