24. Diener des Volkes - Teil 2

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Tar beobachtete wie Naja sich interessiert auf dem Hof der Kaserne umblickte. Es war alles andere als ein gewöhnlicher Exerzierplatz und für junge, neugierige Augen gab es einiges zu sehen.
Ihr Eintreten war natürlich nicht unbemerkt geblieben. Der Wachposten der ihnen geöffnet hatte, war sofort davon geeilt um, auf Tars Bitte hin, um dem Elf Bloedgram Bescheid zu sagen. Der ehemalige Anführer von Eragons persönlicher Garde war nun der Hauptmann der Fyrnae Du Skulblaka. Tar war das Mitglied des Ältestenrats der Reiter, welches als Ansprechpartner für die Krieger diente und zwischen dem Urgal und dem Wolfkatzenelf hatte sich eine gute Freundschaft entwickelt. Zwar teilte Bloedgram die allgemeine Liebe seines Volkes zum Leben und zur Natur aber da er seinen Körper auf raubtierhafte Weise verändert hatte verstand sich der Elf auf die Jagd und die Leidenschaft die sie mit sich brachte. Auch teilten die beiden ähnliche Ansichten was die Einsatzbereitschaft und Ausrüstung der Krieger der Drachen betraf.
Tar erinnerte sich, wie Meister Feuerschwert ihn hatte zu sich rufen lassen und ihm seine Pläne für die Gründung dieser Schutztruppe dargelegt hatte.
Tar begrüßte diese Pläne ausdrücklich. Schließlich wurden auch in seinem Volk die mächtigen Rammböcke, die Kull von den normalen Kriegern der Urgalgra unterstützt. Gerade bei der zurückliegenden Flutkatastrophe hätten die Drachenreiter gut die Unterstützung solch speziell geschulte Soldaten gebrauchen können. Katastrophen brachten nicht immer das Beste in den Wesen zum Vorschein. Ein Reiter und sein Drache die ein Vorratslager mit Hilfsgütern überwachen mussten statt Verletzte zu heilen oder Schäden an Gebäuden zu beseitigen? Zweifellos eine Verschwendung von Talent.
Eragon hatte den Reiter der Urgals damals damit betraut eine Reise durch Alagaesia zu unternehmen und mögliche Rekruten anzuwerben.
Die geschickte Gattin des Gelehrten Jeod überwachte bereits seit einiger Zeit die Handelsbeziehungen der Reiter und die Kassen des Ordens waren gut gefüllt. Eragon hatte für Rekruten der späteren Krieger der Drachen einen angemessenen Sold festgesetzt. Er war nicht zu großzügig, denn der Anführer der Reiter wollte vermeiden, dass sich Leute nur wegen des Geldes anwerben ließen.
"Wir brauchen kein Heer von Söldnern Tar." hatte Feuerschwert damals gesagt. "Wir brauchen Leute die den Wunsch haben zu dienen und zu helfen. Natürlich sollen sie angemessen dafür entlohnt werden. Ideale allein füllen nicht den Bauch. Der Erwerb von Reichtum darf aber nicht die treibende Kraft sein."
Ein durchaus nachvollziehbarer Wunsch wie der junge Gehörnte fand. Was das Regelwerk betraf orientierte sich die Truppe schließlich an den Nachtfalken der Nachtjägerin Nasuada. Die Königin der Menschen hielt absolut nichts davon Soldaten das plündern einer gefallenen Stadt zu erlauben. Unter den alten Königen war es durchaus Brauch gewesen, dass nachdem eine befestigte Siedlung gefallen war die Soldaten drei Tage lang das Recht hatten sich in der Stadt alles zu nehmen was sie wollten.
Das beinhaltete Geld, Wertgegenstände, Männer als Sklaven oder Frauen für das Nachtlager. Königin Nasuada hatte ein solches Verhalten schon zu ihrer Zeit bei den Varden versucht zu unterbinden es aber bis zu einem gewissen Grad tolerieren müssen, da sie ihre Truppenstärke halten musste. Glücklicherweise hatte sich die Praxis des Plünderns bei den Rebellen sowieso stets in Grenzen gehalten. Viele waren schließlich deshalb zu den Varden geflüchtet weil sie am eigenen Leib die Grausamkeit der Truppen des dunklen Königs gespürt hatten. Ein guter Teil der Soldaten bestand auch aus ehemaligen Sklaven. Daher hatten die Männer ohne Widerspruch akzeptiert, dass weder Mann noch Weib bei der Eroberung einer Stadt geschädigt werden durfte. Das aneignen von Geld oder privaten Besitztümern hatte die Nachtjägerin aber gestatten müssen.
Als man sie zur Königin gekrönt hatte wurden jedoch neue Gesetze erlassen die jede Form von Plünderung zu Kriegsverbrechen machten.
Folglich war es also wenig sinnvoll Krieger anzuheuern deren Augenmerk lediglich dem Profit galt.
Es war Eragons Wunsch gewesen, dass sich die neu gegründeten Fyrnae Du Skulblaka aus allen Völkern Alagaesias zusammensetzten. Wie auch der Orden sollten sich alle Rassen durch diese Truppe vertreten fühlen.
Bereits damals war Bloedgram Tar von Meister Feuerschwert zugeteilt worden. Der Großmeister des Ordens vertraute dem Wolfkatzenelf und hatte ihn von Anfang an als Hauptmann ins Auge gefasst. Das Verhältnis der ungleichen Reisegefährten war zunächst noch von höflicher Distanz geprägt gewesen aber das hatte sich in den Monaten in denen sie Alagaesia bereisten schnell gegeben.
Zunächst hatten sie König Maranus aufgesucht und die volle Unterstützung des Elfenvolkes erhalten. Hier hatte Tar Bloedgram das Ruder überlassen. Wer konnte besser geeignete Kandidaten unter den Elfen auswählen als einer der ihren?
Den nächsten Stopp hatten sie in der ehemaligen Heimat von Meister Feuerschwert eingelegt. Sie waren für einige Tage ganz bei seinem Cousin Hammerfaus verbracht. Sie hatten auf einen Boten von Königin Nasuada gewartet. Diese hatte sich zu jener Zeit zur Erholung auf ihrem Landsitz in den Norden zurückgezogen und von dort einen Boten entsandt der ein Schriftstück übergeben sollte, in dem die Großkönigin ihre volle Unterstützung beim Aufbau der Fyrnae Du Skulblaka zusicherte und den Rekrutierungsbemühungen ihren Segen erteilte. Zu Tars Überraschung hatte es sich bei dem Boten um niemand anderem als den Grenzgängern Murtagh gehandelt. Auf Nachfrage hin hatte der Bruder von Feuerschwert geantwortet, dass er sich zufällig auch gerade im Norden aufgehalten hätte. Angeblich interessierte sich der Reiter des roten Drachen für eine genaue kartographische Erfassung der Gebirgsformationen in dieser Gegend. Der mächtige Dorn hatte auf diese Äußerung seines Reiters mit einem überdurchschnittlichen Maß an Belustigung reagiert und bis zum heutigen Tag war Tar sich sicher, dass ihm in dieser Situation irgend etwas entgangen war.
Letztlich war jedoch nur wichtig, dass das Schriftstück übergeben wurde und die weiteren Rekrutierungsbemühungen beim Volk der Menschen ohne Probleme verliefen.
An den Lagerfeuern seines Volkes wurde die Nachricht, dass Gehörnte für eine Streitmacht der Drachenreiter in Betracht gezogen wurden geradezu begeistert aufgenommen. Es stärkte die Akzeptanz der Urgals unter den anderen Völkern und bei den Kriegern war es von jenem Tag an eine Möglichkeit Ehre zu erwerben wenn man für die Krieger der Drachen ausgewählt wurde.
