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Das Licht im Wohnzimmer wird angeknipst, als ich durch die Haustür komme.

Ich kaue auf meiner Lippe, lächle unschuldig meine Eltern an, die mich beide ernst anschauen, ihre Arme vor der Brust verschränkt haben.

"Hi," sage ich.

"Es ist viertel nach zwölf," sagt meine Mutter.

Ich puste einen Luftstrom aus meinem Mund, strenge mich an, mir eine Ausrede auszudenken. "Ja..."

"Jane, ich dachte wir hatten das schon diskutiert. Zu spät nach Hause zu kommen? Nicht in der Lage sein uns eine Entschuldigung zu bieten? Hast du wieder getrunken?" labert meine Mutter weiter.

"Nein, habe ich nicht," blaffe ich. "Ich bin einfach nur mit dem Auto unterwegs gewesen, okay?"

"Bis nach Mitternacht?"

"Es war eine lange Fahrt. Kann ich nicht einfach ins Bett gehen?"

Meine Eltern tauschen einen Blick aus.

"In Ordnung, aber du hast Hausarrest," sagt meine Mutter. "Du benutzt dein Auto nur um zur Schule zu fahren oder zurückzufahren. Morgen reden wir über den Rest deiner Bestrafung."

Ich sehe verzweifelt meinen Vater an, doch er nickt zusammen mit meiner Mutter.

"Gut," blaffe ich. Ich stürme an ihnen vorbei und die Treppen hoch, versuche meine Wut in mir zu halten. Hausarrest zu bekommen ist jetzt nicht gerade das was ich gebrauchen kann, besonders wenn ich versuche herauszufinden wer Harrys Mörder ist. Aber das kann ich meinen Eltern nicht erzählen.

Hey Mama und Papa, wisst ihr was? Ich habe einen toten Jungen kennengelernt und jetzt gefährde ich möglicherweise mein eigenes Leben, indem ich ihm dabei helfe, herauszufinden, wer ihn umgebracht hat, damit er ins Jenseits gelangt. Ist das okay für euch?

Ich knalle dramatisch meine Zimmertür zu und schnaube. Eine impulsive Person zu sein hat seine Vorteile, aber auch seine Nachteile.

Ich bin einfach froh das meine Eltern nicht wissen, dass ich heute die zweite Hälfte meines Schultages verpasst habe. Hoffentlich kann ich mir bis morgen eine gute Ausrede ausdenken, wenn mich die Schule nicht zuerst in die Pfanne haut.

Ich ziehe mich um und lege mich ins Bett, starre an die Decke.

Ich denke an vorhin zurück, als ich Harrys Hand genommen habe; als ich für einen Moment seinen Mangel an körperlicher Berührung vergessen habe. Ich bin so daran gewöhnt das Gesten automatisch kommen- das sind alle Menschen. Eine beruhigende Hand auf der Schulter oder ein feierliches High Five; das alles ist Teil davon wer wir sind. Wir sehen es als selbstverständlich an, und Harry wird dieser einfache Luxus in seinem Zustand verwehrt.

Aber es ist erstaunlich wie seine Berührung eiskalte Elektrizität in mir auszulösen scheint- die zwei Gegensätze der Natur, warm und kalt, scheinen sich in seinem leblosen Wesen zu verbinden.

Der Tod hat ihm seinen Körper, sein Tastgefühl und seinen Atem genommen. Übrig geblieben ist seine Seele.

-

Ich laufe den Flur entlang, das Geräusch meiner Schuhe hallt durch den leeren Raum. Ich schwinge meine schriftliche Erlaubnis das ich mich auf dem Flur aufhalten darf in meiner Hand, lasse einen Seufzer heraus.

Ich laufe um die Ecke des Flurs, um in Richtung der Mädchentoiletten zu laufen. Es ist seltsam durch die Schule zu schlendern, wenn jeder im Unterricht ist; es ist so ruhig und gelassen.

Plötzlich höre ich am anderen Ende des Flurs Schritte und erhasche Max Gesicht, bevor ich mich um die Ecke ducke. Jemand ist bei ihm, doch ich habe nicht gesehen wer es ist. Glücklicherweise hat mich Max nicht gesehen.

Phantom » German TranslationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt