Quarantäne•6•(POVClove)

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POV Clove

„Clove, wach gefälligst auf!" zischte mir jemand ins Ohr. Als hätte dieser Weckruf nicht gereicht, verpasste dieser jemand mir gleich noch einen Tritt in die Rippen.

Ich stöhnte auf und hob den Kopf. Das erste, was ich sah, waren zwei riesige, niedliche, rehbraune Augen, die mich herzallerliebst anstarrten. Rue, diese kleine Teufelin, hockte vor dem Sofa, dass mir als Bett diente, und sah mich prüfend an.

„Endlich bist du wach, Prim wollte dich schon vom Sofa schmeißen. Komm schon, in drei Minuten sind wir frei!"

Völlig entnervt warf ich einen Blick auf die Leuchtanzeige meiner Uhr. Drei Minuten vor zwölf. Drei Minuten, bis die Quarantäne offiziell beendet war. Ich hätte wissen müssen, dass meine gestörte Klasse dies als einen Anlass für Schlafmangel hervorrufende Aktionen ansah.

Gerade als ich Rue sagen wollte, dass ich um nichts in der Welt um diese Uhrzeit aufstehen würde, immerhin waren wir erst vor einer halben Stunde schlafen gegangen, bemerkte ich, dass sie längst nicht mehr im Raum war.
Ebenso wenig wie der Rest derer, die im gleichen Zimmer geschlafen hatten wie ich.

Der einzige Hinweis war eine Spur aus Kissen und Decken, die wirkte, als wäre eine Person unter größtem Widerstand aus dem Bett geschleift worden. Wenn das nicht Johanna gewesen war, wusste ich auch nicht.

Jetzt war ich tatsächlich hellwach, rappelte mich auf und schlang mir die Decke um die Schultern, um mich auf den Weg zu meiner Klasse zu machen, die hier wohl irgendwo kräftig Radau veranstalten musste.

Wie erwartet dauerte es nicht lange, bis ich sie ausfindig gemacht hatte. Genau genommen war es eine Minute vor zwölf, als ich auf den Balkon hinaustrat, wo sich alle versammelt hatten. Wobei das Wort Balkon nicht annähernd die herrschaftliche Aussichtsplattform mit dem Marmorgeländer beschrieb, die einen herrlichen Ausblick in den Himmel bot.

„He, Clovie, da bist du ja!"
„Clove, beweg deinen Hintern hier her!"
„Schnell, es ist fast soweit!"

So begrüßten mich meine Klassenkameraden, als sie mich entdeckten. Glimmer packte mich direkt am Arm und zog mich strahlend zu einem Platz an der Brüstung, an dem bereits Cato, Marvel, Annie und Finnick standen.

„Für die widerlich kitschigen Pärchen, die dort im Mondschein irgendeinen romantischen Kram tun wollen!" kommentierte Thresh angeekelt, bevor er fortfuhr, Foxface anzufeuern. Diese balancierte nämlich einmal der Länge nach über das Geländer.

„Noch fünf Sekunden, Leute!" schrie Katniss so enthusiastisch, dass Gale sich die Ohren zuhielt. „Vier, drei, zwei, eins!"
„Wir sind frei!" Ertönte es vielstimmig, und Applaus brach aus.

Man hätte meinen können, wir hätten einen hochgefährlichen Virus überlebt. Obwohl, das hatten wir ja tatsächlich.

Marvel übernahm kurzerhand das Kommando, und brüllte über den Lärm hinweg: „Los, ziehen wir uns etwas an und gehen raus!"

Flink warf ich mir einen Hoodie über, der für dieses Wetter eigentlich viel zu warm war, aber was sollte es? Es war zwölf Uhr nachts, wir hatten Sommerferien und waren soeben aus der Quarantäne entlassen worden, wen kümmerte es da, was ich anhatte?

In einem riesigen Pulk stürmten wir durch die Straßen, wobei Cato sich ein ums andere Mal schützend vor mich stellte, damit Thresh, Finnick und Johanna, die völlig außer Rand und Band waren, mich nicht überrannten.

Peeta und Katniss stürmten in einen Kiosk, der die ganze Nacht offen hatte, und kauften uns allen Cola, damit wir es schafften, wach zu bleiben.

Dann hatte irgendjemand die glorreiche Idee, in den Park zu gehen, in dem wir auch Silvester gefeiert hatten.
Auch damals war es Nacht gewesen, jedoch hatten Raketen den Himmel erhellt, was aktuell nicht der Fall war.

Alleine hätte ich um diese Uhrzeit im Park wohl Angst gehabt, und das Wurfmesser in meiner Tasche fester gepackt, doch nun, wo wir alle zusammen waren, war das einzige, vor dem ich mich fürchten musste, Cashmeres Schrei, wenn sie auf einen Ast trat, der zerbrach.

