Vorgefallenes

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 „Dir geht es wirklich gut?"

Noch einmal stellte sie ihm diese Frage – „Ja Judy, mir ist nichts passiert. Ich war überhaupt nicht einmal in der Nähe des Hotels", versicherte er ihr abermals. „Aber..", versuchte sie zu entgegen. Doch er wusste, worauf sie herauswollte und unterbrach sie mitten im Satz: „Die Behörden wissen nichts von mir." „Wie, die Behörden wissen nichts von dir?", verstand nicht so richtig. Felix klärte die daraufhin auf: „Sie gehen davon aus, dass ich ebenfalls beim Autounfall meiner Mutter und meiner Geschwister getötet worden bin. Ich habe den Namen meines toten Adoptivbruders übernommen." Weiter sprach er nicht. Er wollte nicht. Das brauchte er auch überhaupt nicht, denn sie verstand es.

Die Hauptsache war, dass noch am Leben ist – „Was machst du eigentlich hier?", setzte er die Unterhaltung fort. Diese Frage hatte sie ihm noch immer nicht beantwortet gehabt. Sie schluckte den dicken Kloß in ihrem Halse herunter und erwiderte: „Seinetwegen." Wen sie damit meinte, das konnte er sich schon denken. „Er ist auch hier? Aber weswegen?", war Felix sichtlich irritiert. Er schöpfte also keinerlei Verdacht, stellte sie fest. Umso schwer würde es ihr jetzt fallen, ihm die Wahrheit zu sagen. Ihm zu erklären, dass sie allein an seinem Unheil schuldig war. „Meinetwegen, seinetwegen und auch deinetwegen", sprach sie nur wenige Worte.

Mehr sagte sie nicht. Er wusste sofort, was das zu bedeuten hatte – Innerlich hatte er schon mit einer solchen Antwort gerechnet. „Er war also derjenige, der das..", begann er einen Satz, welchen er nicht vollenden konnte. Weiter sprechen konnte er einfach nicht. Zu tief saß der Schmerz. „Er hat Nick entführt.. Ihn an den Rand des Todes gebracht.. Er hat..", fing Judy an zu erzählen. Die Tränen, welche sie versucht hatte, zurückzuhalten, liefen jetzt an ihren lieblichen Wangen herunter. „Anfangs war er nett.. Er hat sich sogar um die Kinder gekümmert..", sprach sie weiter, legte jedoch eine kurze Pause ein.

Sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und fuhr schließlich aber fort: „Dann aber fingen er und Nick sich an zu streiten.. Nick und ich stritten uns.. Er ist abgehauen.. Öfters mal.. Doch dieses Mal kam er nicht zurück.. Er war verschwunden.. Jack hat versucht, mir Trost zu spenden.." Erneut brach sie mitten im Satz ab. „Doch dann wurde er gefunden.. Ob es Zufall war oder Absicht.. Das weiß ich nicht. Ich weiß nur eins. Jack war derjenige, der Nick gefangen hielt und ihm all das Leid antat", schaffte sie es dennoch weiterzusprechen. Sie erinnerte sich an das ungläubige Gesicht, welches Jack hatte, als er Nick im Krankenhaus hatte.

„Eine Überwachungskamera hat ihn dabei aufgenommen, wie er den Tatort verlassen hatte.. Ich habe ihn verfolgt.. Er hat versucht die Stadt verlassen.. Er stieg in diesen Zug.. Jener Zug, der einst dich zu uns brachte und auch zurück in deine Welt gebracht hatte. In jener Welt, wo auch ich nun bin", beendete sie kurz darauf ihre Erzählung. Glauben all das konnte er einfach nicht. Er hätte nicht gehen sollen. Dort hätte er bleiben müssen, das war ihm jetzt klar geworden. Etwas sagen hätte er sollen! Nicht sie war an all dem Unheil schuld, was er sie auch gestand:

 „Ich hätte es ahnen müssen" – Sie wusste nicht, was er meinte. Die Unwissenheit konnte er ihr ansehen. Er schluckte den Kloß in seinem Halse herunter und offenbarte er: „Als wir damals festgehalten wurden... Es war nicht dieses Schwein." Nicht überrascht, erwiderte sie: „Es war Jack, nicht wahr?" Nur nicken konnte er. „Und jetzt gibst du dir die Schuld dafür, richtig?", schlussfolgerte sie richtig. Wieder nickte er.

„Es ist nicht deine Schuld, Felix. Wenn jemand schuldig ist, dann bin ich das, aber nicht du", gab sie ihm jegliche Schuld. Vehement widersprach er ihr: „Ich wusste, dass er Unheil stiften würde! Ich hätte doch was sagen müssen!" „Das hätte nichts gebracht und das weißt du auch", schüttelte sie mit dem Kopf. Sie hatte ja recht und das wusste er. „Vielleicht. Aber wenigstens dir und Nick hätte ich es sagen müssen. Dann hättest du ihn direkt zum Teufel jagen können", wollte er jedoch nicht vollends nachgeben. Judy erwiderte aber: „Nicht unbedingt. Er ist der Vater der Kinder. Er hat das Recht, sie kennenzulernen, so auch die Kinder ihren Vater."

„Das finde ich nicht. Jeder Mensch...", begann er einen Satz, welchen er aufgrund ihrer vorwurfsvollen Blicke kurz unterbrach, „...und auch Tier hat eine gewisse Anzahl von Fehlern. Übertritt er diese Angabe, hat er nicht das Recht weiter Ansprüche zustellen" – Sie erinnerte sich zurück: „Mein leiblicher Vater ist abgehauen, da war ich noch ein keines Kind. Als er Jahre später den Kontakt suchte, da blockte ich ihn ab" „Außerdem haben deine Kinder doch einen Vater", riss er sie kurz darauf ins Hier und Jetzt zurück. Sie wusste, auf was er hinauswollte. Dementsprechend reagierte sie: „Das kannst du nicht vergleichen." „Und ob ich das kann. Mein Stiefvater war um Welten besser, als mein biologischer Erzeuger und das war nicht schwierig" – Irgendwie hatte er ja recht.

„Was machen wir jetzt eigentlich?", wechselte sie daraufhin schlagartig das Thema.

Zoology - das Quartett (Zoomania)Where stories live. Discover now