Kapitel 13

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Avoiding this disaster seemed impossible
My heart is beating faster
Fast as it can go

~ „Invisible", Anna Clendening

Er hatte sie versetzt. Das zumindest waren ihre Gedanken gewesen, als Hermine, wartend auf dem Astronomieturm, auf ihre Uhr gesehen und festgestellt hatte, dass die Uhrzeit, die sie ausgemacht hatten, schon längst überschritten war. Zwanzig Minuten hatte sie nun auf ihn gewartet und beschloss, dass es wohl am besten wäre, in den Gemeinschaftsraum zurückzukehren.
Hermine wusste nicht, was sie denken sollte. Was war der Grund dafür, dass er nicht zu ihrem Treffen aufgetaucht war? Gab es möglicherweise ein anderes Mädchen? Vergessen haben konnte er es schlecht. Davon war sie überzeugt.
Sie nahm sich vor, den blonden Slytherin am nächsten Morgen nach dem Frühstück darauf anzusprechen und sich möglichst keine Gedanken mehr darüber zu machen.

Als sie am Innenhof vorbeikam, bemerkte sie eine Gestalt, die auf dem Boden sitzend an einer Säule lehnte. Da der Mondschein nicht bis hierher reichte, saß die Person im Schatten und Hermine konnte nicht erkennen, um wen es sich handelte. War da noch eine weitere Person?
„Hey, ist alles in Ordnung?", fragte sie und wollte sich gerade ein weiteres Stück der Gestalt nähern, als die Wolken, die den Mond bisher teilweise verdeckt hatten, sich lichteten.
Erschrocken zog sie die Luft ein.
„Draco! Bei Merlins Bart!" Sie stürzte auf den jungen Mann zu und erblickte gleich darauf den Körper von Dracos Vater.
„Was ist passiert?", fragte sie, ging vor ihm in die Hocke und sah den Slytherin eine Weile an.
Seine Augen blickten völlig verstört auf die Leiche seines Vaters. Er umklammerte seine Knie so fest, dass seine Knöchel an den Händen weiß hervortraten und eine Haarsträhne, die ihm ins Gesicht gefallen war, bewegte sich unter seinen heftigen Atemzügen. Auf seinen Wangen glitzerten die Spuren von heruntergelaufenen Tränen. Noch nie hatte Hermine ihn so erlebt.
Die Gryffindor legte ihm vorsichtig eine Hand auf die Schulter und er zuckte so heftig zusammen, dass auch Hermine erschrak. Anscheinend hatte er sie erst jetzt bemerkt – verständlich, er schien unter Schock zu stehen.
„Was, bei Merlin, ist hier passiert?" Professor McGonagall war in Begleitung von Professor Slughorn vor den beiden Schülern aufgetaucht. Ihr Gesicht nahm einen erschrockenen Ausdruck an und sie schlug die Hand vor den Mund, als sie Lucius Malfoy erkannte.
„Miss Granger, Mister Malfoy, was ist hier geschehen?", fragte sie erneut vollkommen schockiert.
„Ich weiß es nicht, Professor. Ich habe Draco gerade in diesem Zustand gefunden", antwortete Hermine und sah zu der alten Lehrerin auf.
„Horace, wir müssen sofort Shacklebolt informieren", sagte Professor McGonagall dann aufgeregt mit einem Blick auf den älteren Malfoy.
„Natürlich." Professor Slughorn blickte noch einmal mit aufgerissenen Augen auf die Szenerie vor sich und ging dann eiligen Schrittes davon.
„Ich glaube, es ist das beste, wenn Sie mich beide in mein Büro begleiten", meinte die Schulleiterin.

