34) Angebranntes Essen und Bettwäsche

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Als ich im Bus nach Hause sitze, piepst mein Handy. Lennja hat mir geschrieben: Anni, ich dreh durch. Ich weiß nicht, was ich anziehen soll! Ich bin so aufgeregt!

Ich muss lachen. Oh man, das kann ja was werden. Halte durch, Hilfe naht!, antwort ich ihr. Ich freu mich wirklich auf einen Mädelstag. Seitdem ich in Finnland bin, konnte ich das nicht machen. Rebecca ist ja in Deutschland. Ich vermisse sie echt schrecklich. Außer Nachrichten und ein paar Gespräche über Skype haben wir ja quasi keinen Kontakt.

Ich steige an der Haltestelle vor meinem Haus aus. Zuhause ist natürlich keiner da. Dienstagvormittag ist Schule oder arbeiten angesagt. Ich bleibe zum Glück heute davon verschont. Bevor ich hochgehe, mache ich noch einen Abstecher in die Küche um kurz was zu frühstücken. In aller Ruhe dusche ich und wasche mir die Haare. Als ich fertig bin, binde ich mir ein Handtuch um und föhne mir die Haare. Zwischendurch vibriert mein Handy, das ich neben das Waschbecken gelegt hab. Samu.

Schade, dass du heute früh schon weg warst. :-( Fährst du nach dem Konzert heut Abend mit zu mir? Wir haben noch ein Frühstück nachzuholen :-*

Am liebsten würde ich jede Nacht bei ihm schlafen. Ich würde echt gerne, aber was mache ich mit Lennja? Ist doch auffällig, wenn ich nicht mit ihr nach Hause gehe... :-*

Sofort kommt eine Antwort. Du hast Recht... Ich komme danach bei dir vorbei und hole dich. Wie wär's? :-*

Der Plan dürfte aufgehen. Ich hab echt Schiss, dass Lennja irgendwas merkt. Irgendwann muss ich ihr ja was darüber sagen, aber ich weiß einfach nicht wie und will das auch jetzt noch nicht. Ich sage ihm zu und stell mich dann vor meinen Kleiderschrank. Super, und was zieh ich an? Ich packe mehrere Oberteile, einen Rock und eine Hose in meinen Rucksacke, dann kann Lennja mir beim Aussuchen helfen. Ich hole noch die Tasche mit meinem Schminkzeug aus dem Bad, zieh mir was an und gehe dann los.

Ich beschließe Ellas Fahrrad zu nehmen, damit ich nicht laufen muss. Nach 5 Minuten Fahrt bin ich auch schon da. Das Red stelle ich vor der Tür ab und klingel dann. An der Tür empfängt mich eine total nervöse Lennja. "Gut, dass du endlich da bist! Ich bin so aufgeregt." Sie umarmt mich, lässt ihren Redeschwall aber nicht abreißen. "Ich hab schon angefangen zu kochen, weil ich mich irgendwie beschäftigen musste, aber mir ist alles angebrannt. Wir müssen jetzt au Plan B umsteigen und Pizza bestellen. Und was ich anziehen soll, weiß ich auch immer noch nicht..." "Beruhig dich", unterbreche ich sie lachend. Aus der Wohnung höre ich schon Samus wunderbare Stimme. Würde mich nicht wundern, wenn die Musik hier schon seit mehreren Tagen laufen würde. Bei dem Gedanken muss ich grinsen. "Wollen wir erstmal rein gehen?", frage ich sie, weil wir immer noch vor der Tür stehen und sie sich irgendwie versucht zu beruhigen. "Oh, ja klar."

Auf dem Sofa scheint sie ihren halben Kleiderschrank ausgebreitet zu haben. "Oh, na da haben wir ja was vor.", kommentiere ich das. "Du musst mir unbedingt dabei helfen!... Wollen wir erstmal was zu Essen bestellen?" Sie reicht mir die Karte der Pizzeria. Ich gucke gar nicht rein, weil ich bei Pizza eigentlich immer das Gleiche esse. "Ich nehm Hawaii." Dabei fällt mir der Abend mit Samu ein, an dem auch unser erster Kuss war. In meinem Bauch fängt es wieder an zu kribbeln.

Lennja ruft bei dem Lieferservice an und dann machen wir uns daran, ihr was zum Anziehen zu suchen. "Also ich dachte eins von den Oberteilen, aber ich weiß nicht welches." Sie zeigt auf 3 Tshirts, die mit der Band bedruckt sind. Irgendwie komisch, wenn sie dann den ganzen Abend meinen Freund auf ihrer Brust hat. Ich deute auf das rechte. "Das find ich gut." "Ja, daran hatte ich auch zuerst gedacht... Aber sicher kein anderes? Das muss alles perfekt sein!" Wie sie sich Gedanken macht... Wenn 19jährige Mädchen zu kleinen Kindern werden. Ich muss lachen und sage: "Du siehst immer toll aus!"

Sie wird rot und nimmt das schwarze Tshirt, dass wir ausgesucht haben bei Seite. "Und was dazu? Rock, Hose?" Ich nehme eine blaue Jeans in die Hand und falte sie auseinander. Sie hat einige Löcher. "Das wird perfekt aussehen. Die musst du anziehen." Ich halte ihr die Hose hin. "Und dazu die Chucks?" Im Flur liegen ein Paar schwarze, halbhohe Converse. Erinnern mich an Samus - na, wenn das mal kein Zufall ist. Ich muss grinsen. "Du wirst super aussehen, glaub mir!"

Dann klingelt es ander der Tür. Pizza! Wir machen uns sofort drüber her. "Ich geh schnell noch duschen. In meinem Schlafzimmer steht mein Schminkschrank, wenn du willst, kannst du ja schon anfangen.", sagt sie als wir fertig mit essen sind. Ich nehme meinen Kram und verschwinde in ihr Schlafzimmer.

Neben der Tür steht ihr Bett, das natürlich - wie sollte es anders sein? - mit Sunrise Avenue-Bettwäsche bezogen ist. Ich würde gerne Samu ein Foto schicken. Aber ich weiß nicht, ob das vielleicht zu privat ist. Andererseits, wenn man nur die Bettwäsche sieht... Ich mache also so ein Foto, das nichts anderes zu sehen ist und schicke es ab. Kurze Zeit später kommt Antwort: Haha! :-D Die wollte ich dir auch noch schenken. Die ist sooooooooo schön! :-D

Ich muss grinsen. Die Ironie kann man da auch gar nicht überhören. :-D Ich hab lieber den richtigen Samu im Bett :-*, antworte ich. Ich verteile meine Schminkutensilien über dem kleinen Tisch. Dann kommt noch eine Nachricht von Samu: Ich freu mich schon richtig auf dich heute Abend! Ich muss jetzt erstmal zum Soundcheck. Bis dann, Süße :-*

Ich lege mein Handy mit einem Schmunzeln zur Seite und fange an mich zu schminken. Als ich gerade fertig bin kommt Lennja dazu. Sie ist schon angezogen und es sieht wirklich super aus. "Wow, siehst du toll aus!" Kommentiert sie mein Make Up. "Danke! Hilfst du mir jetzt, was zum Anziehen auszusuchen?" Ich schütte meinen Rucksack aus. Sofort greift sie nach dem Rock. "Auf jeden Fall den hier!" Es ist ein kurzer Jeansrock. "Ist der nicht etwas zu kurz?", zweifle ich. "Also wenn das einer tragen kann, dann ja wohl du. Du hast so schöne Beine."

Meine Beine mag ich, ehrlich gesagt, auch. "Und welches Oberteil?" Lennja reicht mir ein korallfarbenes Top mit dünnen Trägern. "Das ist super." Das sieht bestimmt wirklich gut aus. Ich ziehe mich also auch um und Lennja schminkt sich solange. Die Musik dudelt immer noch und wir quatschen ausgelassen. Meine langen Haare lasse ich offen. Sie hängen in leichten Wellen nach unten. Lennja bindet sich einen lockeren Zopf. Dann sind wir fertig.

Wir schnappen Jacken und Taschen und steigen in das bereitstehende Taxi. Diesen Luxus leisten wir uns heute mal. Das Konzert findet wie letztes Mal auch schon in einer kleineren Halle statt. Wir haben richtig Glück: Vor uns sind kaum Leute da und wir können ganz vorne hinter der Abzäunung an der Bühne stehen. Neben uns stellen sich zwei Mädchen. Lennja unterhält sich mit ihnen und ich höre heraus, dass sie sich schon von einem vorherigen Konzert kennen. Auch sie tragen Tshirts mit der Band drauf. Ich fühle mich direkt etwas unwohl, weil ich mich nicht wirklich als "Fan" zählen kann, obwohl ich insgeheim wahrscheinlich der größte bin - zumindest Samus...

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