35. Töten oder getötet werden

830 61 48
                                    

Ich hatte Kopfschmerzen vom Heulen. Keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, aber ich musste Karma nicht ansehen, um zu wissen dass er schlief. Er hatte sich an mich geklammert, mich ausgelacht und war eingeschlafen. Einfach so.

Da ist was in meinem Bauch, ging es mir permanent durch den Kopf. Ein Baby.

Ein Baby.

Ich holte zitternd Luft und rieb meine gereizten Wangen trocken. Was hatte ich falsch gemacht? War letztens das Kondom gerissen? Hatte Karma überhaupt eins benutzt? Oder war er vielleicht kurz ohne drin gewesen?

Was davon ist es?

Genau genommen konnte er sich auch einfach rausreden. Oder mich töten. Oder das Baby. Niemand würde ihn aufhalten können. Ich war nicht sicher, ob ich das überhaupt wollte.

Was würde erst passieren, wenn er aufwachte?

Ich muss hier weg.

Mit schwitzigen Händen rollte ich ihn von mir herunter und passte auf, dass er nicht aufwachte, bevor ich eilig ins Badezimmer lief - zum Spiegel. Ich musste es sehen.

Meine kurzen Haare waren völlig zerzaust und meine Augen geschwollen. Ich zog mir das Schlafshirt aus und sah mir meinen Bauch an. Von vorne, von der Seite. Nichts. Ich war so dünn wie immer. Nichts deutete auf eine Schwangerschaft hin.

Warum also fühlte sich mein Körper so unerträglich schwer an? Ich hatte das Gefühl Gewichte zu stemmen. Langsam zog ich mir das Shirt wieder an und ging zurück ins Schlafzimmer.

Karma war zum Glück nicht aufgewacht. Vielleicht schlief er auch gar nicht, sondern erlitt einen Herzinfarkt.

Auf Zehenspitzen ging ich zu meiner Jeans von gestern und durchsuchte die Seitentaschen, bis ein Messer in meiner Hand lag und ich damit vorsichtig aufs Bett kletterte.

Meine Finger umklammerten den kalten Messergriff, sie wussten genau, was zu tun war. Sie hatten schon oft getötet. Sie kannten das Gefühl einer Klinge, die durch Fleisch und Knochen dringt.

Also warum zitterten sie dann so? Wieso gehorchten sie mir nicht? Es war ihre Pflicht, verdammt, so lief das doch schon immer bei der Schlange! Das System machte bei mir keine Ausnahme. Ich musste Karma töten und meine Familie um Hilfe bitten.

Meine Mutter.

Ein Klos bildete sich in meinem Hals. Sie war wirklich die letzte, zu der ich wollte. Diese Situation war so falsch, so verdreht, wie sollte ich das denn hinkriegen? Ich hatte keine Möglichkeiten.

Oder-?

Das Messer, das auf Karmas Hals zeigte, machte eine 180 Grad Drehung. Und plötzlich zeigte es genau auf meine Brust.
Sollte ich? Ich würde lieber sterben, als ihn umbringen zu müssen. Außerdem wäre es ein schöner Tod. Karma wäre bei mir.

Die scharfe Spitze drückte zögernd gegen meine Haut, doch sobald es wehtat, zog ich sie wieder zurück. Nein, so schaffte ich das nicht.

Hier weg. Ich muss erstmal weg von hier.

Mein Körper rangelte sich aus dem Bett und ehe ich es mich versah, jagte er mich aus dem Zimmer. Ich wusste nicht einmal, wohin ich rannte. Dabei kannte ich doch eigentlich jeden Gang auswendig.

Ich übersprang bei den Treppen zwei Stufen auf einmal, nahm jede Ecke, die mich von Karma wegbrachte und ließ die Kommentare abprallen, die mir ein Dämon hinterherpfiff. Erst, als ich in etwas Weiches rannte, klärte sich meine Sicht.

Hastig trat ich einen Schritt zurück und sah in das Gesicht einer Frau. Wir sahen uns überrascht an. Neben ihr stand Karmas Ausbilder - der Ausbilder.

Durch die Hölle mit dir - Karmagisa (laufend)Hikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin