Kapitel 11

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Venus hatte die letzte Woche genossen. Sie hatte nichts zu tun. Ihr Buch war fast fertig und sie hatte beschlossen sich eine kleine Pause zu genehmigen.

So kam es, dass sie heute in einem Café an der Ecke Marylebone High Street - Beaumont Street saß. John hatte es vorgeschlagen und Venus war ein wenig überrascht gewesen, dass er so ein Café kannte. Es war niedlich und hatte leckeres Essen — schon alleine, dass John so ein niedliches Café besuchen könnte war ihr nie in den Sinn gekommen. Ob er hier manchmal mit Sherlock saß?

John und Venus saßen fast direkt gegenüber von der St. Marylebone CE School und hatten einen guten Blick auf den Vorhof der Schule. Vorhin waren die Kinder hinausgeströmt und hatten das, für einen Januar in London, recht sonnige Wetter genossen. Nun schien jedoch wieder Unterricht zu sein. Nur vereinzelt liefen Schüler über den Vorhof der Schule.

Venus nahm einen Schluck von ihrem Kaffee und sah wieder zu John. Er schien nachdenklich. Venus beschloss ihm noch einen Moment zu geben, ehe sie nachfragte und blickte sich um.

An sich war das Café nicht groß. Es gab eine Theke, dessen Vorderseite aus weißen Fliesen bestand, einfache Stühle aus Metall und ein ansehnliches Sortiment an Weinen hinter der Theke. Links von der Theke stand ein Regal mit Tee, welchen man Kaufen konnte und in der Mitte des Raumes befand sich ein ebenfalls runder Tisch. Er war höher als die anderen und durch eine runde Metallstange mit der Decke verbunden.

Venus Blick glitt wieder zu John. Er hatte sein Kinn auf deinen Faust gestützt und den Ellenbogen auf dem grauen Metalltisch. „Worüber denken Sie nach?", fragte Venus. Sie war sich bewusst, dass ihre Frage vielleicht ein wenig direkt war, doch sie hielt nicht viel davon unnütze Zeit zu verschwenden.

John, welcher sie ein wenig erschrocken ansah, räusperte sich.

„Ich, also ich, ich habe eigentlich nur an den Umzug gedacht. Ob es für Rosie gut ist. Ich meine, Sherlock hat seine Eigenarten. Vielleicht ist es langfristig nicht die richtige Umgebung für ein Kind", erklärte er ein wenig stockend. Venus nickte. Sie hatten vorhin schon kurz darüber gesprochen. John tat es nicht gut alleine mit Rosie in dem Haus zu wohnen. Er meinte, es würde ihn zu sehr an Mary erinnern und war des Weiteren viel zu groß für nur Rosie und ihn. Also hatte er beschlossen wieder in sein altes Zimmer bei Sherlock zu ziehen. Vorübergehend. So zumindest seine Worte. Abgesehen davon, dass es nur zwei Schlafzimmer gab, war ein temporär drogenabhängiger und mit unzähligen Eigenarten gespickter Mitbewohner vielleicht wirklich nicht das richtige Umfeld.

Venus nickte verstehend ehe sie sprach: „Nun, Sie können es als eine Art Übergangsphase sehen oder nicht? Sein Sie mir nicht böse, doch ich denke, die Wohnung könnte für sie drei bald zu klein werden. Ich habe gehört, dass in meinem Wohnhaus eine Wohnung frei werden soll, erst in ein paar Monaten, aber wenn Sie möchten kann ich mich erkundigen und mal nachforschen."

Sie legte ihre Hand ein wenig mehr in die Mitte des Tisches und lächelte John freundlich an. Es war nicht unbedingt einfach Wohnungen in der Londoner Innenstadt zu finden.

„Das wäre sehr nett von Ihnen", sagte John und lächelte dankend.
Hätte Venus an diesem Tag schon gewusst wer auszieht wäre sie vielleicht nicht so fröhlich gewesen. Oder doch?

Sie unterhielten sich noch eine Weile, ehe auch John seinen Kaffee beendet hatte und standen dann auf.

„Warten Sie hier? Dann gehe ich schnell bezahlen", fragte John und sah sie mit leicht gerunzelter Stirn an. Venus hätte gerne gesagt, dass es ihr lieber wäre, würde sie ihren Kaffee zahlen, wollte jedoch nicht unhöflich sein. So nickte sie nur und bedankte sich kurz.

John stand auf, während Venus hinter sich griff und ihren grauen Mantel von der Stuhllehne nahm. Kurz sah sie John zu, wandte sich jedoch ab, als sie einen Mann auf der anderen Straßenseite gegenüber von dem Café sah.

Er ging nicht gerade entspannt vor der St. Marylebone CE School auf und ab und schien zu telefonieren. Zumindest hielt er ein Handy an sein Ohr. Seine Schritte waren dominant und gleichzeitig irgendwie sanft. Venus legte ihren Kopf ein wenig schief. Sie war noch niemandem begegnet, der so ging, mit so einer Dualität.

Der Mann in dem Anzug strich sich durch seine braunen Haare und schien innezuhalten. Für einen Moment stand er einfach nur so da. Er stand ihr frontal gegenüber, sein Blick auf den Boden gerichtet. Ganz langsam hob er seinen Blick. Venus lief ein Schauer über den Rücken. Wer auch immer dieser Mann war, er schien nicht wie der freundliche Nachbarsjunge von nebenan. Als sein Blick ihren traf merkte sie, wie sie zusammenzuckte. Es schien ihr, als würde er sie durchbohren. Venus bekam Angst. Angst davor, dass er in ihr tiefstes Inneres blicken konnte, sie lesen konnte, wie ein offenes Buch.

Venus merkte gar nicht, dass John an sie herantrat. Erst als er ihr eine Hand auf die Schulter legte, löste sie sich aus ihrer Starre.

„Ist alles in Ordnung?", besorgt sah der Arzt sie an. Seine Stirn hatte sich in Falten gelegt und seine Lippen presste er leicht aufeinander.

Venus wandte kurz ihren Blick von ihm ab, nur um einen Doppeldecker vorbei rauschen zu sehen. Als dieser vorbei war, stand der Mann nicht mehr da. Vielleicht war er ja davor schon nicht mehr da gewesen?

Sie nickte kurz und räusperte sich: „Ja, uhm, ich war eben nur in Gedanken."

Venus zwang sich ein leichtes Lächeln ab, welches John ihr nicht ganz abnahm, doch er hatte den Anstand nicht weiter zu fragen.

„Wenn Sie möchten können Sie gerne noch mitkommen. Rosie und Mrs. Hudson würden sich sicherlich freuen", John lächelte Venus an, als sie beide aus dem Café traten.

Venus überlegte kurz. Ihr war aufgefallen, dass John Sherlock nicht erwähnt hatte, doch das war ihr eigentlich egal. Sie würde sich freuen Mrs. Hudson und Rosie wieder zu sehen. Vielleicht war ein wenig Abwechslung gerade gut.

So nickte sie und machte sich mit John auf den Weg in die Bakerstreet.

Als sie an diesem Abend zurück in zu ihrer Wohnung ging, hatte sie den Vorfall mit dem komischen Mann im Anzug schon wieder vergessen. Er war bei all dem Lachen in den Hintergrund gerückt.

Es war ein schöner Tag gewesen. Mrs. Hudson hatte Tee gemacht und Geschichten von ihrem Ex-Mann erzählt, während Rosie immer wieder versucht hatte an Venus Haaren zu ziehen. Auch Sherlock schien ein wenig aufgetaut zu sein. Er hatte zwar nicht mit ihnen gelacht, doch daraus machte Venus sich nicht viel. Er hatte dennoch bei ihnen gesessen, Tee getrunken und sich an den Konversationen beteiligt.

Glücklich und irgendwie erschöpft fiel Venus an diesem Abend ins Bett.

Unwissend, dass das Abenteuer noch nicht zu Ende war.

Moriarty - Stayin' alive (BBC Sherlock FF)حيث تعيش القصص. اكتشف الآن