4. Kapitel

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Ich hockte schon seit zwei Stunden neben dem Krankenbett von meinem Vater. Normalerweise war ich kein geduldiger Mensch, aber ich wusste wie gut der Schlaf ihm gerade tat.

Kayden hatte ich vor einer Stunde nach Hause geschickt. Er war auch gegangen, aber mir war bewusst, dass er nur um die Ecke abgebogen war und dann eben dort auf mich wartete.

Endlich bewegte sich mein Vater und blinzelte mit den Augen. Ich sah ihn lächelnd an und hielt seine rechte Hand sanft aber auch fest in meiner.

Tränen verließen seine Augen und mein Herz fing an zu ziehen. Es tat mir weh ihn so zu sehen. Er hatte seine große Liebe verloren, seine Frau mit der er sein Leben geteilt hatte. Es fühlte sich schon fast so an, wie bei Kayden's Pflegeeltern im Keller. Wenn dir bewusst wurde, dass einer sterben wird und man den anderen gehen lassen musste. Nie wieder wollte ich sowas spüren. Und jetzt spürte er das. Genau das. Und ich musste ihm dabei zu sehen und konnte nichts für ihn tun.

Denn sie war tot.

Egal was ich ihm aufmunterndes sagen würde, es würde nichts bringen.

Mein Vater konnte sich nicht länger zurückhalten und fing an zu schluchzen. Nun kamen auch mir Tränen hoch. Einfach, weil ich seinen so starken Schmerz nachempfinden konnte.

Aber ich ließ ihn.

Er sollte trauern. Das war sein Recht.

Als er sich nach einiger Zeit dann beruhigte räusperte er sich nochmal bevor er anfing zu sprechen.

"Wo ist Kayden?", war seine erste Frage, was mich ein wenig verwirrte.

"Um die Ecke", meinte ich nur.

"Er soll auch reinkommen."

"Warum das?"

"Er sollte jetzt für dich da sein. Bitte hol ihn", kam es nur von meinem Dad.

Also stand ich auf und verließ sein Zimmer. Ich bog um die nächste Ecke und wie ich es schon vermutet hatte, saß er da und wartete einfach geduldig.

"Ich wusste es", schmunzelte ich und Kayden stand von seinem Stuhl auf.
"Habt ihr geredet?", fragte er mich gleich.

"Er ist gerade aufgewacht und wollte, dass du auch im Zimmer bist. Warum verstehe ich nicht ganz, aber er meinte ich brauche dich."

"Willst du das denn auch? Das ich dabei bin?", fragte Kayden mich neugierig.

"Natürlich. Du darfst überall mit dabei sein", lächelte ich und schlang kurz meine Arme um seine Taille. Ich brauchte tatsächlich eine kurze Umarmung von meinem Freund. Mein ganzer Körper musste spüren, dass ich meine Liebe nicht verloren hatte.

Kayden küsste liebevoll meine Stirn und umarmte mich ganz fest. Dankbar entfernte ich mich dann von ihm und wir gingen wieder zu meinem Dad ins Zimmer. Da es nur einen Stuhl im Zimmer gab, setzte ich mich einfach auf Kayden's Schoß.

Mein Vater lächelte meinen Freund schwach an und Kayden begrüßte ihn freundlich und mitfühlend.

"Dad, wieso wolltest du denn unbedingt, dass Kayden auch hier ist?"

"Ich muss dir etwas erzählen, Lily. Und ich weiss nicht wie du es finden wirst. Ich glaube mit Kayden verkraftest du es besser", fing er an und sofort bekam ich ein mulmiges Gefühl im Bauch.

"Deine Mutter und ich haben im Auto gestritten, bevor der Unfall passiert ist", erzählte er uns und ich schluckte. Das musste ein schreckliches Gefühl sein für ihn. Er hatte während einem Streit seine Liebe verloren. Er konnte nichts mehr klären.

"Das tut mir leid, Dad", sagte ich ihm gleich und er lächelte leicht.

"Sie weiss, egal wie sehr wir uns auch gestritten haben, dass wir uns trotzdem immer noch liebten."

Als er sein Gesagtes kurz verdaut hatte, fuhr er fort.

"Du warst schon länger ein ziemlicher Streitpunkt zwischen mir und Emilia. Ganz klar, sie hatte mir nichts von dir gesagt. Aber dann hatte ich ein Foto entdeckt."

"Was war auf dem Foto?", wollte ich sofort wissen.

Hatte sie ihn etwa betrogen? War er überhaupt mein leiblicher Vater?

"Bist du nicht mein Dad?", fragte ich ihn gleich enttäuscht.

"Doch, aber nicht nur von dir."

Ich glaubte mein Herz war gerade in meine Hose gerutscht.

Was hatte er da gerade gesagt?

Hatte ich vielleicht einen Bruder oder eine Schwester?

"Hab ich Geschwister?"

Mein Dad nickte und ich wusste gerade wirklich nicht, was ich dazu denken sollte. Sollte ich einen Freudentanz veranstalten? Oder herum schreien, weil mir meine Mutter nie etwas von meinem Bruder oder meiner Schwester gesagt hatte? Wir wurden getrennt.

Ein ganzer Teil von meinem Leben fehlte gerade und ich wusste nicht wo dieser Teil war oder ob er von mir wusste.

"Du hast einen Zwillingsbruder."

Geschockt sah ich ihn an.

Ich war ein Zwilling.

Meine Mutter hatte uns tatsächlich getrennt. Wie konnte sie sowas nur Babys antun!?

"Weisst du wo er ist oder wie er heißt?", wollte Kayden von meinem Vater herausfinden.

"Leider nicht. Dazu konnte ich dann nicht mehr kommen, tut mir leid."

Ich kannte nicht einmal seinen Namen.

"Wir werden ihn finden", meinte ich überzeugt.

Definitiv würde ich meinen Zwilling finden.

Das wusste ich.

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Überrascht?

Versteht ihr den Titel jetzt haha?

Lasst gerne Kommentare zu ihrem Zwilling da. Wie stellt ihr ihn euch vor?

Eure
Melli♡

His name isWo Geschichten leben. Entdecke jetzt