Das Angebot an geeigneten Kriegern der Gehörnten hatte bei weitem die Nachfrage überstiegen. Schließlich hatte sich Tar mit den Nars geeinigt, dass ein Wettstreit darüber entscheiden sollte wer in den Osten reisen durfte. Um die Moral der Krieger war der Reiter der Urgals nicht besorgt gewesen. Reichtümer bedeuteten den Urgals nicht viel. Wenn sie sich aus eroberten Gebieten etwas aneigneten, dann etwas das praktische Nutzen hatte. Vorräte, Rohstoffe oder Ähnliches. Hauptsächlich kämpfte man natürlich um Ehre zu erlangen und die konnte man nur gewinnen wenn man die Regeln befolgte die für den Feldzug gesetzt waren. Tar hatte die Regeln denen die Fyrnae Du Skulblaka unterworfen sein würden offen bekannt gegeben und jeder der zum Wettstreit antrat wusste also worauf er sich einließ. Trotzdem gegen die gesetzte Regeln zu verstoßen hätte den Krieger der Ehre beraubt.
Am schwierigsten gestaltete sich das rekrutieren unter den Zwergen. Das kleinwüchsige Volk der Berge verließen so ungern seine angestammten Hallen. Als jedoch bekannt wurde, dass alle Völker Krieger senden würden um diese Truppe aufzubauen ließen sich auch die Knurlan überzeugen. Schließlich wollten sie nicht die einzigen sein, die nicht in dieser Truppe vertreten waren.
Plötzlich stieß etwas gegen Tars Beine. Erst jetzt erkannte der junge Urgal wie tief er in seinen Erinnerungen versunken war. Er blickte an sich hinunter und erkannte, das Naja nun nicht mehr neugierig wirkte sondern eher verängsdtigt. Sie war immer weiter zurückgewichen bis sie jetzt schließlich mit dem Rücken an seinen Beinen lehnte und mit großen Augen zu dem merkwürdigen Wesen aufsah, dass sich ihr da näherte.
"Ganz ruhig kleine Naja." schmunzelte der Reiter." Das ist ein Freund von mir. Er will dir nichts tun sondern uns nur begrüßen. Er ist schließlich der Hauptmann dieser Truppe."
Tar erkannte, dass er das eigentlich hätte vorhersehen müssen. Er hatte Naja von Ilirea direkt zu Ostmark gebracht und das Kind hatte vermutlich in seinem Leben noch nie ein Mitglied des schönen Volkes gesehen. Zweifellos war sie auf ihren morgendlichen Gängen zur Bibliothek dem einen oder anderen Elfen begegnet aber wenn man von spitzen Ohren und besonders markant geschnittenen Gesichtszüge absah unterschieden sich Elfen nicht so sehr von Menschen. Das lag auch daran, das die Bewohner der Reiterstadt einen sehr hohen Lebensstandard genossen. Ohne ein Leben voller Entbehrungen wirkten auch die menschlichen Bewohner weit weniger ärmlich. Bloedgram jedoch stach selbst unter seinem Volk hervor wie ein ausgewachsener Drache und armlangen Wüsteneidechsen.
"Tar!" grüßte der Wolfkatzenelf freundlich." Was für dich zu uns?"
"Ich möchte die die neuste Novizin des Ordens vorstellen mein Freund. Meine Schülerin Naja"
Mit diesen Worten schob der junge Reiter seinen Schützling ein Stück dem fremdartigen Elfen entgegen. Noch immer starrte das Mädchen den Elfen mit großen Augen an.
"Oh! So hohen Besuch hätte ich gar nicht erwartet. Ich grüße euch junge Reiterin."
"Ihr habt so viele Haare!" flüsterte Naja immer noch völlig überwältigt. Tar und Bloedgram konnten nicht anders. Sie mussten lachen.

Eragon FF - Band 7- Ende, Epilog Band 7 und doe OS- Sammlung von TraeumerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt