Finnisch für Anfänger

72) Unangenehme Neuigkeiten

"Ich liebe dich auch." Ein Lächeln hat sich auf seinem Gesicht breit gemacht und er scheint genauso glücklich zu sein wie ich.

"Was hast du heut noch vor?", greife ich nach kurzem Schweigen das Gespräch wieder auf. "Naja... Ich müsste dann ein paar Mails schreiben und halb eins sollten wir losfahren, damit wir nicht zu spät zum Essen mit Mikko kommen. Und für den Nachmittag können wir uns dann was Schönes einfallen lassen. Was meinst du?"

Ach, stimmt. Das hatte ich schon fast vergessen. "Klingt gut. Für heute Nachmittag hab ich schon eine Idee." Ich bin gestern zufällig im Internet auf eine Info gestoßen, die Samu heute viel Freude bereiten wird. "Was denn da?", fragt er aufgeregt. "Lass dich überraschen.", grinse ich ihn an. Samu ist einer der ungeduldigsten und neugierigsten Menschen, die ich kenne, deswegen weiß ich, dass es ihm gar nicht passt, jetzt warten zu müssen.

Während ich den Tisch nach unserem Frühstück abräume, geht Samu duschen. Anschließend setzt er sich mit seinem Laptop auf's Sofa und fängt kurze Zeit später auch schon an zu telefonieren. Da ich jetzt eh nichts von ihm habe und ihn auch nicht stören will, beschließe ich den Vormittag zum Putzen zu nutzen.

Nachdem auch ich dann geduscht habe, beginne ich in der Küche und arbeite mich über Schlafzimmer und Bad ins Wohnzimmer vor. Samu steht mittlerweile auf dem Balkon und raucht, während er schon wieder telefoniert.

Kurze Zeit später habe ich alles erledigt und wie auf Kommando kommt auch Samu zurück in die Wohnung. "Können wir los?" "Klar."

Im Lokal - ein kleiner Italiener am Stadtrand von Helsinki - ist noch nichts von Mikko zu sehen. Es ist nicht besonders voll, obwohl Samstagmittag ist. Wir haben also fast freie Platzwahl und setzen uns an einen Tisch in der hintersten Ecke, damit wir unsere Ruhe haben. Eine viertel Stunde zu spät, kommt dann auch endlich Mikko an.

"Sorry, dass ich zu spät bin.", entschuldigt er sich und ist dabei ziemlich außer Puste. Er begrüßt mich mit einem Küsschen auf die Wange und Samu mit einem Handschlag. "Habt ihr schon bestellt?", fragt er, als er sich setzt. Samu winkt den Kellner zu uns. "Nein, wir wollten noch auf dich warten." Ohne in die Speisekarte geguckt zu haben, bestellen wir uns Pizza; da gibt's ja eh bei fast jedem Italiener das Gleiche. Funghi für Mikko, Thunfisch für Samu und natürlich für mich Hawaii.

"Was gibt's denn eigentlich zu besprechen?", fasst Samu endlich das Thema auf, weswegen wir hier sind. Bevor Mikko aber etwas dazu sagen kann, kommt der Kellner zurück. "Entschuldigung. Herr Haber?" Samu sieht ihn freundlich an. "Wäre es möglich, dass sie ein Autogramm für meine Tochter schreiben? Sie ist großer Fan." "Na klar. Wie heißt sie denn?" Samu nimmt den Zettelblock und den Stift entgegen, die ihm hingehalten werden. "Sofi." For Sofi, in Love Samu, schreibt er und malt ein kleines Herz hinter seinen Namen. "Vielen Dank! Und entschuldigen Sie die Störung." Der Kellner geht wieder. "Kein Problem.", ruft Samu ihm noch freundlich hinterher.

Für ihn ist das wirklich kein Problem. Er tut das gerne.

Als wir wieder alleine sind, wenden wir uns wieder Mikko zu. "Eigentlich war das gerade schon ein Teil des Problems." "Mikko, ich bitte dich. Natürlich schreibe ich Autogramme, wenn ich darum gebeten werden. Und das tue ich auch, wenn ich privat unterwegs bin. Das Thema hatten wir schon. Ich entscheide da alleine drüber! Ich find's ja schön, dass du dich um meine Freizeit sorgst, aber das ist alleine meine Sache."  

"Das meine ich auch gar nicht." Der Kellner kommt zurück und stellt jedem seine Pizza auf den Tisch. Mikko fährt fort: "Ich wollte euch eigentlich darum bitten, dass ihr darüber nachdenkt eure Beziehung öffentlich zu machen." Damit hatte ich nun gar nicht gerechnet und ich weiß auch nicht, was ich dazu sagen soll, weshalb ich das ersteinmal Samu überlasse.

"Ich weiß, ich hab da auch schon drüber nachgedacht." Aber noch nicht wirklich mit mir darüber gesprochen, füge ich in Gedanken hinzu. Natürlich war mir klar, dass das irgendwann mal öffentlich gemacht werden muss, aber ehrlich gesagt hab ich das die ganze Zeit etwas verdrängt. Ich hab Angst, dass das unsere Beziehung verändern oder kaputt machen könnte.

