10. Morgendliche "Problemchen"

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(POV. Karma)

Wochenende . . .

Das war mein erster Gedanke, als ich aufwachte. Ich streckte mich mit einem Grinsen. Ich kann ausschlafen!

Nur gelang es mir nicht, mich auf die Seite zu drehen. Irgendetwas Warmes hielt mich auf, wie Fesseln um meinem Körper. Fesseln?!
Ich riss die Augen auf und erwartete schon die Visage meines Vaters vor mir, allerdings war alles was ich sah, ein blaues Meer aus Haaren.

Nagisa lag halb auf mir drauf, den Kopf auf meiner Brust gebettet und nur seine kleine Stupsnase lugte zwischen seinen Haarsträhnen hervor. Ich keuchte verblüfft auf. Erst jetzt erinnerte ich mich an gestern Nacht zurück.

Stimmt. Das Gewitter. Es war kein Traum.

Meine plötzliche Unruhe weckte wohl auch Nagisa. Er hob den Kopf und unsere Blicke trafen sich. Dann weiteten sich seine Augen, er schrie auf und zuckte so heftig vor mir zurück, dass er vom Bett fiel.

Wenn mich jetzt nicht etwas abgelenkt hätte, würde ich ihn auslachen, so wie er perplex auf dem Boden saß. Ich blickte zu meiner Boxershorts und unterdrückte einen Seufzer. Warum ausgerechnet heute... Unauffällig verdeckte ich meine Morgenlatte mit der Decke.

,,T- Tut mir leid!", entschuldigte sich Nagisa erschrocken.
Ich schüttelte mit dem Kopf. ,,Schon gut. Als ich das erste Mal Gewitter erlebt habe, war ich acht oder neun. Ich hab mich in nem Kleiderschrank versteckt."

Nervös lachte ich auf. Gerade hatte ich echt andere Probleme.
,,Ich gehe einkaufen", murmelte Nagisa aus dem Nichts und stand vom Boden auf. Die Situation schien ihm wirklich unangenehm zu sein.

Allerdings war ich nicht sicher, ob wegen seiner kleinen Angstattacke, oder weil er bis vorhin halb auf mir lag.

Oder er hat bemerkt, dass ich erregt bin.

Nachdenklich sah ich zu, wie er seine Kleidung aus dem Schrank holte und ins Bad floh. Das Wasser in der Dusche ging an. Oh, er war nackt. Ich sah nervös zu meinem kleinen Freund hinunter, der breit zurückgrinste.

Tropfen auf Nagisas Gesicht, schien er zu flüstern. Kein Wasser - Sperma. Süßer Hintern. Weich. Eng. Feucht. Rote Zunge, süße Lippen, glatte Haut. Harter Schw-

Ich gab meinen Wangen einen Klapps. Notgeile Gedanken waren die schlimmsten von allen. Ich musste dem Drang widerstehen, in meine Boxershorts zu fassen.

Als ob. Nagisa ist noch da, komm mal runter. Im wahrsten Sinne des Wortes.

Nach einiger Zeit hörte ich Schritte, dann die Haustür. Erleichtert zog ich den verspannten Stoff nach unten und kümmerte mich um mein Problem. Muss ich das wirklich so detailliert erklären? Ihr wisst doch, was ich meine.

Was nur anders war, waren meine Gedanken. Ich dachte, der Moment wäre vorbei, aber sie kreisten weiter um Nagisa wie eine endlose Spirale. Ich sah ihn direkt vor mir, sein Lächeln, seine hübschen Augen, seine femininen und maskulinen Züge . . .

Schon die Vorstellung, was ich alles mit seinem Körper anstellen könnte, reichte aus um mich nach kurzer Zeit kommen zu lassen. Ich lag lange verträumt da, dann ging ich ins Bad und spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht.

Finster blickte mich der Mensch im Spiegel an. Du Idiot.

Ich hasste dieses schlechte Gewissen nach der Selbstbefriedigung. Und es ging noch schlimmer:

Ich war verknallt.

In diesen komischen Blaukopf. Das war ja fast so, als hätte ich gegen ihn verloren. Daran, dass ich ihn nicht mochte, konnte sich doch nichts geändert haben, also warum fühlte ich so?

Vielleicht liegt es an seinem androgynen Körperbau . . . Oder ich bin gestört und stehe auf Killer. Und Typen. Fuck.

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Das Frühstück war seltsam. Wir redeten nicht, aber ich spürte immer wieder Nagisas Blick auf mir. Wenn ich es erwidern wollte, sah er weg.

Keine Ahnung, ob ich seine Schüchternheit jetzt süß oder anstrengend fand. Es war kompliziert, okay?

Nach dem sechsten, komischen Blickkontakt war die Stille genug.

