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Wieder hatte ich ein Problem, das richtige Outfit zu finden, während böse Gedanken mich plagten. Was, wenn es wirklich wehtun würde? Was, wenn er nicht aufpasste, ich meine, hassen tat er mich genug. Was, wenn unsere Instinkte komische Sachen machen? Was, wenn mir die Kontrolle entglitt? Gerne hätte ich demonstrativ einen Rollkragenpulli getragen, wie ich es auch in der Schule tat, doch damit würde ich ihn nur verärgern. Was machte es auch schon Sinn, wenn er in meinen Hals beißen musste? Mit weichen Knien zog ich eine etwas weitere Hose und einen meiner rosafarbenen Lieblingspullis an, auf welchem etwas verblasst niedliche Erdbeeren und irgendein japanischer Schriftzug prangten. Sofort fühlte ich mich etwas besser und geborgener. Weshalb hatte ich fast nur pinke Sachen in meinem Kleiderschrank? Ich schätzte, ich mochte die Farbe wohl sehr.

Mit zitternden Händen schloss ich die Schranktür und wankte zu meinem Spiegel, wo ich mich um meine Haare kümmerte. Die Farbe war aus meinem Gesicht gewichen und meine Augen waren erschrocken geweitet, sodass ich aussah wie ein Reh im Scheinwerferlicht. Verdammt, ich konnte nicht. Ich war panisch. Und verwirrt. Und verloren. Mit brennenden Augen schlurfte ich zu meinem Bett und ließ mich darauf fallen, ehe ich mich in meine Decke wickelte und zusah, wie dicke Tränen von meinen Augen fielen. Ich hasste es, so zu sein. Mit einem Schniefen tastete ich nach meinem Handy und starrte auf den Bildschirm, Alon hatte geschrieben.

(Ich wünsche dir viel Spaß, aber nicht zu viel!)

Die Buchstaben verschwommen vor meinen Augen und ich legte das Gerät wieder weg. Diese ganze Sache war so frustrierend, doch ich schaffte es einfach nicht. Ich fühlte mich wie paralysiert. Mir wurde ganz kalt, wenn ich daran dachte, dass sich spitze Zähne in meine Haut bohrten, und ich presste mein Gesicht in die dicke Daunendecke, ich wollte mir das gar nicht erst vorstellen! Meine Eltern dachten, ich sei jetzt bei ihm und würde das uralte Ritual vollbringen, doch stattdessen hockte ich völlig aufgelöst und am ganzen Körper zitternd in meinem Bett und traute mich erst gar nicht aus dem Haus.

Würde ich jetzt sterben? Wegen meiner eigenen Angst? Bei dem Gedanken sprangen wahre Sturzbäche aus meinen Augen und ich vergrub mein Gesicht in den Händen, was zur Hölle war los mit mir? Alles in mir schien zu kämpfen, meine Instinkte schrien, ich solle mich endlich markieren lassen, während mein rationales Denken strikt dagegen war. "Könnt ihr nicht alle einfach Ruhe geben, ihr seid sehr frustrierend.", hauchte ich und wischte über meine Augen. Ein Klopfen am Fenster ließ mich aufschrecken und wie erstarrt blickte ich zum bodenlangen Fenster. Dunkelheit, nur die schwarze Nacht. Da, es klopfte wieder, hatte ich gerade einen Schatten hinter der Scheibe gesehen? Okay, das war mal überhaupt nicht unheimlich oder so. Mit verengten Augen rollte ich mich von meinem Bett und schlurfte zur Glasscheibe, die Decke noch immer fest um mich gewickelt. Wer oder was lauerte da draußen auf mich? Mein Herz klopfte laut in meiner Brust und ich presste die Lippen aufeinander.

꧁soundless snow꧂Where stories live. Discover now