"Das ist gut. Ich hätte da an ein Interview gedacht. Da könntest du kurz darüber sprechen. Also natürlich nichts Genaues - wie gehabt. Keine Namen oder sonstetwas. Das wird noch früh genug rauskommen.", erläutert Mikko seinen Plan. "Aber du wirst nun mal erkannt und wenn Anni dann öfter bei dir ist, entstehen nur irgendwann Gerüchte. Ich fände es besser, wenn wir dem gleich aus dem Weg gehen würden."

"Ja, das sehe ich auch so.", stimmt Samu ihm zu. "Was meinst du?", wendet er sich dann plötzlich mir zu. Ich nicke einfach nur lächelnd, um mein herrschendes Gedankenwirrwarr vor den beiden zu verbergen. "Hm, ja." "Na dann machen wir das doch so, oder? Ich hatte für Montag eh eine Interviewanfrage für dich... von so 'ner Onlinesendung." Samu nickt nur, da er sich gerade ein Stück Pizza in den Mund gesteckt hat und nicht antworten kann.

Mikko macht sich eine Notiz in seinem Handy, wahrscheinlich damit er nicht vergisst den Termin fest zu machen, widmet sich dann wieder seinem Essen und redet mit Samu über die letzten Eishockeyspiele.

Ich halte mich raus und gehe meinen eigenen Gedanken nach. Beim Thema Eishockey ist meine Meinung ohnehin nicht gefragt. Ich habe gerade ein ganz anderes Problem: Lennja. Wenn unsere Beziehung an die Öffentlichkeit gelangt, wird sie es unweigerlich auch erfahren. Ich will aber nicht, dass sie das in irgendeiner Zeitung liest und wenn das Interview schon am Montag ist, muss ich ihr das vorher noch sagen, das heißt heute oder morgen. Oh man! Ich hab echt Angst, wie sie reagiert. Ich meine, sie vergöttert Samu ja regelrecht...

"Ich muss auch wieder los. Ich melde mich bei dir wegen Montag.", reißt mich Mikko dann aus meinen Gedanken. "Ist gut. Ich übernehme die Rechnung.", sagt Samu und schlägt ihn zum Abschied ab. Er bedankt sich und drückt mir ein Küsschen auf die Wange.

Nachdem Samu die Rechnung beglichen hat und wir im Auto sitzen, nimmt Samu das Gespräch auf, da ich die ganze Zeit geschwiegen hatte. "Was ist los?" "Nichts alles gut." Ich zwinge mir ein Lächeln auf und hoffe, dass er das nicht bemerkt. "Klar, hast du was. Du machst dir Sorgen wegen Montag, oder?" Mist, er hat's gemerkt.

"Naja... mehr wegen Lennja... Ich muss ihr das ja auch noch irgendwie sagen..." Er wirkt nachdenklich, legt mir aber während dem Fahren ermutigend seine Hand auf den Oberschenkel. "Hey, wenn ihr eure Freundschaft wichtig ist, wird sie damit irgendwie umgehen müssen. Du kannst ihr ja anbieten, dass sie ab sofort zu jedem Konzert ohne Karte kommen kann und obendrauf lege ich noch einen Backstage-Pass." Er grinst.

"Man, Samu, das ist ernst.", jetzt muss auch ich lachen. "Ist ja fast Erpressung. Entweder sie freut sich für mich oder es gibt kein Konzert mehr für sie." Als wir uns wieder eingekriegt haben, werde ich wieder ernst. "Würde es dir was ausmachen, mich gleich bei Lennja abzuladen? ... Dann kann ich das hinter mich bringen." "Hm, ja, natürlich! ... Und was wird aus meiner Überraschung?" Grinsend dreht er den Kopf zu mir, richtet seinen Blick dann aber auch gleich wieder auf die Fahrbahn.

"Würde es dir was ausmachen, wenn du das mit einem der Jungs machst?" Er fängt an zu lachen: "Naja, kommt drauf an, was du geplant hast. Auf ein romantisches Date mit Raul wäre ich jetzt nicht so scharf." Ich setze ein enttäuschten Gesichtsausdruck auf: "Hm, schade... Dann müssen wir das wohl verschieben."

Bevor er darauf reagieren kann, löse ich die Situation aber auf. "Fahr zur Eisarena. Der HIFK spielt... Ich hab Karten reserviert." Gerade hält er vor Lennjas Haus und stellt den Motor ab.

"Hab ich schon mal erwähnt, dass ich die allerbeste Freundin der ganzen Welt habe?" Er zieht mich zu sich und küsst mich liebevoll. "Danke!", nuschelt er in den Kuss. "Nicht dafür, mach dir einen schönen Nachmittag."

"Und du machst dir nicht so viele Gedanken. Das wird schon alles gut. Wenn was ist meldest du dich, ja?" Ich nicke, drücke ihm noch einen Kuss auf die Lippen und steige dann aus dem Wagen.