"Nein.", gab ich harsch zurück, sie wussten was sie wissen mussten. Als Bilbo fragte, was das für Schreie waren, die ganz offensichtlich von Orks und Wargen kamen, erzählten die beiden jüngsten Zwerge Schauermärchen. Ich sprang auf und knurrte: "Das ist kein Spaß!" und besah sie mit vernichtenden Blicken.

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass auch Thorin aufgesprungen war und die Beiden schalt. Ich ließ mich auf den Boden zurückfallen, ich hatte guten Grund die Orks zu hassen. Genau wie Thorin auch, rief ich mir ins Gedächtnis. Wir waren beide dabei, bei der Schlacht um Moria.

Nur hatte niemand mich gefunden, ich war direkt danach, bevor sie nach Überlebenden suchten, verschwunden. Zu feige um mich dem Tod der Letzten, denen ich vertraut hatte, zu stellen. Ich merkte, wie ich wütend meine Hände zu Fäusten geballt hatte und von allen angestarrt wurde. Was hatte ich jetzt schon wieder getan?

"Alles in Ordnung?", fragte Gandalf stirnrunzelnd. Ohne zu antworten drehte ich mich um und legte mich an meinen Schlafplatz. Seufzend wandte Gandalf sich ab, sicher, dass er kein Wort mehr aus mir herausbekommen würde.

In den nächsten Tagen häuften sich die Fragen an mich, doch die Meisten wies ich unwirsch ab. Erst als alle wieder mal um das Feuer versammelt waren und Gandalf mich bittend und zugleich streng ansah gab ich nach. "Gut, fragt halt", sagte ich zähneknirschend.

"Wer bist du wirklich?", wollte einer wissen. "Ich weiß es nicht", gab ich knapp zurück.

"Wie alt bist du?", fragte Fili. Ich zögerte kurz bevor ich antwortete. "Hundertneunzig. Ich glaub das war genug für heute." Ich ließ die ungläubigen Zwerge am Feuer zurück und legte mich schlafen.

Jetzt wussten sie aber wirklich mehr als genug. Ich konnte mal wieder nicht schlafen, die Frage, wer ich wirklich war, geisterte in meinem Kopf herum. Woher kam ich? Hatte ich richtige Eltern? Schon allein dieses Wort. Ich war immer bei einer Zwergin gewesen, doch sie war alt und starb bei Smaugs Angriff, danach hatte ich nur noch ihren Sohn, mit dem ich mich einigermaßen verstand, doch als auch er starb war ich allein.

So wie eigentlich mein ganzes Leben. Das einzige was jemals mein Zuhause war, war der Erebor. Ich entfernte mich noch ein Stück von der Gruppe und setzte mich auf einen Stein. Warum war alles so kompliziert, ich wollte nur den Erebor in Sicherheit wissen, oder?

"Du solltest schlafen!", Thorin hörte sich an als würde er mir etwas befehlen wollen. "Ich kann sehr gut entscheiden, wann ich schlafen muss. Ich brauche niemanden, ich hatte nie jemanden." Zumindest nicht wirklich. Warum hatte ich ihm das gesagt, es ging ihn nichts an, mein Leben ging niemanden etwas an.

"Vergiss es.", hängte ich schroff an. Er zuckte mit den Schultern und ließ mich wieder allein, doch ich spürte, dass er noch lange in meine Richtung sah. Sollte er doch. Warum konnte ich ihn eigentlich nicht ausstehen, eigentlich hatte ich keinen Grund dazu, gut, der Anfang war etwas unschön, aber seither behandelte er mich fair.

Er war auch nur ein Zwerg, er war auch nicht besser, als irgendwer, oder? Gut, er war nicht wie alle Zwerge, aber ich brauchte niemanden, ich war immer gut mit mir selbst zurechtgekommen, auch wenn es ganz nett war ein paar Leute zu haben, die sich um fast alles kümmerten.

Die nächsten Tage kamen wir nur langsam voran, zumindest fühlte es sich so an. Ich sprach mit niemandem mehr als ein paar Worte. Eines Abends machten wir an einem alten Bauernhaus Pause, Gandalf rannte beleidigt davon, Thorin war beleidigt und nach einer Weile waren auch noch Fili, Kili und Bilbo verschwunden.

Als Fili und Kili ohne Bilbo zurückgerannt kamen wurde mir klar, dass irgendetwas passiert sein musste. Ich erhob mich seufzend und bevor Kili und Fili zuende gesprochen hatten fragte ich: "Retten wir ihn jetzt oder wollt ihr noch ewig hier bleiben bis es zu spät ist?"

Thorin besah mich mit einem unfreundlichen Blick, ging dann voraus durch den Wald. Das war der Grund weshalb ich nicht so begeistert war hier zu sein. Er befahl mich andauernd herum. Das konnte ich nicht ausstehen, ich hatte noch nie auf jemanden gehört und wollte es auch nicht, ich konnte sehr gut selbst denken.

Ich hielt mich etwas im Hintergrund und ließ erstmal den achso schlauen, mich herumkommandierenden Anführer kämpfen. Ich schlenderte langsam auf das Schlachtfeld, die Trolle bemerkten mich erst gar nicht. Also fing ich an, mich von hinten auf einen zu stürzen, wobei dieser Fili fallen ließ.

Ich stach ihm in den Rücken was er gar nicht lustig fand und sich nach hinten schmiss. Jetzt sah er aus wie ein Insekt, das auf den Rücken gefallen war. Leider wurde der Hobbit von den Trollen gepackt und Thorin ließ dann auch noch das Schwert fallen, genau das was die erreichen wollten.

"Ach komm, manchmal muss man Opfer bringen.", maulte ich, bevor ich schließlich auch meine Waffen fallen ließ, nachdem alle mich entgeistert ansahen und Thorin irgendwas in meine Richtung schnauzte. Dann halt nicht.

Lin, lonely fighterWhere stories live. Discover now