Wir kamen an einer Wiese an, in deren Mitte ein großer Brunnen stand. Auf einem Plateau in seiner Mitte thronte ein kleiner, unwahrscheinlich fetter Steinengel, und spuckte eine winzige Fontäne, die wohl kaum ausreichte, um den gesamten Brunnen zu füllen.

Wer meine Klasse kannte, konnte sich wohl denken, was nun kam.

Überlegt euch einfach das seltsamste, idiotischste, hirnverbrannteste, was man mitten in der Nacht mit einem öffentlichen Brunnen inmitten des beliebten Stadtparks machen könnte.
Anschließend addiert ihr es mit einem Haufen Idioten wie uns, und ihr habt euer Ergebnis.

Baden, was sonst sollte man schließlich in einem ungefähr siebzig Zentimeter tiefen, verdreckten Becken mit einer verstörenden Figur anstellen?

Rue und Prim waren die ersten, die samt Klamotten hineinsprangen. Es folgten Thresh, Johanna und Finnick, der Annie mit sich zog, ebenfalls in voller Montur.
Ich dachte nicht länger nach, packte Cato mit der einen und Glimmer mit der anderen Hand, die wiederum Marvel mitzog, und hechtete in die unattraktive Brühe.

Weil es so dunkel war, hatte ich keine Ahnung, was sich im Wasser unter mir alles herumtrieb, aber als sich die anderen aus unserer Klasse spritzend zu uns gesellten, war mir das vollkommen gleichgültig.
Es war ein Glück, dass der Brunnen so riesig war, denn dadurch passten wir alle hinein.

Katniss erklomm den Engel und rief uns von dort aus Schimpfwörter zu, und Cashmere jammerte über ihre zerstörte Frisur. Prim und Rue tauchten Gale unter Wasser, während der Rest von uns sich stritt, ob wir eher wegen Ruhestörung oder doch wegen Beschädigung öffentlichen Eigentums verklagt werden würden.

In jedem Fall waren wir uns einig, dass wir Mr. Snow die Schuld an allem geben würden. Auch wenn der vermutlich lieber allein im Knast als mit uns im Klassenraum wäre.

Während ich mit meinen geliebten Sneakers, die durch das Wasser vermutlich gänzlich ruiniert worden waren, durch den Brunnen watete, um von Finnick, der Wasser in den Mund nahm und uns damit bespuckte, wegzukommen, ertönte ein Klingeln.

Wie sich herausstellte, gehörte es zu Annies Handy, welches einen eingehenden Anruf verkündete. Sie schob Finnick leise fluchend beiseite und ging dran. Nach wenigen Sekunden verzog sie schockiert das Gesicht und hielt den Hörer zu, um uns etwas mitzuteilen.

„Das ist Mr. Snow. Wartet, ich stelle den Lautsprecher an, aber ihr müsst unbedingt leise sein."

Warum um alles in der Welt rief unser weihnachtsmannähnlicher Klassenlehrer um drei Uhr nachts an?
Das Ganze durch die Gegend laufen hatte nämlich einiges an Zeit in Anspruch genommen, und ich ging davon aus, dass der Himmel in gut einer Stunde beginnen würde, sich zu erhellen.

Annie hielt das Handy so, dass wir alle mithören konnten, woraufhin es mucksmäuschenstill wurde. Beeindruckend.

„Entschuldigen sie, Mr. Snow, aber warum rufen sie mich um diese Uhrzeit an?" fragte sie verwirrt.

„Nun, wie ich hörte, endete vor so ziemlich genau drei Stunden ihre Quarantäne, weshalb ich es als meine Pflicht ansehe, nach den Zahlen der Überlebenden zu fragen. In gewisser Weise bin ich schließlich, wie soll ich sagen? Äääähm, verantwortlich."

„Sie wollen wissen, wie viele von uns ins Gras gebissen haben?" platzte ich heraus und zog die wütenden Blicke der Klasse auf mich.

„Sie offenbar nicht, Miss Kentwell. Und ja, das tue ich, obwohl ich nicht diese Worte gewählt hätte, um einen derartig grauenhaften Verlust zu beschreiben."

„Da kann ich sie beruhigen." sagte Annie. „Wir sind alle wohlauf und bereit, bald wieder in die Schule zu kommen."
Augenverdrehen seitens uns.

„Oh." Mr. Snow schien sich zu einem erfreuten Ton zwingen zu wollen, doch seine Stimme brach kläglich. „Das ist ja erleichternd zu hören."
Ein leises Schluchzen war aus dem Hörer zu vernehmen.

Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass ihn diese Botschaft nicht sehr glücklich gemacht hatte.

♥️♥️♥️
Heiii...letzter Teiiil wohoooo!!! Damit Endet die mini-Story Die Tribute in Quarantäne. Falls ihr Vorschläge für weitere One shots habt, immer in die Kommentare damit.
Wir lesen uns, bye bye♥️
F&C

Die Tribute in One ShotsWhere stories live. Discover now