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,,Sie haben sich weit von England entfernt", stellte Elide mit den Gedanken an des Agents britischen Akzentes fest, und räusperte sich. ,,Sind Sie mit den anderen neun Agents hierher gekommen?" Sie spähte in das Dunkle der Brillengläser, konnte aber nichts erkennen. Trotzdem spürte sie seinen Blick auf ihrem Gesicht, schätzend, abwägend, prüfend. Sie starrte zurück. Der Agent wäre ein interessanter Gegner. Vielleicht sogar einer, bei dem sie sich ein bisschen Mühe geben müsste. ,,Was geht Sie die Herkunft von Hydra-Agents an?", fragte er zurück. Wie angenehm es war, seine Stimme zu hören, ruhig und klar verständlich, selbst wenn sie einem widerlichen Mistkerl gehörte. ,,Nichts", erwiderte sie und zuckte mit den Schultern. Er stieß ein verärgerts Knurren aus. Oh ja, es wäre herrlich, sein Blut über den grauen Boden spritzen zu sehen. Schon einmal hatte sie die Beherrschung verloren, als ihr erster Aufseher sie bei ihrer ersten Festnahme eindeutig zu fest angefasst hatte. Sie erinnerte sich noch an das Gefühl, als sie ihm ihre Krallen in den Bauch gerammt hatte, und an sein klebriges Blut an ihren Händen und im Gesicht. Ob der britische Agent sich besser schlagen würde als ihr früherer Aufseher? Elide grinste ihn wieder an, während sie in Gedanken mögliche Szenarien durchspielte.

,,Glotz mich nicht so an", warnte er sie und seine Hand wanderte wieder zur Pistole. Jetzt unterdrückte sie das Grinsen. Sie gingen gerade an ein paar Stahltüren vorbei, die sie vor wenigen Minuten schon einmal gesehen hatte. Um zu fliehen, müsste sie nur rechts in den nächsten Flur abbiegen und zwei Treppen nach oben laufen. Der Versuch, ihr die Orientierung zu nehmen, hatte nur dazu geführt, sie mit der Basis vertraut zu machen. Idioten. ,,Wohin gehen wir noch gleich?", fragte sie mit honigsüßer Stimme und strich sich eine schwarze Strähne ihres verklebten Haars aus dem Gesicht. Als sie keine Antwort bekam, biss sie die Zähne zusammen.

In den Fluren hallte es zu stark. Wenn sie ihn angriff, würde sie die gesamte Hydra-Basis alarmieren. Und die neun Wachen hinter ihnen konnten ziemlich lästig werden. Ganz geschweige von den Ketten. Zwar war sie natürlich nicht mehr im Raum angekettet, doch ihre Hände waren mit einer Kette zusammenverbunden.

Sie betraten einen Flur mit richtigen Lampen anstatt Glühbirnen. Würde man sie doch irgendwie töten? Übelkeit stieg in ihr auf. Aber warum brachte man sie vorher hierher? Hydra hätte sie genauso gut in den Raum mit den bewegenden Wänden töten können. Endlich blieben sie vor einer silbern glänzenden Stahltür stehen. Der britische Agent nickte kurz den beiden seitlich postierten Agents zu, die als Wache dienten. Der Agent packte Elide jetzt so fest, dass es weh tat. Er zerrte sie zu sich, aber ihre Füße waren wie aus Blei und sie stemmte sich dagegen. ,,Wollen Sie lieber in den Raum zurück, in dem Sie die letzten Tage verbracht haben?", fragte er, fast ein wenig amüsiert. ,,Wenn mir jemand erklären würde, was das Ganze hier soll, dann müsste ich mich vielleicht nicht so wehren." ,,Das werden Sie noch früh genug herausfinden." Ja, jetzt würde sie sterben. Es war so weit.

Die Tür öffnete sich ächzend und gab den Blick auf ein einfaches Labor frei. ,,Rein mit Ihnen", der Agent schubste sie mit der freien Hand und ließ sie schließlich los. Elide stolperte, ihre schwieligen Füße rutschten auf dem Boden aus, als sie sich aufrichtete. Sie drehte sich um und sah noch weitere sechs Agents auftauchen. Sechzehn Agents. Auf ihrer Brust, an der Stelle wo das Herz lag, prangte das Hydra-Symbol in Form einer silbernen Brosche auf den schwarzen Uniformen. Allesamt ausgebildet nur um zu töten. Benommen und gleichzeitig mit einem Gefühl absoluter Klarheit, blickte sie wieder in den Raum. Auf einem Bürostuhl, der mit schwarzem Kunstleder überzogen war, saß ein kleiner Mann mit runder Brille. Ihr Herz setzte aus. Sie stand vor Dr. Arnim Zola, Wissenschaftler und Leiter von Hydra.

,,Doktor Zola", sagte der Brite und zog Mundschutz, Brille und Helm ab, sodass sein kurzes, dunkelblondes Haar zum Vorschein kam. Der Aufzug mit dem ganzen Verhüllungsmaterial war eindeutig dazu gedacht gewesen, sie einzuschüchtern. Als ob so ein Trick bei ihr funktionierte. Trotz ihrer Empörung blinzelte sie überrascht, als sie sein Gesicht sah. Er war so jung! Der Brite war vielleicht ein beschissenes Hydra-Schwein, aber sie musste zugeben, dass sie sein gebräuntes, markantes Gesicht und die hellen, blauen Augen ziemlich ansprechend fand. Sie neigte den Kopf und war sich plötzlich nur allzu deutlich bewusst, wie schmutzig sie war.

Zola lächelte sie an. Es war ein schmieriges Lächeln, bei dem sie sich äußerst motiviert fühlte, ihm ins Gesicht zu schlagen.  ,,Also, Elide", fing Zola an, indes sie sich alle möglichen Szenarien vorstellte, ihn umzubringen. Wie sehr sie diesen Mann doch verabscheute ... ,,Nachdem du einundzwanzig Tage an meinem Experiment teilgenommen hast, biete ich dir einen Job an."

Elide konnte die Wut, die in diesem Moment in ihr brodelte, nicht annähernd in Worte fassen. ,,Experiment?", wiederholte sie mit bemüht gefasster Stimme, ,,Oder meinen Sie vielleicht eher Folter?" ,,Mit Experiment meine ich Experiment", erklärte Zola, ,,Und durch dieses Experiment habe ich mehr über deine erstaunlichen, und überaus nützlichen, Fähigkeiten erfahren." Elide schnaubte, beließ es aber dabei. Sie war vielleicht ein wenig temperamentvoll, aber keinesfalls dumm. Das letzte Mal als sie sich mit Zola angelegt hatte, hatte bekanntlich kein so gutes Ende genommen. Und sie glaubte nicht, dass es diesmal anders enden würde. ,,Warum sollten Sie mir einen Job anbieten?", hakte sie also nach, ohne weiter auf die Sache mit der Folter einzugehen. ,,Naja, sagen wir es so: Für den Job wird eine Person benötigt, die nicht so schnell zu töten ist", antwortete der Doktor, wobei sich für sie mehr Fragen aufwarfen, als dass es die Antwort sollte. ,,Soll ich etwa als ihre persönliche Assassine fungieren?" ,,Nein, eher als eine Art Aufpasserin für ein Assassine", erwiderte der derzeitige Kopf von Hydra. ,,Es handelt sich dabei um einen ehemaligen Sergeant, namens James Buchanan Barnes. Oder besser gesagt Winter Soldier." Der erste Name sagte ihr was, auch wenn sie ihn nur vom Hören her kannte. Er war soweit sie wusste, ein Freund von Captain Steve Rogers aka Captain America. Aber sie erinnerte sich auch daran, dass er tot war. Andererseits wäre es nicht das erste Mal, dass jemand von den Toten zurückkehrte ... ,,Ich nehme an, eines Ihrer ... Experimente?", erkundigte sie sich und erntete ein Nicken. ,,Ihr Job wäre es, ihn lediglich im Auge zu behalten und zu trainieren. Wenn alles wie geplant verläuft, haben wir ihn unter Kontrolle, doch sollte es zu Störungen kommen ..." ,,Soll ich ihn ausschalten", führte sie den Satz zu Ende und quittierte abermals ein Nicken. Sie sollte also Kindermädchen für einen von Hydra geformten Killer werden ... das klang ja fast schon zu schön. ,,Wo ist der Haken?" ,,Der Haken?" ,,Ja, der Haken. Ich bin mir sicher, dass ihr von Hydra mir nicht blind vertraut und bedenkenlos die Verantwortung für eure Killermaschine übertragt", sagte sie und Zolas Mundwinkel zuckten in die Höhe. ,,In der Tat, in der Tat. Du wirst eine Art Code bekommen, der wie eine Absicherung funktioniert. Man könnte fast schon sagen, er funktioniert ähnlich wie Hypnose. Der Code wird aber nur im Notfall genutzt."

Sie würde also eine potenzielle Marionette werden, wenn sie den Job annahm ... was hatte sie auch anderes erwartet? ,,Und wenn ich ablehne, stecken Sie mich dann zurück in den Raum mit den bewegenden Wänden?" Für einen kurzen Moment blitze Belustigung in den Augen des Psychos auf. ,,Ja, dann geht's zurück in den Raum mit den bewegenden Wänden." Elide zögerte nicht länger. Für sie war die Entscheidung eindeutig. ,,Wann bekomme ich diesen Code?" Zola lächelte. Schon wieder. ,,Du wirst heute Abend abgeholt." Sie nickte diesmal, da öffnete der Doktor eine Schublade und kramte eine große Box hervor. Er stellte sie auf den Tisch und klappte den Decke behutsam nach hinten, fast als wäre er aus Glas. Das, was sie in der Box erblickte, waren unzählige silberne Broschen, die alle ordentlich aneinandergereiht in mit Samt ummantelten Schaumstoff steckten. Eine Box für Ringe, nur mit Hydra-Broschen drin. Zola zog eine Brosche heraus und hielte sie ihr hin. ,,Ab jetzt heißt es nicht mehr ihr  von Hydra, sondern wir  von Hydra." Elide schluckte lautlos, als sie die Brosche von Zolas Handfläche nahm und den feingearbeiteten Kraken mit Totenkopfschädel begutachtete. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, als Zola sprach: ,,Hail Hydra." ,,Hail Hydra", wiederholten die Agents hinter ihr wie im Chor. Der Doktor warf ihr einen erwartungsvollen Blick zu. ,,Hail Hydra", entglitten die Worte monoton ihren Lippen. Hail Hydra ...

Black Jackal | Bucky FFKde žijí příběhy. Začni objevovat