,,Wie wäre es, wenn wir heute ans Meer fahren?", schlug ich vor. ,,Es ist Wochenende und warm draußen."

Nagisa sah überrascht auf. ,,Wie kommst du darauf? Das Meer ist über zwei Stunden entfernt und wir haben kein Auto. Außerdem haben wir einen Auftrag..."

,,Ich besorg uns eins. Es ist okay, wenn wir einen Tag die Arbeit schwänzen."
,,Das glaub ich nicht. Dein Vater hat uns einen ganzen Monat gegeben, das muss doch was heißen. Ich gehe heute nicht an den Strand."

Er musste aufhören, meine Gedanken zu bestätigen. Ein ganzer Monat war eine alarmierend lange Zeit. Aber ich wollte nicht wahrhaben, dass diese Zeit kein Urlaub war. Dafür fühlte sie sich zu schön an.

,,Ich habe schon verstanden. Guck nicht so, als hätte ich dein Sushi gegessen", seufzte ich.
Er lachte verlegen. ,,Ich hatte mich heute mit unseren Freunden verabredet. Komm doch mit."

Sagte er das wegen des Auftrags, oder weil er mich wirklich dabei haben wollte? Jetzt machte ich mir wirklich Hoffnungen, wie lächerlich.

Das kleine Fünkchen reichte aus. ,,Okay. Wann gehen wir los?"

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Das Treffen brachte überhaupt nichts. Anstatt irgendwas aus den Mädchen heraus zu quetschen (als wenn das auch funktioniert hätte), vergeudeten wir unsere Zeit nur mit Gesprächen.

Dafür waren wir danach zumindest gut gelaunt. Freundesgruppen waren schon nice. Man hatte immer jemanden zum abhängen, selbst, wenn man nur auf der Couch saß und am Handy war. In der Totenwelt hatte ich keine soziale Kontakte.

,,Ich mag diese Welt", rutschte es Nagisa beim Rückweg raus. Eheh.

,,Ich hab's dir doch gesagt", gurrte ich und sah zum Himmel hoch. ,,Aber pass lieber auf, die Wolken da oben können dir jeden Moment gefährlich werden. Ich hab leider keine Decke dabei, unter der du dich verstecken könntest."

Ich grinste, als er rot anlief. ,,Hey, ich hab mich entschuldigt! Also- h-halt die Klappe."
,,Du stotterst ja", stichelte ich unbeirrt und wurde von ihm zur Seite geschubst.

Seine Wangen waren mittlerweile so dunkel, dass es richtig niedlich war.
,,Bitte", sagte er niedergeschlagen und versteckte das Gesicht in den Händen. ,,Kannst du diese Nacht nicht einfach vergessen?"

Ich lachte innerlich. ,,Nicht umsonst."
Er lugte zwischen seine Finger. ,,Ist das dein Ernst?!"
,,Natürlich. Oder willst du etwa, dass Rio erfährt, wie du gestern zu mir gekommen bist, geheult und gefleht hast, nur damit ich dich nicht alleine lasse?"

,,Ich-"
,,Oder wie du mit mir gekuschelt hast und heute morgen auf mir drauf lagst? Dachtest du wirklich, ich sehe darüber hinweg? Haaah~, nein, ich will Bezahlung."

Sadistisch beobachtete ich, wie er nach Luft schnappte. Oh, man. Als ob ich das ernsthaft weitererzählen würde.

Er ist viel zu naiv.

Ich hatte andere schon unzählige Male auf diese Weise erpresst. Man erwischte sie bei Dummheiten, drohte ihnen mit Lügen und sie fielen darauf herein. Irgendwann waren sie nichts weiter als Spielfiguren.

Es könnte nützlich werden, Nagisa in meiner Schuld stehen zu haben. Vor allem, wenn mein Dad ihm das Sagen gegeben hatte. Ein Joker.

,,Idiot", entfuhr es ihm. ,,Hör auf das so zu sagen! Und was heißt Bezahlung?"
,,Dass du mir einen kleinen Gefallen schuldest. Nichts großes. Aber ich finde, das ist nur fair."
Er verzog das Gesicht. ,,Sch-schön, aber nur was, womit ich einverstanden bin, ja?"

Schade. Ich habe schon überlegt in welches Geschäft ich gehen muss, um gute Kleider zu finden. Darin sähe er auf jeden Fall heiß aus. Vielleicht auch ein Bikini . . .

Bei dem Gedanken versuchte ich, nicht allzu sehr zu sabbern. Nagisa folgte mir unwillig. ,,Das ist doch Erpressung . . ."
Ich schnaubte. ,,Willkommen in der Menschenwelt."

Durch die Hölle mit dir - Karmagisa (laufend)Where stories live. Discover now