22. Beichte

1.6K 102 36
                                    

(POV. Karma)

Es war schwer, diesen Satz auszusprechen. Vielleicht fragt ihr euch "wieso das denn, Karma, dein Dad ist kein guter Dad?", und das stimmt, aber eigentlich auch nicht.

Die Sache ist die: er war nicht immer so. Als ich klein war, hatte ich sogar ein richtig gutes Verhältnis zu ihm. Ich erinnere mich, wie gerne ich bei ihm war.

Sein Charakter veränderte sich schleichend mit seiner Herrschaft. Zuerst verschwand sein Lächeln. Er wurde ernster und distanzierte sich von mir und meiner Mutter. Die Umarmungen wurden weniger. Bald akzeptierte er sie gar nicht mehr.

An seinen ersten Schlag erinnere ich mich am besten. Es war während eines Streits zwischen meinen Eltern passiert, als ich versucht hatte, zwischen die beiden zu gehen.

Seine Ohrfeige hatte mich durch den ganzen Raum geschmettert. Mum war direkt zu mir gerannt, hatte ihn angeschrien und sich vor mich gestellt, damit ich hinter ihr in Deckung gehen konnte.

Das war der Fehler gewesen.

,,VERRÄTER!", hatte Dad gebrüllt. ,,ICH WEIß, WAS DU VORHAST! DU BESIEGST MICH NICHT!"

Was er damit meinte, verstand ich erst Jahre später. Ich war sein Sohn, ein Prinz. Er fürchtete, dass ich ihn eines Tages vom Thron kicken und seine Macht an mich reißen würde. Ich war seine engste Konkurrenz.

Also ging es nach dem Vorfall erst richtig los. Ich wurde selbst distanzierter, fing an mich zu wehren, wenn er handgreiflich wurde und trieb ihn dadurch nur mehr in den Wahnsinn.

Mein einziger Schutzschild war meine Mum. Als ich acht war, fand man sie tot bei den Portalen vor.
„Sie wollte abhauen", meinte Dad. ,,Sie hat dich im Stich gelassen."

Noch am selben Tag zeigte er mir seine neue Folterkammer und niemand konnte ihn mehr aufhalten. Er versuchte, mir meine Kräfte auszutreiben, bis ich meine Zukunft aus den Augen verlieren und keine Gefahr für ihn und seinen Thron darstellen würde.

Es funktionierte. Erst jetzt, durch Nagisa, kam meine Erinnerung zurück. Ja – der Thron stand mir zu. Er war eh schon viel zu lange König. Ich war endlich wach.

Nagisa hat mich geweckt.

Dieser starrte mich aus großen Augen an. ,,Meinst du das ernst?"
,,Du weißt doch am besten, dass er es verdient", sagte ich. ,,Mit dieser Scheißkugel haben wir eine ziemlich gute Chance, oder nicht?"

,,Sch-schon, aber er ist doch immer noch dein Dad-"
,,Was heißt, dass ich sein Nachfolger bin. Wenn ich ihn umbringe, bin ich König, und du kriegst deine Rache. Win-Win."

Er guckte, als würde ich Witze machen. Dann begann er zu lächeln. ,,Jetzt wirklich?"
,,Ja- wag es nicht. Wenn du mich jetzt umarmst-"

Natürlich ignorierte er meine Drohung völlig und stürzte auf mich, um mir um den Hals zu fallen. Ich ächzte.
,,Danke Karma", wisperte er und klang, als würde er jeden Moment losheulen. ,,Ich hätte dir einfach alles erzählen sollen!"

,,Oh, ja."
,,Bist du noch sauer?"
,,Uhuh."
,,Oh . . ." Er nahm den Kopf aus meiner Halsbeuge und schaute betrübt auf mich herab.

Schon ein paar Sekunden später wurde sein Blick ganz verträumt (als erfahrener Nagisakenner vermutete ich eine seiner nächtlichen Stimmungsschwankungen oder schlicht mein krass gutes Aussehen) und er streichelte meine Wange.

Ich bekam Gänsehaut, als er über meinen Hals und die Narben auf meiner Brust glitt, hielt ihn aber auf, bevor seine waghalsigen Finger den Bund meiner Boxershorts berührten.

,,Ich hab noch Fragen."
,,Welche?" Er sah mir wieder ins Gesicht.
,,Okay, erstens, was hat es mit diesen Kugeln auf sich?"

Er überlegte. ,,Kayano hat erzählt, dass sie wie Magie aufgetaucht sind. Sie lagen eines Morgens plötzlich auf Okudas Schreibtisch und keiner wusste, woher sie kamen."

Durch die Hölle mit dir - Karmagisa (laufend)Where stories live. Discover now