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Seine Lippen sind wie Eis, und meine Haut steht in Flammen. Irgendwie bin ich mit der Frostigkeit seiner Berührung und der natürlichen Wärme von meinem Körper erfüllt, die Kombination scheint gegen meine Natur zu verstoßen. Ich weiß nicht warum das zwischen uns passiert- wie kann das zwischen uns passieren? Er ist tot und ich lebe. Das hier kann unmöglich geschehen.

Unsere Lippen bewegen sich synchron, Feuer gegen Eis.

Seine Hand ruht auf meiner Wange, und meine liegt auf seiner Brust. Er löst sich etwas, unsere Lippen streifen ein klein wenig.

Sein Blick ist niedergeschlagen und ich weiß nicht wie ich reagieren soll. Das Blut in meinen Venen hat sich durch Kälte wie flüssiger Stickstoff ersetzt und meine Atemzüge sind kurz.

Er trifft meine Augen und ich versuche sie zu lesen, doch ich kann nicht. Was denkt er?

Hat er irgendetwas davon gespürt?

Er streicht mir eine Haarsträhne hinter mein Ohr und lässt seine Hand in seinen Schoß fallen.

Ich verlagere mich von ihm weg, die Frage liegt mir auf der Zunge. Die Luft beginnt meine Haut wieder zu wärmen, und ich bin mir nicht so sicher ob ich das möchte. Ich habe mich an seine kalte Aura gewöhnt.

"Ich wette, du hast noch nie einen toten Jungen geküsst."

Ich sehe zu Harry, der mich anschmunzelt. Ich schüttel meinen Kopf, ein kleines Lächeln auf meinen Lippen.

"Keinen toten Jungen," sage ich.

"Aber eine Menge lebende Jungs." Er runzelt die Stirn.

Ich zucke mit den Schultern. "Nicht so viele."

Er hat teilweise Recht- bevor ich umgezogen bin war ich eine ziemliche Partymaus. Mir sind körperliche Beziehungen nicht unbekannt. Allerdings ist mir diese Art von Beziehung unbekannt- wenn man das so nennen kann. Was tun wir überhaupt?

"Hast du..." Ich sehe beinahe schüchtern zu ihm auf. "Hast du es gespürt?"

Eine Pause.

Ich erhasche mich dabei mir mit jeder Faser in meinem Wesen zu wünschen, dass er es getan hat. Vielleicht kann er diese Art von Kontakt fühlen? Vielleicht ist sein körperliches Tastgefühl noch nicht ganz verschwunden? Vielleicht-

Er sieht mich an, schüttelt seinen Kopf. "Taub wie immer." Seine Augen sind traurig.

Natürlich. Was habe ich mir gedacht? Das ich die Struktur vom Tod und dem Zwischenleben ändern könnte? Das ihn ein Kuss plötzlich von seinem Tod wiederbeleben könnte? Was ist das, ein Märchen? Nein. Ist es nicht. Das hier ist die reale Welt. Ein Kuss kann nicht alles in der wirklichen Welt in Ordnung bringen. Es fühlt sich vielleicht so an als könnte es das, aber es geht nicht.

Wut und Enttäuschung brodelt in mir, doch ich schiebe es weg. Ich sehe zu dem Gras herab.

"Ich sollte nach Hause gehen," sage ich, Röte erscheint auf meinen Wangen, als ich mich zu einer stehenden Position erhebe. "Ich muss morgens für die Schule früh aufstehen."

Harry beobachtet mich aufmerksam, sein Gesichtsausdruck unleserlich.

Ich drehe mich um und laufe durch die Lichtung, halte am Anfang des Pfades an als ich höre wie Harry meinen Namen sagt.

Er drückt sich hoch, macht einen großen Schritt in meine Richtung, und tritt dann ein wenig zurück. Er fummelt mit seinen Händen herum, bevor er sie schließlich an seine Seiten fallen lässt.

"Es ist nicht deine Schuld," sagt er.

Ich schlucke. Wollte er es so sehr spüren wie ich? Natürlich, spricht mein Kopf. Er hat dich geküsst. Er hat gesagt, dass er etwas probieren möchte. Natürlich wollte er es spüren.

Phantom » German TranslationWo Geschichten leben. Entdecke jetzt