Wenig später saßen Hermine und Draco auf zwei Stühlen vor dem Schreibtisch der Professorin.
Draco war noch immer vollkommen weggetreten und hatte kein einziges Wort auf dem Weg zum Büro der Schulleiterin gesagt. Wie in Trance war er aufgestanden und mit den beiden Frauen gegangen.
„Mister Malfoy, ich weiß, dass Sie sich zurzeit in keiner angenehmen Situation befinden, aber wir müssen wissen, was passiert ist", sagte Professor McGonagall und blickte den Schüler besorgt an.
Eine ganze Weile sagte Draco gar nichts bis er schließlich ein paar Mal blinzelte und die Lehrerin vor ihm fokussierte.
„Ich... ich dachte... Mutter hat doch diesen Brief geschickt und... Auf einmal stand er da... Der Tagesprophet hat doch..."
Er stammelte Unverständliches vor sich hin, woraufhin Hermine ihm eine Hand auf die Schulter legte, um ihn zu beruhigen.
Im Licht konnte sie erkennen, dass seine linke Wange feuerrot war. Hatte sein Vater ihn geschlagen?
„Es ist alles in Ordnung, Mister Malfoy. Erzählen Sie ganz in Ruhe." Professor McGonagall nickte dem Blonden sanft zu, um ihn erneut aufzufordern, von den Geschehnissen zu berichten.
Draco atmete einmal tief durch. „Ich... ich habe ein Geräusch gehört, als... ich gerade am Innenhof vorbeilief. Und plötzlich... plötzlich stand mein... mein V-vater da..." Er brach ab und kniff die Augen fest zusammen, fast schon, als hätte er Schmerzen. Hermine drückte seine Schultern ein wenig fester.
„I-ich dachte doch... Ich dachte doch, er wäre tot." Die letzten Worte flüsterte er nur, wobei er seinen Blick wieder abwesend zu Boden schweifen ließ.
„Was ist dann passiert, Mister Malfoy?", fragte Professor McGonagall nach.
Draco zuckte zusammen und blickte sich im Raum um, als wüsste er jetzt erst, wo er sich befand.
„Ich... Er wollte, dass ich ihm einen Zauberstab besorge. Er sagte, er sei aus Askaban ausgebrochen und... und hat mich grob angefasst... G-gelacht wie ein Wahnsinniger... Und mich dann geschlagen, als... als ich ihm sagte, er soll mich loslassen." Mit schmerzerfüllten Augen blickte er Hermine an. Das Grau darin hatte sich verdüstert und sah aus wie Gewitterwolken.
„Er... er wollte ein weiteres Mal auf mich losgehen und da... Ich... ich konnte einfach nicht anders...." Wimmernd vergrub er sein Gesicht in seinen Händen und wurde kurz darauf von Schluchzern geschüttelt.
„Oh Draco...", hauchte Hermine und fuhr ihm sanft über den Rücken. Es tat ihr im Herzen weh, den Blonden so zu sehen.
Sie verpasste sich eine imaginäre Ohrfeige, weil sie tatsächlich gedacht hatte, dass er seine Zeit mit einem anderen Mädchen verbracht hatte. Stattdessen war er auf seinen Vater, von dem er geglaubt hatte, er sei tot, getroffen, hatte mit ihm gekämpft und ihn sogar getötet. Was musste es für ein Schock gewesen sein, als er plötzlich vor ihm stand? Hermine hatte es ja selbst kaum begreifen können, dass die reglose Person am Boden tatsächlich Lucius Malfoy war.
Sie hatte die Schlagzeile damals im Tagespropheten gelesen. Wie, bei Merlins Bart, hatte er die Zauberwelt so überlisten können?
Fragte sich nur, was jetzt mit Draco passierte. Immerhin hatte er den Todesfluch – einen der drei unverzeihlichen Flüche – verwendet und das auch noch auf dem Schulgelände.
Das Ministerium strafte ein solches Verbrechen mit lebenslanger Haft in Askaban.
Hermine schauderte.
Sie blickte in die geschockten Augen von Professor McGonagall und wollte sich gar nicht ausmalen, was diese gerade dachte.
Er hatte sich doch nur verteidigen wollen. Das konnten sie Draco doch wohl nicht antun?

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Oh oh, was jetzt wohl passiert? :o

I'll be good [Dramione]Kde žijí příběhy. Začni objevovat